Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Liebestempel

Der Liebestempel

Titel: Der Liebestempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
werde
gleich morgen früh hinfahren. Kann ich Gail im Krankenhaus besuchen?«
    »Ich wüßte nicht, warum nicht«,
sagte ich. »Sie wird sowieso dringend jemanden brauchen, und Sie sind der
einzige Freund, den sie hat.«
    »Ich glaube, das Krankenhaus
wird ihr guttun«, murmelte er. »Ich habe mir, schon bevor Hank wieder
auftauchte und ermordet wurde, Sorgen um sie gemacht. Zeitweise schien sie mich
kaum zu kennen — und auch die Kleine nicht.«
    »War das, nachdem sie im Tempel gewesen war?«
    »Danach schien es immer
anzufangen, aber wenn es wirklich schlimm wurde, konnte es zwei Tage dauern.«
    »Das Licht, das führt«, sagte
ich laut vor mich hin.
    »Das ist auch so was. Sie hat
nie aufgehört, davon zu reden. Manchmal dachte ich, ich schnappe über, wenn sie
nicht mit diesem verrückten Geschwätz aufhört.«
    »Hat sie Ihnen je etwas von
Jazzmusik, wirbelnden Lichtern und einem mit Plüsch ausgeschlagenen Sarg
erzählt?«
    »Soll das ein Witz sein?« Er
starrte mich an, und es wurde ihm klar, daß ich es ernst meinte. »Soviel ich
mich erinnere, nicht. Sie redete mir die Ohren voll davon, was Kendall für ein
herrlicher Mensch sei und von seiner wundervollen Theorie von dem Licht, das
den Menschen führt. Ewig solches Zeug wie die Liebe dauerte in alle Ewigkeit,
deshalb brauche niemand mehr Angst vor dem Tod zu haben. Aber bei Nacht schien
das nicht so recht zu klappen. Sie pflegte mich mit ihrem Stöhnen und im Bett
Herumwerfen aufzuwecken. In ein paar Nächten schrie sie im Schlaf nach dem
Licht, das sie führen soll. Allmählich habe ich den Eindruck, es sei an der
Zeit, daß jemand Kendall — und seinen Tempel — auseinandernimmt.«
    »Vielleicht«, sagte ich
zweifelnd. »Ich beginne allmählich den häßlichen Verdacht zu hegen, daß der
einzige Ort, an dem man keinerlei Licht findet, das einen Menschen führen kann,
der Tempel der Liebe ist.«

NEUNTES KAPITEL
     
    A nnabella lächelte, als ich ins
Vorzimmer trat, und das war so unerwartet, daß ich über meine eigenen Füße stolperte
und beinahe der Länge nach hinfiel.
    »Es ist beinahe ein Uhr
dreißig«, sagte sie vergnügt. »Vermutlich haben Sie ein Recht, so spät am Tag
betrunken zu sein.«
    Ich erlangte mein Gleichgewicht
wieder, ging vorsichtig auf den verschrammten Schreibtisch zu und ließ mich auf
ihm nieder. »Ist der Sheriff schon zurück?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er
hat vor einer Stunde angerufen. Er glaubt, daß er für den Rest des Tages im
Rathaus hängenbleiben wird.«
    »Das ist so ziemlich der beste
Ort, um ihn zu hängen«, pflichtete ich bei. »Ich frage mich, wo sie einen
Strick hergenommen haben, der bei seinem Gewicht nicht reißt?«
    »Ich würde gern lachen — ehrlich
— , aber es ist einfach nicht komisch. Ihre rothaarige Freundin hat übrigens
nicht angerufen.«
    »Sie hat einen Freund, der
einen Leichenwagen besitzt«, sagte ich. »Vielleicht sind sie noch beim
Leichenausliefern.«
    Annabelle schauderte leicht.
»Sie sind heute makabrer Stimmung.«
    »Ich bin ein verdrehter
Vampir«, vertraute ich ihr an. »Ich schlafe bei Nacht und gespenstere bei Tag.
Haben Sie nicht ein halbes Liter Blut übrig, das Sie gern spenden würden?«
    »Bloß nicht!« fuhr sie mich an.
»Mir läuft es eiskalt über den Rücken.«
    Ich glitt vom Schreibtisch und
kam, einen erstklassigen Vampir aus einem erstklassigen Grusical mimend,
geduckt auf sie zu.
    »Nur mal ein bißchen unten an
Ihrem perlweißen Hals nippen!« zischte ich. »Sie werden überhaupt nichts
spüren. Vor allem hinterher — bevor Sie in unserem Sarg der Liebe wieder
aufwachen.«
    »Al«, ihre Stimme schnellte
eine Oktave höher, »hören Sie endlich mit dem Unsinn auf! Ja?«
    »Ihr Kopf an meiner Schulter«,
gurrte ich, »meine Lippen an Ihrer Kehle und Ihr schönes rotes Blut in meine
Adern fließend!«
    Sie sprang von ihrem Stuhl auf,
als ich näher kam, und rannte weg. Ich machte einen Satz, griff nach ihrer
Schulter und geriet statt dessen in den Halsausschnitt ihres Hemdblusenkleids.
Annabelle stieß einen schrillen Schrei aus, rannte weiter und geradewegs aus
ihrem Kleid heraus. Das heißt, so einfach war es gar nicht. Als der Reißverschluß am Rücken aufgab und schlicht
auseinanderklaffte, glitt ihr das Kleid über die Knie hinab, so daß sie
praktisch aus ihm hinausfiel. Ich sah interessiert zu, wie sie auf Händen und
Knien über den Boden schlitterte, und bewunderte den schwarzen Spitzenbüstenhalter
und das dazu passende Höschen mit den Rüschen,

Weitere Kostenlose Bücher