Der Liebesschwur
die Zügel los und ging zur Tür zurück. Als er sie schloss, krachte der erste Donner, und der Himmel öffnete sich, und der Regen rauschte auf die Erde. Vane stand schwer atmend da und blickte zum Dach. Patience folgte seinem Blick, sie saß noch immer auf ihrem Pferd. Das Donnern des Regens auf dem Dach war stetig und laut.
Vane schüttelte sich und sah sich um. »Es sieht so aus, als würde dieser Schuppen noch benutzt. Das Dach scheint in Ordnung zu sein.« Seine Augen gewöhnten sich an das schwache Licht, und er machte ein paar Schritte nach vorn. »An der Wand dort drüben sind Boxen.« Er hob Patience von ihrem Pferd. »Wir stellen die Pferde besser dort hinein.«
Mit weit aufgerissenen Augen nickte Patience. Sie führten die Pferde in die Boxen, und während Vane ihnen die Sättel abnahm, sah Patience sich um. Sie entdeckte eine Leiter, die nach oben führte. Vane war noch immer mit den Pferden beschäftigt, stellte sie fest, als sie ihm einen Blick zuwarf. Sie hob ihre Röcke und kletterte die Leiter hinauf, dabei tastete sie vorsichtig die einzelnen Sprossen ab. Aber die Leiter war stabil. Alles in allem war der Schuppen in einem guten Zustand.
Von der obersten Sprosse der Leiter aus sah sich Patience den Heuboden an. Er erstreckte sich über den größten Teil des Schuppens, und sie entdeckte eine Menge Heu, einiges lose, anderes zu Bündeln gebunden. Der Boden war aus festen Holzbrettern gebaut. Sie trat auf den Boden, strich sich die Röcke glatt und ging zu den Heutüren hinüber, die geschlossen waren.
Sie öffnete eine der Türen und blickte hinaus. Sie führte nach Süden, zu der dem Unwetter abgewandten Seite, und ließ ein sanftes graues Licht in den Heuboden fallen. Trotz des Regens, vielleicht auch wegen der schweren Wolken, war die Luft warm. Von hier aus konnte man den Fluss sehen, der vom Wind und dem Regen aufgepeitscht wurde, und die sanft abfallenden Wiesen, alles in einem grauen Licht.
Patience sah sich um. Ihre nächste Lektion von Vane war schon längst fällig, und auch wenn das Musikzimmer vorzuziehen gewesen wäre, so würde der Heuboden auch genügen. Mit dem vielen Heu hier oben gab es keinen Grund, warum sie es sich nicht auch hier gemütlich machen konnten.
In dem Schuppen unter ihnen kümmerte sich Vane um die Pferde, so lange es nur ging, doch der Regen machte keine Anstalten, schon bald aufzuhören. Das hatte er nicht erwartet, obwohl er die Wolken gesehen hatte und wusste, dass sie wahrscheinlich stundenlang hier gefangen sein würden. Als es für ihn wirklich nichts mehr zu tun gab, wischte er seine Hände an einem Büschel Stroh ab. Dann nahm er sich insgeheim vor, die Zügel in Händen zu behalten, und machte sich daran, hinter Patience hinauf auf den Heuboden zu steigen. Er hatte gesehen, wie sie dort oben verschwand. Er kletterte die Leiter hinauf, steckte den Kopf auf den Heuboden, sah sich um – und fluchte innerlich.
Er wusste, wann es Schwierigkeiten geben würde.
Sie wandte ihm den Kopf zu und lächelte, machte es ihm unmöglich, sich unbemerkt zurückzuziehen. Eingehüllt in das sanfte Licht, das durch die offene Heutür fiel, saß sie inmitten eines großen Haufens Heu. Ihr Lächeln war einladend, ihr Körper strahlte eine Sinnlichkeit aus, die zu verlockend auf ihn wirkte.
Vane holte tief Luft und kletterte auch noch die letzten Sprossen der Leiter hinauf, dann trat er auf den Heuboden. Mit offensichtlicher Zurückhaltung ging er auf Patience zu.
Sie zerstörte seine Zurückhaltung, indem sie ihn anlächelte und ihm die Hand entgegenstreckte. Instinktiv griff er nach ihrer Hand, seine Finger schlossen sich fest darum.
Mit ausdruckslosem Gesicht sah er auf sie hinunter, in ihre Augen, die golden, warm und verlockend waren, und er bemühte sich, die richtigen Worte zu finden, um ihr zu erklären, dass dies hier Wahnsinn war. Dass, nach allem, was zwischen ihnen geschehen war, hier zusammen im Heu zu sitzen und dem Regen zuzusehen, gefährlich war. Dass er nicht länger für sich selbst und sein Verhalten garantieren konnte, dass seine übliche Distanziertheit, seine bekannte Zurückhaltung ins Wanken gerieten. Doch ihm fehlten die Worte – er war nicht in der Lage, eine solche Schwäche zuzugeben, auch wenn es die Wahrheit war.
Patience ließ ihm gar nicht die Zeit, mit seinem Gewissen zu kämpfen – sie zog an seiner Hand. Vane stieß innerlich einen Seufzer aus, er hielt seine Dämonen mit äußerster Macht zurück – und sank in das Heu neben
Weitere Kostenlose Bücher