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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethan Roberts
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von Toms Schlüssel in der Haustür. Ich hörte auf zu suchen, kniete aber immer noch neben dem Bett, unfähig, mich zu bewegen, während ich horchte, wie er meinenNamen rief. An seinen Schritten hörte ich, wie er an der Küchentür stehen blieb, und stellte mir sein Erstaunen vor, wenn er die Kuchenteller in Scherben auf dem Boden sah. Sein Rufen wurde drängender: »Marion? Marion?«
    Ich blickte um mich auf die Verwüstung, die ich angerichtet hatte. Hemden, Hosen, Socken, Bücher, Fotos, alles im Zimmer herumgeworfen. Die Fenster weit aufgestoßen. Unser Schrank ausgeräumt. Der Inhalt von Toms Nachtschrank auf dem Boden verstreut.
    Er rief immer noch nach mir, ging jetzt langsam die Treppe hinauf, als hätte er ein bisschen Angst davor, was ihn erwartete.
    »Marion?«, rief er. »Was ist los?«
    Ich antwortete ihm nicht. Ich wartete, mein Kopf war völlig leer. Mir fiel keine Entschuldigung für das ein, was ich getan hatte, und beim Klang von Toms unsicherer Stimme schien mein ganzer Zorn zu einem festen Ball zusammenzuschrumpfen.
    Als er ins Zimmer kam, hörte ich ihn nach Luft schnappen. Ich blieb auf dem Boden, starrte auf den Teppich, hielt meine aufgeknöpfte Bluse fest zu. Ich muss einen bedauernswerten Anblick geboten haben, denn seine Stimme war sanfter, als er sagte: »Verdammt. Geht’s dir gut?«
    Es kam mir in den Sinn zu lügen. Ich hätte sagen können, bei uns wäre eingebrochen worden. Dass ich von einem Rowdy bedroht worden sei, der im Haus herumgelaufen sei und unsere Teller zerschlagen und Toms Sachen im Schlafzimmer herumgeworfen hätte.
    »Marion? Was ist passiert?«
    Er kniete neben mir und seine Augen waren so sanft, dass ich kein Wort herausbrachte. Stattdessen fing ich an zu weinen. Es war eine solche Erleichterung, Patrick, diese weibliche Ausflucht. Tom half mir aufs Bett und ich setzte mich, laute Schluchzer ausstoßend, den Mund weit geöffnet, ohne mein Gesicht zu bedecken. Tomlegte einen Arm um mich und ich gönnte mir den Luxus, meine nasse Wange an seine Brust zu legen. Mehr wollte ich in dem Moment nicht. Ich weinte Tränen des Vergessens in das Hemd meines Mannes. Er sagte nichts, legte nur sein Kinn oben auf meinen Kopf und rieb langsam meine Schulter.
    Nachdem ich mich ein bisschen beruhigt hatte, versuchte er es noch einmal. »Was ist denn los?«, fragte er freundlich, aber mit ziemlich strenger Stimme.
    »Du fährst mit Patrick nach Venedig.« Ich sprach in seine Brust, behielt den Kopf unten und klang wie ein bockiges Kind. Wie Milly Oliver, die in einer Pfütze von Urin sitzt. »Warum hast du mir nichts gesagt?«
    Seine Hand auf meiner Schulter hielt inne und lange herrschte Schweigen. Ich schluckte, wartete – fast hoffend –, dass mich sein Zorn wie eine heiße Druckwelle traf.
    »Darum die ganze Aufregung?« Er sprach wieder in dem Polizistenton. Ich kannte ihn von unserem letzten Gespräch über dich. Er hatte den singenden Tonfall unterdrückt, den Anflug von Lachen, der normalerweise seinen Äußerungen eigen war. Er hat diese Fähigkeit, nicht wahr, Patrick? Die Fähigkeit, sich vollkommen abzutrennen von dem, was er sagt. Die Fähigkeit, körperlich anwesend zu sein, zu reden, zu antworten, während er tatsächlich – emotional – überhaupt nicht da ist. Damals dachte ich, es gehörte zu seiner Polizistenausbildung, und eine Zeit lang redete ich mir ein, dass Tom das tun musste, dass er nicht anders konnte. Sich abzutrennen war seine Art, mit der Arbeit fertigzuwerden, und er hatte sie auch ins Privatleben übernommen. Aber jetzt frage ich mich, ob er nicht immer so war.
    Ich richtete mich auf. »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
    »Marion. Du musst damit aufhören.«
    »Warum hast du es mir nicht gesagt?«
    »Das ist destruktiv. Sehr destruktiv.« Er starrte jetzt geradeaus,sprach mit ruhiger, monotoner Stimme. »Muss ich dir immer alles gleich sagen? Erwartest du das?«
    »Nein, aber – wir sind verheiratet …«, murmelte ich.
    »Was ist mit Freiheit, Marion? Was ist damit? Ich dachte, wir hätten, du weißt schon, eine
Übereinkunft.
Ich dachte, wir führen eine, na ja, moderne Ehe. Du hast die Freiheit zu arbeiten, oder? Ich sollte die Freiheit haben, mich zu treffen, mit wem ich will. Ich dachte, wir wären anders als unsere Eltern.« Er stand auf. »Ich wollte es dir heute Abend sagen. Patrick hat mich erst gestern gefragt. Er muss beruflich nach Venedig. Irgendeine Tagung oder so. Nur ein paar Tage. Und er hätte gerne eine Begleitung.«

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