Der Liebesschwur
kam durch das Zimmer und ließ aus seiner großen Hand einen kleinen Gegenstand auf Minnies Schoß rollen.
»Gütiger Himmel!« Minnie hob den Gegenstand auf und hielt ihn ins Licht. »Agathas Ohrring.« Sie sah den General an. »Der noch immer vermisst wurde?«
»Er muss es sein«, mischte sich jetzt auch Edgar ein. Er warf Vane einen schnellen Blick zu. »Wir haben ihn in dem Elefanten gefunden, der unten in der Eingangshalle steht.«
»In dem Elefanten?« Vane sah von Edgar zum General.
»Ein indisches Stück. Habe es sofort erkannt. Ich habe so einen ähnlichen in Indien gesehen, müsst ihr wissen.« Der General nickte. »Ich konnte dem Wunsch nicht widerstehen, ihn zu öffnen. In einem der Stoßzähne liegt das Geheimnis. Wenn man ihn dreht, dann öffnet sich der Rücken des Tiers. Die indischen Burschen haben diese Figuren benutzt, um ihre Schätze zu verstauen.«
»Er ist voller Sand«, erklärte Edgar. »Feiner weißer Sand.«
»Den benutzt man als Gewicht«, erklärte der General. »Der Sand macht das Tier standfest, und dann versteckt man die Schätze in dem Sand. Ich habe eine Hand voll von dem Sand herausgeholt, um ihn Edgar zu zeigen. Er hat scharfe Augen und hat sofort das Schmuckstück darin entdeckt.«
»Ich fürchte, wir haben ziemlich viel Dreck gemacht.« Edgar blickte auf den Ohrring in Minnies Hand. »Aber er gehört Agatha, nicht wahr?«
Sie blickten alle auf. Mrs. Chadwick, gefolgt von Angela, betrat das Zimmer, Edith Swithins folgte den beiden. Agatha Chadwick lächelte Minnie entschuldigend an. »Wir haben den Lärm gehört …«
»Gut so.« Minnie hielt den Ohrring hoch. »Der gehört dir, glaube ich.«
Agatha nahm ihn ihr aus der Hand. Das Lächeln, das ihr Gesicht überzog, war Antwort genug. »Wo habt ihr ihn denn gefunden?« Sie sah Minnie an – die wiederum zu Vane sah.
Und der schüttelte erstaunt den Kopf. »In Alice Colbys Zimmer, in dem Elefanten, der immer neben dem Kamin stand.« Er sah zu Patience …
»Die ganze Eingangshalle ist voller Sand!« Mrs. Henderson kam in das Zimmer. Henry, der von Edmond und Masters gestützt wurde, folgte ihr. Mrs. Henderson deutete auf ihn. »Mister Chadwick ist ausgerutscht und hat sich beinahe den Hals gebrochen.« Sie sah Vane an. »Er kommt aus dem Inneren dieses schlimmen Elefanten!«
»Wirklich.« Edmond hatte den Ohrring entdeckt, den Agatha Chadwick in der Hand hielt. »Was ist hier eigentlich los?«
Auf diese Frage gab es eine ganze Anzahl Antworten, und alle redeten durcheinander. Vane nahm diese Gelegenheit zum Anlass, zur Tür zu gehen.
»Bleibe sofort stehen!« Minnies Befehl ließ alle plötzlich verstummen. Sie deutete mit ihrem Stock auf Vane. »Wage es nicht, uns zurückzulassen.«
Patience wandte sich um und sah Vane wütend an.
»Was ist denn eigentlich los?«, wollte Edmond wissen.
Minnie verschränkte die Arme vor der Brust und bedachte Vane mit einem zornigen Blick. Alle wandten sich um und sahen Vane an.
Er seufzte. Bei seiner Erklärung – dass derjenige sehr wahrscheinlich das Gespenst sein musste, der versuchte, ohne die anderen nach Bellamy Hall zurückzukehren, und dass dieses Gespenst wahrscheinlich auch der Bösewicht war, der Gerrard in den Ruinen niedergeschlagen hatte – sträubten sich allen die Haare.
»Colby! Also wirklich!« Henry richtete sich auf und belastete seinen verletzten Fußknöchel. »Zuerst schlägt er Gerrard zusammen, dann behauptet er, dass Gerrard der Dieb sei, und dann tut er so … so … überheblich.« Er rückte seine Jacke zurecht. »Auf mich könnt ihr auf alle Fälle zählen – ich will sehen, dass Whitticombe das bekommt, was er verdient hat.«
»Ein wundervoller Gedanke!« Edmond grinste. »Ich komme auch mit.«
»Und ich.« Der General machte ein finsteres Gesicht. »Colby muss gewusst haben, dass seine Schwester der Dieb ist – oder vielleicht war er es ja auch selbst, und er hat das Zimmer seiner Schwester dazu benutzt, die Dinge zu verstecken. Wie auch immer, der Kerl hat mich dazu überredet, die Beamten zu rufen – ich hätte niemals daran gedacht, wenn er nicht gewesen wäre. Er sollte aufgehängt werden!«
Vane holte tief Luft. »Es ist wirklich nicht nötig …«
»Ich komme auch mit.« Agatha Chadwick hob den Kopf. »Wer auch immer der Dieb war, wer auch immer Gerrard ein so schlimmes Unrecht angetan hat, ich möchte sehen, dass die Gerechtigkeit siegt!«
»In der Tat.« Edith Swithins nickte entschlossen. »Ich habe sogar meinen
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