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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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konnte doch nicht am Spielfeldrand stehen und zusehen, wie die anderen eine gute Figur machten. Also knurrte Georg »weiter«, und ohne weitere Schienbeintritte oder Verletzungen von Tonis empfindlichen Zehen erreichten sie endlich die Startlinie. Nun wurden die Löffel und die Eier ausgeteilt - hart gekochte Eier, jedes Paar kriegte eine andere Farbe: Blau, Gelb, Grün, Rot, Rosa, Lila und Kaffeebraun. Karoline und Tom entschieden sich für Rosa, Toni und Georg für Gelb. Der Pförtner nahm Grün, das Kantinenpaar Rot, die Sekretärin und ihr Freund Blau und die Rosenstätters Braun. Toni hielt den Löffel, Georg legte das Ei drauf. Dann schauten sie konzentriert nach vorn und warteten auf das Startzeichen. Vom Spielfeld aus starrten diverse Osterhasen zurück.

    Diese Statisten in Plüschhasenfell waren der besondere Clou des Parcours. Ab und zu hüpfte einem einer dieser Hasen in den Weg, dann musste ihn das Paar samt Löffel und Ei einmal umkreisen, um danach weiter Strecke zu machen. Ganz nach US-Vorbild. Schon jetzt war die Stimmung bei den Zuschauern grandios, man klatschte sich rhythmisch warm. »Auf die Plätze, fertig«, rief Randow ins Mikrofon, um dann statt »los« zu brüllen in eine Trillerpfeife zu pusten. Warum? Weil der amerikanische Präsident das genauso tat.
    Die ersten Meter waren erstaunlicherweise kein Problem. Vielleicht hatte sie der sportliche Ehrgeiz gepackt. Klar, Georg wollte sowieso als Erster oder zumindest unter den ersten dreien am Ziel ankommen. Der jüngste Vorstandsvorsitzende Deutschlands würde ja wohl locker den Rest des Feldes abkochen, das gehörte sich so. Aber auch Toni zog mit, sie hatte Eierlaufen immer ganz lustig gefunden. Den Mitarbeitern machte es Spaß, ihre Chefs einmal im Jahr als Witzfigur zu sehen. Man durfte über sie lachen, durfte ihnen zujubeln, durfte ihren Namen johlen. Einigermaßen synchron setzten Toni und Georg also die Beine auf, das Ei blieb oben auf dem Löffel, während drei Bahnen weiter der Chefpförtner und seine Frau verzweifelt ihr grünes Ei im Gras suchten, das gleich nach dem Start heruntergefallenc war. Links von Georg und Toni haderte das Küchenpaar miteinander, noch fehlte der Rhythmus, doch erstaunlicherweise zogen rechts neben ihnen sehr souverän Tom und Karoline vorbei. Karolines Gazellenbeine hielten mit Toms langen Geldadelbeinen mit, die beiden sahen viel zu schön und edel aus für einen Eierlauf, dagegen mussten Georg und Toni richtig ackern. Ihnen fiel nichts einfach in den Schoß. Alles war Arbeit. Alles war Auseinandersetzung - die Ehe, die Fortpflanzung, sogar die Scheidung. Und wieder fiel ihm die Szene beim Notar am heutigen Morgen ein.

    »Vortäuschung einer Schwangerschaft, Beschimpfung meines Mandanten als ›Schlappschwanz‹, Platzhirsch im Büro, extreme Belastung seiner Kreditkarte«, hatte Dr. Bartsch in seinem Büro im sachlichen Ton die Verhandlung eröffnet. Der Notar war ein Mittvierziger mit schütterem Haar, seit vielen Jahren verheiratet mit seiner Frau Sabine, mit der er inzwischen vier Kinder hatte. Ein absolut trockener, farbloser Typ - da half auch kein teurer Anzug -, aber ein leidenschaftlicher Jurist.
    »Sexuelle Demütigung meiner Mandantin auf einem Autobahnparkplatz, Ehebruch, Kontosperrung, Versuch, sich besonders billig aus der Affäre zu ziehen«, fiel daraufhin Ellen dem Notar ins Wort. Dr. Bartsch sah sie scharf an und lenkte dann ein.
    »Gut, ich denke, wir stimmen darin überein, dass man sich gegenseitig einiges vorzuwerfen hat. Aber es ist ja wohl klar, dass Frau Antonia Jungbluth in den letzten Tagen etwas überzogen reagiert hat, oder?«, versuchte es Dr. Bartsch nun im milderen Ton.
    »Überzogen reagiert?«, rief Georg aufgebracht. »Die Frau ist Amok gelaufen!«
    »Die Frau?!«, empörte sich daraufhin Toni. »So heiße ich inzwischen: ›die Frau‹. Ich bin deine Frau!«
    »Nicht mehr lange«, zischte Georg.
    »Ruhig, ganz ruhig. Alle beide«, mahnte nun Ellen. Um dann kühl zu sagen: »Wenn Sie meiner Mandantin 500 000 Euro garantieren, unabhängig von dem, was ihr noch nach der Scheidung zusteht, wird sie sich ab sofort im Griff haben. Keine weiteren Amokläufe.«
    Das war das erste Mal, dass die Summe gefallen war. 500 000 Euro. Toni hatte sich um keinen einzigen Euro herunterhandeln lassen.
    Wie wäre es, wenn ich jetzt mit Karoline laufen würde?, dachte
Georg, der seinen Blick nicht von Tom und seiner Verlobten lassen konnte. Würden wir genauso schön, genauso harmonisch

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