Der Liebestempel
nirgendwo im Haus. — Vielleicht ist sie heute nacht gestorben und der Leichenwagen kam, um sie mitzunehmen?«
»Vielleicht hat ihr Freund sie abgeholt,
und der fährt eben gern in einem Leichenwagen?« sagte ich.
»Sie sind dumm!« Sie stieg
schnell aus und schlug die Tür zu. »Es kann nicht so was Langweiliges gewesen
sein — das ist einfach nicht möglich!« Sie rannte schnell zum Haus zurück, und
gleich darauf schlug auch die Haustür hinter ihr zu.
Ich fuhr zur Tankstelle an der
Kreuzung und traf dort Bryant an, der mit dem Abschmieren eines Wagens
beschäftigt war. Er stieg aus der Abschmiergrube, wischte sich einen Ölfleck
von der Nase und begrüßte mich ohne jede Begeisterung.
»Dieser Quatsch, den Sie mir da
über Magnuson erzählt haben«, sagte ich, »daß er mit
dem Geld abgehauen sei, das für das Grundstück, das Sie kaufen wollten,
bestimmt war, und auch die Geschichte mit der Partnerschaft — das waren wohl
allerhand lausige Lügen, was?«
Seine dunklen Augen flackerten
nervös. »Wovon reden Sie eigentlich?«
»Sie wissen genau, wovon ich
rede«, fauchte ich. »Und auf so etwas steht Gefängnis.«
Der dichte Schnurrbart schien
ein wenig schlaff zu werden. »Hören Sie, Lieutenant, ich dachte — nun ja...« Er
zuckte verzweifelt die massiven Schultern. »Ach, zum Teufel — ich wollte eben
Gail Unannehmlichkeiten ersparen.«
»Das haben Sie großartig
gemacht«, sagte ich verächtlich. »Sie hat eben gestanden, ihren Mann umgebracht
zu haben.«
»Sie hat — was?«
»Sie haben richtig gehört«,
sagte ich. »Er kam in der Nacht zurück, forderte alles Geld von ihr und sagte,
er würde Samantha mitnehmen, um dafür zu sorgen, daß Gail täte, was er wollte.«
»Das glaube ich nicht.« Seinem
Gesichtsausdruck nach glaubte er es durchaus. »Selbst, wenn sie behauptet hat,
sie habe ihn umgebracht, so hat sie gelogen, um jemand anderem
Unannehmlichkeiten zu ersparen. Gail ist einfach nicht fähig, jemanden
umzubringen.«
»Hat sie Ihnen erzählt, auf
welche Weise Hank sein Geld erworben hat?«
»Ja.« Er nickte. »Er war ein
Bankräuber oder so was.«
»Und wissen Sie auch den
eigentlichen Grund, weshalb er sich vor einem Jahr versteckt hat?«
»Weil der FBI hinter ihm her
war.«
»Und diese andere Geschichte —
daß er damals spät am Abend zu Ihnen gekommen ist und Sie mit dem
Schraubenschlüssel zusammengeschlagen hat — war das auch eine Lüge?«
Er nickte bedrückt. »Ich weiß
wirklich nicht, was da in mich gefahren ist, Lieutenant, ehrlich! Als ich mir
diese erste Geschichte mit der Partnerschaft ausgedacht hatte, habe ich mich,
glaube ich, einfach in die Sache hineintreiben lassen.«
»Sie wußten, bevor Gail es
Ihnen erzählte, nicht, was Magnuson in Wirklichkeit
war?«
»Wenn Sie die Wahrheit wissen
wollen, Lieutenant, ich habe den Kerl überhaupt nie kennengelernt. Ich weiß von
ihm nur das, was Gail mir erzählt hat.«
Ich blickte ihn eine ganze
Weile an und schüttelte dann den Kopf. »Sie stecken da ziemlich in der Tinte.
Das wissen Sie wohl? Sie sind ein eingefleischter Lügner, und das bedeutet
allerhand Scherereien.«
»Wahrscheinlich haben Sie
recht, Lieutenant.« Er fuhr sich mit dem Handrücken übers Gesicht und
hinterließ eine Ölspur. »Was geschieht jetzt mit Gail?«
»Sie ist aus nervöser Erschöpfung
zusammengebrochen, sagt der Doktor. Sie muß ein paar Tage lang im
County-Krankenhaus bleiben, aber dann wird sie wieder okay sein.«
»Das ist wenigstens etwas!«
Seinen Augen war die Erleichterung anzusehen. »Wie steht’s mit der Kleinen?«
»Samantha bleibt bei Mrs. Woodbank .«
»Das ist gut so. Sie ist eine
nette Frau.«
»Ich bin nach wie vor mit den
Lügen beschäftigt, die Sie mir da aufgetischt haben«, sagte ich mit barscher
Stimme. »Sie behaupteten, Kendall sei ein guter Freund von Ihnen?«
»Na ja...«, er zögerte. »Ich
meine, ich kenne ihn, aber er ist nicht gerade ein guter Freund.«
»Dann also ein schlechter?«
»Nein, das auch nicht. Ich
kenne ihn eben, mehr nicht.«
»Er behauptet, Sie hätten Gail
bei ihm im Tempel eingeführt. Das haben Sie vorher schon bestritten. Bestreiten Sie es noch?«
»Ja. Ich weiß nicht, warum er
das behauptet. Gail ging schon in den Tempel , als ich sie kennenlernte.«
»Wann war das?«
»Vor acht, neun Monaten. Sie
kam eines Tages zum Tanken, und wir kamen ins Gespräch. Sie war einsam, auch
wenn sie froh war, daß Hank sie verlassen hatte, und ich war auch allein.
Daraus hat sich dann
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