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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethan Roberts
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Lehrerin bist, und jetzt hilft Patrick mir auch.«
    »Hilft dir?«
    »Etwas für meine Bildung zu tun.«
    Danach wurden wir für ein paar Monate ein richtiges Trio. Ich weiß nicht, wie oft du Tom allein getroffen hast – ich vermute, ein- oderzweimal die Woche, je nachdem, wie es sein Polizeidienst zuließ. Und es stimmte, was Tom über Weiterbildung gesagt hatte. Du hast nie über unsere Unwissenheit gelacht und uns immer ermutigt, neugierig zu sein. Wir gingen mit dir in den Dom, um Elgars Cellokonzert zu hören, wir sahen uns französische Filme im Gaiety Kino an (die ich normalerweise hasste: so viele schöne, traurige Menschen, die sich nichts zu sagen hatten) und »Chicken Soup with Barley« am Theatre Royal, und du hast uns sogar mit amerikanischer Lyrik bekannt gemacht – dir gefiel E.E. Cummings, aber weder Tom noch ich konnten dir so weit folgen.
    An einem Abend im Januar bist du mit uns beiden nach London gefahren, um »Carmen« anzusehen. Du wolltest uns unbedingt mit der Oper bekannt machen und dachtest, dass diese Geschichte über Begierde, Verrat und Mord ein guter Einstieg wäre. Ich erinnere mich, dass Tom den Anzug trug, den er bei der Hochzeit seiner Schwester getragen hatte, und ich ein Paar weiße Handschuhe, die ich mir extra gekauft hatte, weil ich dachte, das wäre in der Oper vorgeschrieben. Sie passten nicht richtig und ich musste immer wieder die Finger beugen, weil sie durch das Rayon eingeengt waren. Meine Handflächen waren schwitzig, obwohl es ein eiskalter Abend war. Im Zug hattest du mit Tom die übliche Auseinandersetzung über Geld. Du hast immer darauf bestanden zu bezahlen, wenn wir irgendwo hingingen, und Tom protestierte immer lautstark, stand auf, wühlte in seinen Hosentaschen nach Münzen. Hin und wieder hast du ihn für sich selbst bezahlen lassen, aber nicht ohne die Mundwinkel hängen zu lassen und dir ungeduldig über die Stirn zu wischen. »Es ist nur vernünftig, dass ich das übernehme, Tom, wirklich … «
    Jetzt bestand Tom darauf, zumindest für sich und mich zu zahlen, da er eine Vollzeitstelle habe, wenn auch noch auf Probe. Ich wusste, es war sinnlos, sich einzumischen, deshalb spielte ich mit meinen Handschuhen herum und beobachtete, wie HaywardsHeath am Fenster vorbeiglitt. Zuerst hast du ihn mit einem Lachen abgeschüttelt, einer scherzhaften Bemerkung (»Du schuldest es mir, was hältst du davon? Wir setzen es auf die Rechnung.«), aber Tom war nicht davon abzubringen; er zog seine Brieftasche aus der Jackentasche und begann, die Scheine abzuzählen. »Wie viel, Patrick?«
    Du hast ihn gebeten, es wegzustecken, nicht albern zu sein, aber er wedelte noch damit vor deinem Gesicht und sagte: »Lass mich. Nur einmal.«
    Schließlich wurdest du lauter. »Sieh mal, sie kosten sieben Pfund das Stück. Wirst du jetzt also das alberne Ding wegstecken und still sein?«
    Tom hatte mir stolz erzählt, dass er ungefähr zehn Pfund verdient, also wusste ich, er würde darauf keine Antwort haben.
    Den Rest der Fahrt verbrachten wir schweigend. Tom rutschte auf seinem Sitz hin und her, die Rolle Geldscheine im Schoß. Du hast hinausgesehen zu den vorbeiziehenden Feldern, dein Blick zuerst grimmig vor Ärger, dann angestrengt vor Reue. Als wir in Victoria einfuhren, hast du Tom jedes Mal, wenn der sich muckste, angesehen, aber er vermied deinen Blick.
    Wir schoben uns durch die Menge, die geschäftig durch den Bahnhof klackte. Du bist Tom gefolgt, den Regenschirm in den Händen drehend und die untere Lippe leckend, als würdest du gleich eine Entschuldigung hervorbringen. Du hast es dir dann aber anders überlegt. Als wir zur U-Bahnstation hinunterstiegen, hast du meine Schulter berührt und leise gesagt: » Ich hab alles vermasselt, oder?«
    Ich habe dich angesehen. Deine Mundwinkel waren heruntergezogen und dein Blick stechend vor Angst. Ich wurde ganz starr. »Sei nicht albern«, befahl ich, ging weiter und griff nach Toms Arm.
    London erschien mir dieses erste Mal laut und verraucht und schmutzig. Erst später habe ich seine Schönheit entdeckt: die sich häutenden Platanen im Sonnenschein, den Luftzug auf dem Bahnsteig der U-Bahn, das Klirren von Tassen und Schlagen von Edelstahl an Edelstahl in den Cafés, die Entrücktheit des British Museums mit dem David mit Feigenblatt.
    Ich erinnere mich, dass ich mein Spiegelbild in den Schaufenstern betrachtete, an denen wir vorbeigingen, und mich schämte, dass ich größer war als du, besonders mit den Absätzen. Neben dir

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