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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethan Roberts
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verstehen geben, dass ich beeindruckt war. Aber als ich in sein sonst so unerschütterliches Gesicht blickte – die breite Nase, der ruhige Blick –, schien es ein bisschen weicher. Sein Hals war gerötet und die Lippen locker geöffnet.
    »Wir sind früh dran«, stellte er mit einem Blick auf seine große Armbanduhr fest, ein Geschenk seines Vaters, als er zur Polizei gegangen war.
    »Hat er was dagegen?«
    »Oh, nein«, sagte Tom. »Kein bisschen.«
    In dem Moment wurde mir klar, dass es Tom störte. Wann immer wir uns trafen, er war immer pünktlich.
    Ich blickte hinunter in die Halle und bemerkte versteckt neben der Treppe eine riesige bunte Katze aus Pappmaché, wie es schien. Ich weiß nicht, wie ich sie übersehen konnte, als ich zuerst hereinkam, aber, unnötig zu sagen, sie gehörte nicht zu den Dingen, die ich an einem Ort wie diesem erwartet hatte. Sie passte besser auf den Palace Pier, diese Katze. Noch immer hasse ich ihr Grinsen und ihre Augen, die aussehen wie unter Drogeneinfluss. Ein kleines Mädchen steckte einen Penny in den Schlitz in ihrem Bauch und hielt dann die Hände weit auf, wartete darauf, dass etwas passierte. Ich stieß Tom an und zeigte nach unten. »Was ist das?«
    Tom lachte. »Hübsch, nicht? Der Bauch leuchtet auf und sie schnurrt, wenn du sie mit Geld fütterst.«
    Das Mädchen wartete immer noch, genau wie ich.
    »Es passiert nichts«, stellte ich fest. »Was macht es in einem Museum? Sollte es nicht besser auf dem Jahrmarkt stehen?«
    Tom sah mich etwas verwirrt an und brach dann in ein lautes Tom-Lachen aus: drei kurze Trompetenstöße, Augen zugedrückt. »Geduld, liebe Marion«, sagte er. Ein warmes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus.
    »Erwartet er uns wirklich?«, fragte ich und war kurz davor,ärgerlich zu werden, wenn es nicht so war. Es war Anfang der Weihnachtsferien und Tom hatte sich auch einen Tag frei genommen. Es gab viele andere Dinge, die wir in unserer freien Zeit tun konnten.
    »Natürlich. Er hat uns eingeladen. Ich hab’s dir doch gesagt.«
    »Ich hätte nicht gedacht, ihn zu sehen zu kriegen.«
    »Warum nicht?« Tom runzelte die Stirn und blickte wieder auf die Uhr.
    »Du hast so viel von ihm erzählt … ich weiß nicht.«
    »Es wird jetzt Zeit«, sagte Tom. »Er kommt zu spät.«
    Aber ich wollte es unbedingt aussprechen. »Ich dachte, er existiert vielleicht gar nicht.« Ich lachte. »Verstehst du, dass er zu gut wäre, um wahr zu sein. Wie der Zauberer von Oz.«
    Tom blickte wieder auf die Uhr.
    »Um welche Zeit hat er gesagt?«
    »Zwölf.«
    Auf meiner Uhr war es zwei Minuten vor. Ich suchte seinen Blick, um ihn beruhigend anzulächeln, aber seine Augen schossen unablässig im Raum umher. Alle anderen konzentrierten sich auf ein bestimmtes Ausstellungsstück, mit geneigtem Kopf oder aufgestütztem Kinn. Nur wir standen herum und blickten ins Leere.
    »Es ist noch nicht zwölf«, wagte ich mich vor.
    Tom machte ein seltsames Geräusch. Es klang, als sollte es ein lässiges »Hey« sein, das aber eher wie ein Wimmern herauskam.
    Dann trat er einen Schritt weg von mir und hob die Hand.
    Ich blickte auf und da warst du. Mittelgroß. Mitte dreißig. Weißes Hemd, frisch gebügelt. Marineblaue Weste, sehr gute Passform. Dunkle Locken, etwas zu lang, aber gepflegt. Ein hübsches Gesicht: dichter Schnurrbart, rosige Wangen, hohe Stirn. Du hast Tom gebannt angesehen, ohne zu lächeln. Du hast ihn genauso aufmerksam betrachtet, wie die anderen im Raum die ausgestellten Stücke betrachteten.
    Du kamst schnell näher, und erst als du dein Ziel erreicht und Toms Hand geschüttelt hattest, verzog sich dein Mund plötzlich zu einem Lächeln. Für jemanden mit gut geschnittener Weste und dichtem Schnurrbart, jemanden, der für die westliche Kunst von 1500 bis 1900 verantwortlich ist, war das ein überraschend jungenhaftes Grinsen. Es war ganz leicht und seitlich etwas hochgezogen, als hättest du genau studiert, wie Elvis Presley die Mundbewegung macht. Ich erinnere mich, dass ich das damals dachte und beinahe kicherte über die Absurdität.
    »Tom, du bist gekommen.«
    Ihr beide habt euch kräftig die Hände geschüttelt und Tom zog den Kopf ein. Das hatte ich nie zuvor bei ihm gesehen; er begegnete meinem Blick immer direkt und ruhig.
    »Wir sind früh dran«, sagte Tom.
    »Überhaupt nicht.«
    Dein Händeschütteln dauerte zu lange und Tom zog die Hand zurück und ihr habt beide woanders hingesehen. Du hattest dich zuerst wieder gefasst. Zum ersten Mal hast

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