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Der Liebestempel

Der Liebestempel

Titel: Der Liebestempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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zehn
Sekunden lang angestrengt nach. »In der Stadt. Ich hatte meine eigene
Gesellschaft satt - das geschieht gelegentlich mal. Soviel ich mich erinnere,
war ich in einer Bar und hab’ was getrunken.« Er bewegte ungeschickt die Füße.
»Ich muß gestehen, daß ich mich nicht allzugut erinnere — zu dem Zeitpunkt war ich ziemlich blau.«
    »Erinnern Sie sich an den Namen
der Bar?«
    »Nein. Irgendeine Kneipe in der
Dritten Straße, glaube ich.«
    »Waren Sie allein?«
    »Na klar! Wer braucht schon
Gesellschaft, wenn er richtig trinkt?«
    Wenn ich was mag, dann Leute,
die Fragen mit anderen Fragen beantworten. Er hatte kein Alibi zu bieten, nur
eine Behauptung, die einleuchtend genug klang, um wahr sein zu können. Also war
sie entweder wahr oder raffiniert ausgedacht. Irgendwann demnächst werde ich mal
einen bombensicheren Lügendetektor erfinden, der am Handgelenk getragen werden
kann — sofern sich nicht schon ein anderer etwas Ähnliches hat patentieren
lassen.
    »Er hat also von seiner Frau
gesprochen«, sagte ich. »Von wem noch?«
    »Ich erinnere mich an niemanden,
Lieutenant.«
    »Hat er je seine Tochter
erwähnt?«
    »Ach — die!« Schaffer nickte
nachdrücklich. »Klar, von der hat er sogar die ganze Zeit geredet. Mit der
Kleinen war er ganz verrückt.«
    »Iris«, sagte ich. »Ein ganz
reizendes Kind. Ich habe sie kennengelernt — fünf Jahre alt, ein rundliches
blondes Mädelchen . Ganz entzückend.«
    »Iris.« Er nickte erneut. »Das
war sie.«
    »Sie ist mager, zehn Jahre alt,
schwarzhaarig«, fauchte ich. »Und sie heißt Samantha. Sie sind wohl ziemlich
nervös, daß Sie einen solchen Blödsinn zusammenreden, Schaffer?«
    »Manchmal erinnere ich mich
eben nicht so genau«, winselte er.
    »Dann gehen wir am besten ins
Büro des Sheriffs und sehen dort mal, ob sich Ihr Erinnerungsvermögen nicht
bessert«, sagte ich kalt. »Sie sind ein vorbestrafter Schwindler, deshalb
braucht niemand Sie mit Glacéhandschuhen anzufassen.«
    »Vielleicht hat er die Kleine
ein paarmal erwähnt — ich erinnere mich nicht«, winselte er furchtsam. »Ehrlich
gesagt, Lieutenant, ich dachte nur, es klänge besser, wenn ich Ihnen erzählen
würde, er habe von ihr gesprochen.«
    »Warum?«
    Er warf einen sehnsuchtsvollen
Blick auf den unberührt vor ihm auf dem Tisch stehenden Drink und fuhr sich mit
dem Handrücken über den Mund.
    »Okay — in Wahrheit hätte ich
mich am liebsten meilenweit von dem Kerl ferngehalten. Er hat mir eine
Todesangst eingejagt! Wenn ich ihn rechtzeitig kommen sah, machte ich, daß ich
hier wegkam, und versteckte mich irgendwo. Dieser Bursche war wie ’ne schnell
abbrennende Zündschnur; man brauchte nur mal aus Versehen was Falsches zu
sagen, gleich schnappte er über. Wenn wir beim Angeln draußen waren, saß ich
meistens bloß da und hörte ihm zu, weil ich viel zuviel Angst hatte, auch nur ein Wort zu sagen. Und dann wurde er noch meistens wütend
auf mich, weil ich so still war. Ich wundere mich nicht, daß ihn jemand um die
Ecke gebracht hat, Lieutenant; er haßte die ganze gesamte Welt und jeden
einzelnen Menschen, den es auf ihr gibt.«
    »Wovon hat er gelebt?«
    »Das weiß ich nicht. Aber was
es auch war, er mußte deshalb jedenfalls viel verreisen. Er war oft drei Wochen
hintereinander weg und länger.«
    »Hat er je erwähnt, wo er
gewesen war?«
    »Einmal hat er Chicago erwähnt,
daran erinnere ich mich. Es war Winter, und er beschwerte sich, wie kalt es
dort gewesen sei — und solches Zeug.«
    »Wie stand es mit Paul Bryant?
Hat Magnuson ihn je erwähnt?«
    »Der Mann, dem die Tankstelle
an der Kreuzung gehört? Nein, soweit ich mich erinnere, nicht.«
    Ich begann mich allmählich an
den Gedanken zu gewöhnen, daß niemand Magnuson gekannt hatte, vor allem nicht die Leute, die mit ihm Umgang gehabt hatten. Es
war schlimmer, als wenn man gegen eine Mauer angerannt wäre; es war mehr so,
als ob man sich in einem Gumminetz verfangen hätte, das zuerst ein bißchen
nachgibt und einen dann sachte dahin befördert, woher man gekommen ist.
    »Wovon leben Sie eigentlich?«
fragte ich müde.
    »Ach, ich tue hier und dort ein
bißchen etwas«, antwortete Schaffer. »Im Sommer habe ich ein paar Touristen,
die mich und mein Boot zum Angeln mieten. An ein paar Tagen im Monat hat Bryant zuviel mit Autoreparaturen zu tun, dann bezahlt er
mich dafür, daß ich mich um die Tankstelle kümmere.« Er zuckte die abfallenden
Schultern. »Ich muß hier ja auch nicht gerade einen Palast

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