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Der Liebeswunsch

Der Liebeswunsch

Titel: Der Liebeswunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Wellershoff
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Betroffener.«
    »Ich weiß. Das hilft mir aber gar nichts. Im Gegenteil.«
    »Ich bin ja noch nicht zu Ende«, sagte er. »Aber helfen tut es dir sicher auch nicht, wenn ich dir sage, daß ich das Ganze
     für eine gute Idee halte. Eins ist aber vom anderen abhängig. Wenn du dich von Paul trennst, ist es logisch, daß du das Haus
     verkaufst und mit dem Geld etwas anderes beginnst – etwas Neues, von dem du neu gefordert bist. Das scheint mir besser, als
     einfach immer so weiterzumachen.«
    »Das habe ich mir selbst schon alles gesagt.«
    »Siehst du. Es scheint da eine gewisse Objektivität zu geben.«
    »Eine gewisse Objektivität gibt es nicht.«
    »Richtig. Und das ist dein Problem.«
    »Das Schwierigste ist, daß Paul nicht die geringste Ahnung hat. Er scheint davon auszugehen, daß wir zusammenbleiben und alles
     wieder in Ordnung kommt. Er wird aus allen Wolken fallen, wenn ich ihm sage, daß ich mich von ihm trennen will.«
    »Du fütterst mein Rachebedürfnis, Marlene. So ist es mir ja auch gegangen.«
    »Es war wohl keine gute Idee von mir, dich mit meinen Problemen zu belästigen«, sagte sie.
    »Was hast du dir bloß vorgestellt? Deine Probleme kannst du nur selbst lösen. Hast du dich schon ernsthaft gefragt, wie es
     sein würde, wenn ihr zusammenbleibt und weitermacht?«
    »Im Augenblick kann ich es mir nicht vorstellen. Aber das mag ja an mir liegen. Ich hätte wohl nicht viele Energien dafür.
     Aber wenn ich sie hätte, dann hätten wir vielleicht eine neue Chance.«
    »Mit demselben Mann? Und den absehbaren Wiederholungen?«
    »Auch er könnte sich ändern.«
    »Dann versuch es doch.«
    Sie schauten sich an.
    »Komisch«, sagte sie. »Ich war sicher, daß ich keine Zweifel mehr hatte. Sonst hätte ich dich nicht gebeten herzukommen.«
    »Ich glaube, das Umgekehrte ist wahr. Du wolltest deine Zweifel bei mir loswerden. Du hast gedacht, ich würde dich bestärken.«
    »Das stimmt«, sagte sie.
    Sie blickte auf den unabgeräumten Tisch.
    »Möchtest du noch etwas essen?«
    »Im Augenblick nicht.«
    »Gut, dann bringe ich die Sachen in die Küche. Und wir machen einen Spaziergang.«
     
    Der Weg, den sie einschlug, war einer ihrer Standardspaziergänge, den sie fast jeden zweiten Tag mit Paul gegangen war, nicht
     um etwas Neues zu sehen, sondern um sich zu bewegen. Er führte, vorbei an Wiesen und einem Lupinenfeld, am unteren Rand des
     Buchenwaldes entlang und dann ein kurzes Stück durch ihn hindurch, bis sie auf einem schnurgeraden, grasbewachsenen Forstweg
     durch einen inzwischen hochgeschossenen dichten Fichtenwald kamen, der bei ihrem ersten Aufenthalt eine von Farnkraut und
     Brombeergestrüpp durchwucherte Schonung gewesen war. Jetzt lagen am Rand des Weges schon Stapel herausgeschlagener Stämme,
     die auf ihren Abtransport warteten. Da sie streckenweise hintereinandergehen mußten, kam keine zusammenhängende Unterhaltung
     zwischen ihnen auf, was ihr ganz recht war, da sie weiter an ihr Problem dachte und sich nur abgelenkt fühlte. Leonhard wollte
     wissen, ob sie etwas über Anja gehört habe. Er schien sich Sorgen über ihre Verfassung zu machen und versuchte sie dafür zu
     gewinnen, sich gelegentlich um Anja zu kümmern.
    »Ich bin nicht besonders toll motiviert«, sagte sie.
    Er meinte, sie solle mal nach ihr schauen, weil sie für Anja immer eine Autorität gewesen sei.
    »Warum bist du daran so interessiert?« fragte sie.
    »Nun ja, du weißt ja, wie sie ist. Ich fürchte, sie fängt sich nicht, sondern läßt sich fallen und säuft sich zu Tode. Undwahrscheinlich macht sie noch einige häßliche Szenen, um uns einen Denkzettel zu verpassen.«
    »Das möchtest du gerne vermeiden, nicht wahr?«
    »Wenn es möglich wäre, schon. Aber ich fürchte, es läuft aus dem Ruder.«
    »Und du meinst, ich könnte das Ruder in die Hand nehmen?«
    »Nein, ich fürchte, man kann grundsätzlich nichts ändern. Und du hast deine eigenen Probleme.«
    Sie gingen längere Zeit schweigend hintereinander, bis sie an eine Abzweigung kamen.
    »Laß uns hier langgehen«, sagte sie.
    Jetzt gingen sie wieder nebeneinander, aber das Gespräch stockte.
    »Wer hat mir gesagt, daß du deine Schwiegermutter ins Haus nehmen willst?« fragte sie nach einer Weile.
    »Ich selbst«, antwortete er. »Es muß jemand da sein, der sich um Daniel kümmert. Vor allem jetzt, wenn er in die Schule kommt.«
    »Fragt er manchmal nach Anja?«
    »Nein, überhaupt nicht. Er hat sich gesträubt, sie zu sehen, als sie ihn

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