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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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aussehen? Was für eine Leichtigkeit die beiden hatten. Als seien sie aus einem Guss. Und plötzlich durchzuckte Georg der unangenehme Gedanke, dass Karoline neben ihm deutlich weniger edel aussehen könnte als neben dem hochgewachsenen, blonden, fast aristokratischen Tom. Er hatte immer gedacht, er sei ihr Aufstieg. Doch optisch war er wohl eher ein Abstieg.
    Weil Georg so perplex war, verlor sich der Gleichschritt, auch Toni kam ins Trudeln, doch noch lag das Ei auf dem Löffel. Da stellte sich ihnen ein Hase unerwartet in den Weg, woher war der nur so schnell gekommen? Toni und Georg verloren endgültig das Gleichgewicht, das Ei fiel, und die beiden lagen kurz danach im Gras. Es blieb keine Zeit, sich zu wundern. Schnell rafften sie Löffel und Ei zusammen, halfen sich gegenseitig hoch und umrundeten den Hasen. Sie lagen jetzt ganz hinten, nur der Pförtner und seine Frau waren langsamer. Eigentlich hatten sie keine Chance mehr. Der zukünftige Vorstandsvorsitzende traf als Vorletzter ein. Erbärmlich.
    Was für ein Fehlstart, dachte nun Toni. Ihr war klar, so würde sie nie an ihr Geld kommen. Nicht, wenn sie so ein klägliches Bild abgaben. Wie sollten sie so irgendjemanden überzeugen, dass sie ein glückliches Ehepaar waren? Das hier war schließlich so etwas wie ein Paar-Harmonie-Test - ähnlich wie das Zersägen eines Baumstamms unmittelbar nach der Hochzeit. Würde Georg heute eine Säge in die Hand kriegen, Toni müsste um ihr Leben fürchten, das war ihr sonnenklar. Sie schafften es ja noch nicht mal an die Startlinie, ohne sich gegenseitig zu verletzen und zu beleidigen.
    »Ich will diese 500 000 Euro!«, zischte Toni. »Und für dieses Geld werde ich die perfekte Frau an deiner Seite spielen.« Inzwischen waren sogar der Pförtner und seine Frau kurz davor, sie
zu überholen. Karoline und Tom waren um Längen voraus, und dieser Anblick gab Toni einen unglaublichen Adrenalinschub. Karoline hatte schon viel zu viel gewonnen. Jetzt war sie dran.
    »Reiß dich zusammen und zähle. Auf eins«, befahl sie Georg. Der verstand sofort, schließlich war er mal kurz beim Bund gewesen, bis er einen Weg aus der Kaserne und der Wehrpflicht gefunden hatte.
    Georg gab also die Schrittfolge vor, Toni konzentrierte sich ganz auf das Ei. Die Rollen waren klar verteilt. »Und eins, und eins, und eins«, zählte Georg neben ihr, präzise wie eine Stechuhr. Sie machten Boden gut, weil sie plötzlich so harmonisch liefen. Schon hatten sie drei strauchelnde Paare hinter sich gelassen, ihr Tempo blieb hoch, sie bremsten nicht ab, sie kamen nicht aus dem Takt. »Und eins, und eins, und eins.«
    Sie zog mit. Georg schaute argwöhnisch zu Toni rüber. Zum ersten Mal seit Tagen war Tonis Nähe nicht ausschließlich bedrohlich. War es tatsächlich möglich, einen verlässlichen Pakt mit ihr abzuschließen? So wie mit einem ungeliebten Geschäftspartner? Man mochte sich nicht, man traute sich kaum über den Weg, aber man hielt sich an die Vereinbarungen. Heute Morgen beim Notar hatte er noch gewütet über Tonis Geldgier. 500 000 Euro, keinen Cent weniger. Für was? Ein bisschen schauspielern. Aber weder Toni noch Ellen hatten beim Preis mit sich reden lassen. In seinem Zorn hatte Georg seiner Frau eine Verpflichtung nach der anderen zusätzlich aufgebürdet: Toni musste bis zur Wahl regelmäßig am Ladys’ Lunch der Vorstandsfrauen teilnehmen (obwohl er wusste, wie sehr sie diese Treffen verabscheute), ihre Zeitplanung richtete sie ausschließlich nach ihm aus (sie hatte ja im Moment eh nichts zu tun), sie musste immer zur Verfügung stehen, wenn er zu offiziellen Terminen die Ehefrau an seiner Seite brauchte. Und dann war da noch die Sache mit dem Ehrenamt. Jede Frau eines Vorstandsvorsitzenden
hatte ein Ehrenamt, und noch besser war es, die Damen engagierten sich schon vorher. Georg hatte Toni den DHB als Ehrenamt aufgedrückt, mit dem der Konzern in Zukunft enger zusammenarbeiten wollten. Weder Toni noch die angeblich so schlaue Ellen hatten nachgefragt, wofür DHB stand. Die würden sich noch wundern.
    Nein, diese 500 000 Euro würde sie sich hart verdienen müssen. Aber, Georg musste zugeben, sie schien sich für das Geld tatsächlich ins Zeug legen zu wollen. Jetzt waren sie an Karoline und Tom schon ziemlich dicht herangekommen. Die wurden gerade aufgehalten, weil einer dieser unberechenbaren Hasen sich ihnen in den Weg stellte und sie zwang, eine Extrarunde zu drehen. »Und eins, und eins.« Meter um Meter holten sie

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