Der Liebespakt
Sie verwandelte den altbackenen Haushaltsführerschein in ein stylishes Event.
Er sollte die Sache einfach positiv sehen. So wie er es immer mit seinen Wirtschaftscoaches trainierte. Toni zog mit. Sie schien plötzlich bereit, alles dafür zu tun, dass er wirklich zum Vorsitzenden gewählt wurde. Das war doch eine wunderbare Nachricht. Noch vor einer Woche hatte sie ihm das Leben zur Hölle gemacht. Georg grinste triumphierend. Dann wandte er sich wieder seinen Akten zu.
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Es war, verdammt noch mal, seine Geschichte! Es war sein Paar! Er hatte die beiden erst bekannt gemacht! Und jetzt? Jetzt graste diese Fernsehkuh hier herum und machte sich wichtig, während er überflüssig in der Ecke herumstand und sich von ungehobelten Kabelträgern anpöbeln lassen musste, weil er auf der Verlängerungsschnur stand. Sebastian Koch, der Jungredakteur, ärgerte sich maßlos, dass er dem Fernsehteam als Türöffner gedient hatte. Aber was hätte er tun sollen, er hatte keine andere Wahl gehabt. Freiwillig hätte er die Fernsehtussi niemals hierher mitgenommen. Ein Privattermin bei den Jungbluths, eine Homestory, exklusiv auf zwei Seiten für die Sonntagsausgabe seiner Boulevardzeitung - so war der Plan gewesen. Alles war schon eingetütet. Und dann war sein Chefredakteur vor seinem Schreibtisch aufgetaucht, ein sehr kleiner Mann, der immer wie ein Pilz urplötzlich aus dem Boden schoss, und hatte ihn angebellt: »Koch, Sie gehen doch morgen zu den Jungbluths. Ein Fernsehteam wird Sie begleiten. Sparen Sie sich Ihren Protest.« Dann hatte der Chefredakteur den Namen der Moderatorin genannt, Lilian Irgendwas, die eine dieser überflüssigen Boulevardsendungen im Fernsehen moderierte - Promi! oder Piff! oder Paff! oder wie immer die hießen. Danach war sein Chef ohne ein weiteres Wort verschwunden. Kein Dank für Sebastians gute Arbeit der letzten Wochen, kein Lob, weil er mit der Jungbluth-Geschichte für so viele Schlagzeilen gesorgt hatte.
Alle anderen Medien hatten nachgezogen. Sogar in Amerika waren die Bilder des panisch springenden deutschen Managers Georg Jungbluth zu sehen gewesen.
Er hasste dieses Fernsehgesocks. Sebastian Koch betrachtete mit dem verachtungsvollsten Blick, den er auf Lager hatte, das Treiben der Fernsehmoderatorin, des Kameramannes, des Tonmannes und der beiden Kabelträger. Doch niemand nahm Notiz davon. Natürlich nicht, dachte Sebastian Koch. Die nehmen sich ja viel zu wichtig, als dass sie ein Auge für einen schreibenden Kollegen haben könnten. Und das, obwohl sie ihm doch alles verdankten, was sie die Ehre hatten, hier tun zu dürfen. Ohne ihn, Sebastian Koch, gäbe es die ganze Jungbluth-Story doch überhaupt nicht.
Fernsehleute waren Parasiten. Die nahmen morgens die frisch gedruckte Zeitung zur Hand und scannten sie auf interessante Geschichten. Ah, der hat seine Frau verlassen. Und die hat sich daraufhin ihre Lippen aufspritzen lassen. Dann holten sie aus dem Archiv ein, zwei alte Filmchen über die betreffenden Promis, schnitten alles neu zusammen und unterlegten die Bilder mit einem ironisch angehauchten Text, gesprochen von den immer gleichen Sprechern. Tenor: »Ach, diese Promis. Was sie diese Woche wieder alles angestellt haben.« Das war alles, fertig war der Bericht. Keine Recherche. Kein eigenständiges Erkennen von Skandalen. Diese Fernsehparasiten saugten sich an hart arbeitenden Boulevardjournalisten fest und zapften ihnen alle Informationen ab. Ihre wahren Opfer waren nicht die Promis, sondern all die Handycam-Online-Journalisten, die Paparazzi, die stundenlang vor den Villen und Restaurants der Stars lungerten, immer in der Hoffnung, irgendein interessantes Bild, eine interessante Szene einfangen zu können. Liliane Botoxschönheit hatte nie im Freien gefroren. Sie stand im Studio vor der Kamera und verkaufte all diese wertvollen Klatschinformationen
so, als habe sie persönlich das Auto von Britney Spears durch Los Angeles verfolgt oder vor der Gartenpforte von Dieter Bohlen in Tötensen gelauert. Parasitenpack!
Und jetzt diese TV-Homestory. Eine ganz seichte Sache, reine PR für die Promis. Diese Antonia Jungbluth war im Netz inzwischen eine richtige Celebrity. Der Auftritt mit dem Deutschen Hausfrauenbund war ja auch zu absurd, kein Wunder, dass die Kids darauf abfuhren. Ein unglaublicher Clip. Diese Frau war Dynamit - und am Ende drehte sich beim Boulevard doch alles nur um die Frauen. Sie prägten den Stil, sie waren der interessante Teil einer Partnerschaft, der
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