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Der Liebestempel

Der Liebestempel

Titel: Der Liebestempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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zieht er sich ein weiteres Trauma zu.« Sie
lachte plötzlich. »Es ist wirklich ein horrender Blödsinn, nicht? Aber alle
nehmen es ernst, wenn Rafe zu ihnen davon spricht.
Man kann die Sünde wiedergutmachen, und wahre Liebe — alle Sorten wahrer Liebe —
überlebt den Tod. Gewöhnt euch an den Gedanken des Sterbens, und es flößt euch
keine Angst mehr ein. Wir haben sogar einen mit Plüsch ausgeschlagenen Sarg und
einen Raum mit psychedelischen Einrichtungen. Aber das wissen Sie ja bereits,
Al.«
    »Wirklich?« sagte ich mit weit
aufgerissenen Augen.
    Justine runzelte leicht die Stirn.
»Sie müssen es wissen, warum hätten Sie sonst gestern abend die Bemerkung über das Licht, das den Menschen führt, gemacht? Das hat mich ja
eben so wütend auf Sie gemacht. Ich dachte, Sie hätten mich den ganzen Abend
über an der Nase herumgeführt und vorgegeben, Sie hätten keine Ahnung von dem
Tempel, obwohl Sie ganz genau Bescheid wußten.«
    »Es war nur eine Phrase, die
jemand benutzt hatte«, sagte ich.
    »Oh!« Ihre saphirblauen Augen
wurden wärmer, während sie mich anblickte. »Das tut mir leid, Al.«
    »Schon gut. Aber ich würde gern
den Sarg und den übrigen Krimskrams sehen.«
    »Mit Vergnügen.« Sie ging zwei
Schritte auf die Tür zu und blieb dann plötzlich stehen. »Ich traue Ihnen
nicht, wenn Sie hinter mir hergehen, Al Wheeler, solange ich dieses Gewand hier
trage. Gehen wir also besser nebeneinander. Ja?«
    »Sie haben sich seit gestern abend einen Haufen sittsamer Empfindungen zugelegt,
verdammt«, sagte ich düster.
    »Das ist eine Frage der
Relation.« Ihre Unterlippe zuckte. »Das gestern abend war ein strikte privates Arrangement. Hier sind wir sozusagen an einem
öffentlichen Ort.«
    Eine halbe Minute darauf befand
ich mich wieder in dem Raum, der das letztemal , als
ich ihn gesehen hatte, mitternachtsblau gewesen war. Aber Justine besaß mehr Erfahrung im Umgang mit den Schaltern, und so erstrahlte er jetzt in
hellem Bernsteingelb. Der leere, mit Plüsch ausgeschlagene Sarg stand in der
Mitte des Baums. Ich hatte das unbehagliche Gefühl, daß er sich unausgelastet
fühlte und sich nach einem permanenten Inhaber sehnte. Justine führte mir die ohrenbetäubende Jazzmusik und die wirbelnden Lichter vor. Eine
einzige Minute dieser Kombination reichte aus, um mich an den Rand des
Wahnsinns zu bringen.
    »Das ist es also«, sagte sie,
nachdem sie alles wieder mehr oder minder normal gestaltet hatte. »Das Licht,
das einen führt. Man liegt dort im Sarg und läßt sich innerlich völlig durch
die Lichter und die Musik desorientieren. Rafe behauptet, das sei eine gute seelische Therapie. Eins ist sicher, wer das
mitmacht, ist hinterher entspannter.«
    »Haben Sie es je versucht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich
bin völlig auf den Gedanken an den Tod eingestellt. Wenn er kommt, ignoriere
ich ihn und lebe einfach weiter.«
    »Es ist ein Jammer, eine
private psychedelische Diskothek nicht auszunützen«, sagte ich. »Wie wäre es,
wenn ich die Lichter und die Musik wieder einschaltete, und Sie fangen an, Go- go -Tänze vorzuführen?«
    »In dem hier?« Sie strich sich
über das schwarze Gewand, so daß der Umriß ihrer vollen Brüste sich deutlich
abzeichnete. »Ich hätte nichts dagegen, aber Rafe könnte hereinkommen, und ich habe Ihnen doch erzählt, daß Sex in diesem Tempel
verboten ist.«
    »Aber ich könnte ja nach Hause
gehen und ein paar Lichter installieren, die zur Musik des HiFi herumwirbeln?« sagte ich erwartungsvoll.
    Justine nagte ein paar Sekunden lang
mit den Zähnen an ihrer Unterlippe. »Die Zusammenkunft hier sollte eigentlich
gegen zehn zu Ende sein. Ich habe das Gefühl, Ihnen für das Mißverständnis gestern abend etwas schuldig zu sein.«
    »Sie entschwanden, und die Welt
schrumpfte zu einem kleinen, erbsengroßen Vakuum zusammen«, sagte ich
pathetisch. »Keine Silberblitze mehr — nur ein Hauch von Parfüm, eine leere
Couch und das Geräusch meines eigenen Schluchzens.«
    »Gegen elf in Ihrer Wohnung?«
    »Ich werde mich in Vorfreude
baden«, verkündete ich feierlich.
    »Was — was werden Sie sich...?«
    »Es steht einer Hohepriesterin
nicht zu, im Tempel der Liebe leichtfertige Redensarten von sich zu geben«, sagte ich ernst. »Was werden die
Nachbarn denken?«
    Sie lachte und schob ihren Arm
durch den meinen. »Wir bringen am besten schnell hinter uns, was von der Zehncentführung noch übrig ist! Wenn der Hohepriester uns
hier erwischt, wird er wahrscheinlich sofort

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