Der Liebestempel
alles entwickelt.«
Ich zündete mir eine Zigarette
an und unterdrückte den unvernünftigen Impuls, ihm eins auf die Nase zu geben.
Da stand er nun und sah mich an, ein Bulle von einem Mann, der entweder nicht
sehr intelligent oder sehr intelligent war. Ich konnte mir nicht recht
klarwerden, was von beiden zutraf; und das war, wie ich vermutete, der Grund,
warum ich ihm gern eins verpaßt hätte. Wenn zweitausend Jahre Zivilisation
gesehen hätten, was sie bei Wheeler ausgerichtet hatten, so hätten sie
jeglichen Versuch aufgegeben.
»Sie haben mir also einen
ganzen Blumenstrauß dummer, ärgerlicher Lügen erzählt«, sagte ich vorsichtig.
»Ich habe meine Zeit und meine Energie deswegen verschwendet, und das macht Sie
mir nicht gerade sympathisch. Nun bestehen Sie darauf, daß Kendall gelogen hat,
als er sagte, Sie hätten ihm Gail vorgestellt. Wollen Sie nicht mal nachdenken
und vielleicht Ihre Meinung in diesem Punkt ändern?«
»Nein«, sagte er eigensinnig.
»Kendall lügt, aber ich kann mir nicht vorstellen, warum.«
»Ich würde Ihnen gern eins auf
die Nase geben«, knurrte ich.
Er grinste plötzlich und schob
leicht die Schultern vor. »Versuchen Sie’s!«
»Um Ihnen einen Vorwand zu
geben, mich halb totzuschlagen? Sie halten mich wohl für übergeschnappt.« Ich
zog an meiner Zigarette und trat sie dann auf dem Garagenboden aus. »Da ist
noch etwas, Bryant.«
»Was denn?« Sein Schnurrbart
sträubte sich wieder.
»Das weiß ich eben nicht«,
gestand ich. »Ich weiß nur, daß da noch etwas ist. Etwas, was Sie mir nicht
erzählt haben. Vielleicht wissen Sie selber nicht, um was es sich handelt? Aber
etwas ist da.«
Er scharrte unruhig mit den
Füßen. »Sind Sie vielleicht Gedankenleser oder so was?«
»Ich beginne jedenfalls, daran
zu zweifeln, daß ich Polizeibeamter bin«, brummte ich. »Vielleicht hat es etwas
mit Kendall zu tun?«
»Ich habe es Ihnen doch gesagt.
Ich kenne ihn, so wie ich die meisten Leute, die hier in der Nähe wohnen,
kenne. Ich bin jetzt seit acht Jahren an dieser Tankstelle hier. Das ist eine
lange Zeit.«
»Kennen Sie das Mädchen, das
bei Kendall im Tempel arbeitet
— Justine ?«
»Ich habe sie ein paarmal
gesehen. Eine tolle Puppe.«
»Wie steht’s mit Leon Schaffer?«
»Klar kenne ich Leon! Er
übernimmt manchmal das Tanken, wenn ich zuviel Reparaturen habe.«
»Wußten Sie, daß er ein
ehemaliger Trickschwindler ist?«
»Nein, das wußte ich nicht.
Aber es stört mich nicht.« Er schob sich mit einer schnellen Bewegung das dunkle
Haar aus der Stirn. »Eins müssen Sie wissen, Lieutenant. Wenn jemand wie ich
hier draußen am See seinen Lebensunterhalt verdienen will, muß ich mit
jedermann auskommen, ganz gleich, ob er mir gefällt oder nicht. Es gibt hier
einfach nicht genügend Leute, um wählerisch sein zu können. Also macht man das
Beste daraus und kümmert sich um seine eigenen Angelegenheiten. Das ist
überhaupt das Wichtigste.«
»Kennen Sie einen Mann namens Fenwick ?«
»Nein, von dem habe ich nie
gehört.«
»Wollen Sie nicht Ihre Meinung
über Cherie Cordover ändern — Hanks damalige
Freundin?«
»Ich habe auch von ihr nie was
gehört.«
»So sehr wie Sie hat sich
wirklich kein Mensch je um seine eigenen Angelegenheiten gekümmert!«
»Okay.« Sein Gesicht unter den
Ölflecken war gerötet. »Leon Schaffer ist also ein ehemaliger Trickschwindler,
haben Sie gesagt? Ich hätte mir denken können, daß so was vorliegt, denn er
macht mich nervös. Früher bin ich mal öfters zum Angeln auf den See
hinausgefahren. Aus irgendeinem Grund hat das Leon nicht gepaßt .
Ich kam eines Abends hierher zurück, und da stand er mitten im Büro. Ich müßte
ja ziemlich geistesabwesend gewesen sein, erklärte er mir, weil ich die
Tankstelle den ganzen Tag über sperrangelweit hätte offenstehen lassen. Ich
wußte verdammt gut, daß ich alles abgeschlossen hatte. Dann grinste er mich an
und sagte, wir könnten doch eine Vereinbarung treffen. Wenn ich viel zu tun
hätte, könnte er die Tankstelle bedienen, und er würde mir dafür so viele
Fische bringen, wie ich haben wollte, dann brauchte ich meine Zeit nicht mehr
auf dem See draußen zu verschwenden.«
»Warum wollte er nicht, daß Sie
auf dem See angeln?«
»Woher, zum Teufel, soll ich
das wissen?« Er begann, aufgeregt zu werden. »Nehmen Sie Kendall — er scheint ein wirklich netter Bursche zu sein, wenn man
sich mit ihm unterhält. Nachdem ich Gail recht gut kennengelernt hatte, dachte
ich, es
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