Der Liebesschwur
falsche Fährte lockt.«
Er blieb vor einer der Türen stehen. Patience runzelte abwesend die Stirn und beugte sich dann vor, um die Tür zu öffnen. Vane schob sie mit der Schulter weit auf und trug Patience in das Zimmer.
Wie er gesagt hatte, war es ein Wohnzimmer, doch eines, das normalerweise nicht benutzt wurde. Es lag am Ende des Flügels, in dem sich auch Patience' Schlafzimmer befand, nur eine Etage tiefer. Die Fenster waren groß und reichten bis auf den Boden. Offensichtlich waren die Dienstboten hier gewesen, hatten die Staubbezüge weggenommen, alles abgestaubt und die riesige Empire-Liege frisch bezogen, die vor den großen Fenstern stand. Die Gardinen waren zurückgezogen, und von den Fenstern aus hatte man einen Blick über die Büsche und einen Teil der Wildnis – der größte Teil der Gärten des Hauses war Wildnis – bis hin zu den goldbraunen Bäumen des Waldes dahinter. Es war eine hübsche Aussicht für diese Jahreszeit. Weiter rechts lagen die Ruinen, in einiger Entfernung wand sich das graue Band der Nene durch die üppigen Wiesen. Patience konnte sich auf der Liege ausstrecken und die Landschaft betrachten. Da das Zimmer in der ersten Etage lag, war es auch sicher, dass sie ihre Ruhe hatte.
Vane trug sie zu der Liege und setzte sie vorsichtig darauf. Er schüttelte die Kissen auf und klopfte sie ihr zurecht.
Patience lehnte sich zurück und sah ihm zu, als er ihr ein dickes Kissen unter ihren verletzten Knöchel schob. »Was denken Sie denn von dem Gespenst?«
Vanes Blick traf sich mit ihrem, er zog eine Augenbraue hoch, ging dann zurück zur Tür – und drehte den Schlüssel im Schloss. Mit den gleichen, lässigen Bewegungen kam er zu ihr zurück, setzte sich neben sie auf die Liege und stützte sich mit einer Hand gegen das Kopfteil aus Schmiedeeisen. »Das Gespenst weiß jetzt, dass wir ihm gestern Abend gefolgt sind – und wenn nicht zur unpassendsten Zeit Ihr Unfall passiert wäre, wäre er sehr wahrscheinlich auch erwischt worden.«
Patience besaß genügend Verstand zu erröten.
»Der ganze Haushalt«, fuhr Vane fort und ließ sie dabei nicht aus den Augen, »einschließlich des Gespenstes, begreift langsam, dass ich die Gegend hier und auch das Haus sehr gut kenne, wahrscheinlich besser als alle anderen. Für das Gespenst bedeute ich eine wirkliche Bedrohung – ich denke, es wird sich zurückhalten und warten, bis ich abgereist bin, ehe es wieder erscheint.«
Patience bemühte sich, geduldig zu sein. Sie presste die Lippen zusammen.
Vane lächelte verständnisvoll. »Daraus folgt, wenn wir das Gespenst dazu bringen wollen, dass es sich selbst verrät, nehme ich an, dass es klug wäre, wenn ich bereit bin zu glauben, dass Gerrard – der offensichtlich Schuldige – dafür verantwortlich ist.«
Patience runzelte die Stirn. Sie sah in seine kühlen grauen Augen, dann öffnete sie den Mund.
»Ich würde vorschlagen«, sprach Vane bereits weiter, noch ehe sie etwas sagen konnte, »dass es Gerrard nicht schadet, wenn er alle Mitglieder des Haushaltes das glauben lässt, was sie glauben wollen, wenigstens für eine Weile.«
Patience runzelte die Stirn noch mehr. »Sie haben nicht gehört, was sie alle gesagt haben.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Der General hat ihn einen Schuljungen genannt.«
Vane zog die Augenbrauen hoch. »Höchst gefühllos, da stimme ich Ihnen zu – aber ich glaube, Sie unterschätzen Gerrard. Wenn er erst einmal weiß, dass alle Menschen, an denen ihm etwas liegt, wissen , dass er unschuldig ist, macht er sich keine Sorgen mehr über das, was die anderen denken. Ich nehme an, er wird es als aufregendes Spiel ansehen – eine Verschwörung, um das Gespenst zu fangen.«
Patience zog die Augenbrauen zusammen. »Sie meinen, so wollen Sie ihm das erklären?«
Vane grinste sie an. »Ich würde vorschlagen, dass er auf alle abfälligen Bemerkungen, die ihm gegenüber gemacht werden, mit verächtlichem Überdruss reagiert.« Er zog erneut die Augenbrauen hoch. »Vielleicht könnte er sich angewöhnen, höhnisch zu lächeln.«
Patience versuchte, ihm einen missbilligenden Blick zuzuwerfen. Sie war sicher, dass sie als Gerrards Vormund diese Pläne nicht gutheißen sollte. Dennoch tat sie es, denn sie begriff, dass Vanes Plan die beste Möglichkeit war, Gerrards Selbstvertrauen wieder aufzubauen, und das war vor allem ihr wichtigstes Anliegen. »Sie sind recht gut darin, nicht wahr?« Und damit meinte sie nicht, dass er Gerrard so gut
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