Der Liebestempel
spielte vorübergehend mit
dem Gedanken, ihm seine Zigarre geradewegs in den Schlund zu rammen und ihn
daran ersticken zu lassen. »Ich weiß, es klingt verrückt, aber es ist wahr.
Deshalb sind diese psychedelischen Diskotheken entstanden. Früher war eine
Diskothek ein Ort, wo die Leute zur Tonbandmusik tanzten, aber nun hat man dem
noch etwas weiteres hinzugefügt.« Dann schüttelte ich plötzlich den Kopf und
gab den Versuch auf. »Sie haben recht. Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, ich
bin gestern nacht über eine Blondine gestolpert und
habe mir den Kopf an der Wand angeschlagen.«
Lavers schob die vor ihm liegenden Papiere
ein paarmal hin und her und räusperte sich dann. »Reden wir mal von dem Mord.
Oder?«
»Warum nicht?« Ich zeigte ihm
meine sämtlichen Zähne. »Vermutlich ist es jetzt ohnehin zu spät, nach der
.Blonden zu suchen.«
»Doc Murphy hat vier Achtunddreißiger -Geschosse aus der Brust des Toten
herausgeholt, alle von derselben Waffe stammend. Er schätzt, daß der Tod
irgendwann zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens eingetreten ist. Viel mehr
ist bei der Autopsie nicht herausgekommen.«
»Haben die Jungens vom Labor
was gefunden?«
»Nichts.« Der Sheriff trommelte
mit stumpfen Fingern auf den Schreibtisch. » Magnuson hatte außer einem Taschentuch nichts bei sich. Derjenige, der ihn umgebracht
hat, hat ihm erst die Taschen geleert.«
»Hat Polnik von dem alten Burschen, der die Leiche aus dem Wasser gezogen hat, noch etwas
in Erfahrung bringen können?«
»Nein. Sie konzentrieren sich
wohl also besser auf die Witwe und ihren Freund Bryant. Warum lassen Sie den
mit Plüsch ausgeschlagenen Sarg und die wirbelnden Lichter nicht mal beiseite
und halten sich für eine Weile an die guten altmodischen Motive wie Eifersucht
und Habgier?«
Ich starrte ihn ein paar
Sekunden lang mit offenem Mund an und schüttelte dann bewundernd den Kopf.
»Donnerwetter, Sheriff! Ihr brillanter, rasiermesserscharfer Geist ist dem
meinen zeitweise so weit voraus, daß ich kaum Schritt halten kann.«
»Nun—«, er strahlte mich durch
einen Rauchschleier hindurch an, »warum versuchen Sie’s dann nicht mal, und
zwar gleich jetzt? Oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich den Fall der
Mordabteilung der Polizei von Los Angeles übergäbe?«
»Seltsam, daß Sie jetzt gerade daraufkommen «, sagte ich und stand eilig auf. »Ich wollte
eben gehen.«
Annabelle Jackson, die
Privatsekretärin des Sheriffs, die Honigblonde mit mehr Kurven, als die
Autoschnellstraße Nummer eins aufzuweisen hat, brütete über einer schweigenden
Schreibmaschine, als ich durchs Vorzimmer ging. Sie trug eine frische weiße
Bluse und einen lohfarbenen Rock, der wahrscheinlich
halb-mini war, wenn sie aufstand, aber entschieden mini-mini, wenn sie so wie
jetzt mit übereinandergeschlagenen Beinen dasaß.
»Fliegen die besten Jahre Ihres
Lebens vor Ihrem inneren Auge vorbei?« fragte ich mitfühlend. »Während Sie hier
sitzen und langweilige Mordberichte für den Countysheriff abtippen? Nehmen Sie’s nicht zu schwer, mein Honiglämmchen, vergessen Sie
nicht, daß es immer noch einen gutaussehenden ungebundenen Lieutenant in Ihrem
Leben gibt. Warum kehren Sie nicht nach Hippieland zurück und verabreden sich
mit mir für heute abend ?«
Sie hob ein wenig den Kopf, und
ihre täuschend babyblauen Augen musterten mich ein paar Sekunden lang von oben
bis unten. »Okay«, sagte sie, »holen Sie mich gegen acht ab.«
»Wie?« sagte ich schwach.
»Dann essen wir irgendwo in
einer billigen Kneipe zu Abend, gehen in Ihre Wohnung und hören HiFi -Musik, während Sie mich um Ihre monströse Couch
herumjagen.« Ihre Unterlippe verzog sich spöttisch. »Grandiose Aussichten!«
»Einen Augenblick lang habe ich
glatt gedacht, es sei Ihnen ernst«, sagte ich im Ton des Bedauerns.
»Und ich wette, das Herz ist
Ihnen in die Hose gefallen!« Sie grinste boshaft, und dann wurde ihr Gesicht
wieder ernst. »Und wenn ich mich wirklich heute abend mit Ihnen verabreden würde, Al Wheeler, was würde mir das einbringen außer Luftmangel?«
Ich zuckte die Schultern. »Es
war nur so ein Gedanke, nicht als Grundlage für eine ganz neue weibliche
Philosophie gedacht. Aber manchmal, wenn ich bei meinen Ermittlungen in einem
gefährlichen Mordfall stündlich mein Leben riskiere, verspüre ich einfach ein
Bedürfnis nach Entspannung.«
»Das Ärgerliche ist bloß, daß
ein Mädchen so energisch sein muß, um Ihnen zu Ihrer Entspannung zu verhelfen.«
Sie
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