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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethan Roberts
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nicht viel Zeit, alles aufzunehmen, denn zu meinem Erstaunen bist du beinahe sofort erschienen, um uns zu begrüßen. Als wenn du oben aus einem Fenster gesehen und auf unsere Ankunft gewartet hättest. Du kamst lächelnd auf mich zu, beide Hände ausgestreckt, und sagtest, wie erfreut und geehrt du seiest, dass wir dort wären. Du hast einen hellen Anzug getragen und wie immer nach einem teuren Duft gerochen. Als deine Hände meine ergriffen, waren deine Finger kühl und trocken. Du schienst dich hier absolut zu Hause zu fühlen, alles vollkommen unter Kontrolle zu haben. Ich bemerkte, dass deine Schritte auf den Fliesen sogar lauter waren als meine, und du hattest keine Scheu, deine Stimme zu erheben und laut in die Hände zu klatschen, als du die Kinder den Korridor entlanggeführt und gesagt hast, du würdest ihnen etwas Geheimnisvolles zeigen. Es war selbstverständlich die Geldkatze, die du ihnen vorgeführt hast, wobei du einen glänzenden Penny benutzt hast. Die Kinder drängelten und schoben, um nach vorn zu kommen und selbst zu sehen, wie der Bauch der Katze aufleuchtete, und du hast einige deiner Münzen benutzt, damit jedes Kind das Wunder sah. Nur Milly Oliver wich vor den teuflischen Augen zurück und ich dachte, dass sie das sensibelste Kind von allen war.
    Im weiteren Verlauf des Nachmittags merkte ich, dass du wirklich begeistert warst, dass die Kinder da waren, und sie mochten dich dafür. Du hast richtig geglüht, als du sie durch bestimmte Ausstellungen geführt hast. Darunter waren eine hölzerne Maskevon der Elfenbeinküste, verziert mit Vogelknochen und Zähnen von Tieren, und ein schwarzes viktorianisches Kleid mit Reifrock – das die Mädchen veranlasste, die Nasen an die Glasscheibe zu pressen, um es genauer zu betrachten.
    Nach dem Rundgang hast du uns in einen kleinen Raum mit großen Bogenfenstern geführt, wo Tische und Stühle sowie Schürzen, Farbeimer, Töpfe mit Kleber und Schachteln voller Schätze – Strohhalme, Federn, Muscheln, goldene Papiersterne – bereitgestellt waren. Du hast die Kinder gebeten, mit Hilfe der ebenfalls bereitliegenden Pappschablonen eigene Masken zu basteln. Zusammen beaufsichtigten wir, wie sie alle möglichen Dinge sowohl auf die Masken als auch überall auf sich selbst klebten und malten. Hin und wieder hörte ich dich laut lachen, und wenn ich aufsah, hast du eine Maske aufprobiert oder Hilfestellung gegeben, wie eine furchterregender aussehen könnte oder »eine Spur mehr wie im Showbiz«, hörte ich dich sagen. Ich musste ein Lächeln verbergen, als Alice Rumbold dich ungläubig anstarrte, als du ihr sagtest, dass ihr Werk »wirklich vorzüglich« wäre. Wahrscheinlich hatte sie das Wort noch nie vorher gehört, und wenn, dann würde es nicht für etwas verwendet worden sein, was sie gemacht hatte. Du hast sie am Kopf getätschelt, dir über den Schnurrbart gestrichen und gestrahlt, und sie blickte zu mir herüber, unsicher, wie sie deine Reaktion verstehen sollte. Alice war künstlerisch talentiert. Das hatte ich überhaupt nicht bemerkt, aber du hast es erkannt. Ich erinnerte mich daran, was Tom am Anfang über dich gesagt hatte. »Er bildet sich keine Meinung auf Grund deines Aussehens.«
    Als ich gerade gehen wollte, hast du mich am Ellbogen berührt und gesagt: »Danke, Marion, für einen wunderschönen Nachmittag.«
    Wir standen in der dunklen Eingangshalle, die Kinder alle um mich versammelt. Jedes seine Maske in der Hand haltend, blickten sie zu den Glastüren, ungeduldig, nach Hause zu gehen. Es warschon spät. Ich hatte es so genossen, dass ich vergessen hatte, auf die Uhr zu sehen.
    Es war ein wunderschöner Nachmittag. Ich konnte es nicht leugnen.
    Und dann sagtest du: »Es ist schrecklich nett von dir, dass du Tom erlaubst, mit nach Venedig zu kommen. Ich weiß, er weiß es zu schätzen.«
    Du bist meinem Blick nicht ausgewichen, als du das gesagt hast. Es war keine Spur von Scham oder Bosheit in deinem Ton. Du hast einfach den Sachverhalt vorgetragen. Deine Augen waren ernst, aber dein Lächeln wurde breiter. »Hat er es erwähnt?«
    »Fräulein. Milly weint.«
    Ich hörte Caroline Mears Stimme, verstand aber nicht, was sie sagte. Ich versuchte immer noch, deine Worte zu begreifen.
Nett von dir. Tom. Venedig.
    »Ich glaube, sie hat sich nass gemacht.«
    Ich sah hinüber zu Milly, die von ungefähr fünf anderen umringt schluchzend auf dem Mosaikfußboden saß. Ihre schwarzen Locken hingen in unordentlichen Strähnen vor ihrem Gesicht,

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