Der Lilienring
und wollte wieder zum Halstuch greifen, aber er entzog sich ihr. Daraufhin wurde sie ernst. Sie wartete, bis er wieder neben ihr lag, und beugte sich dann über ihn.
»Valerian, du trägst immer ein Tuch um den Hals. Ich weiß. Und ich bin nicht so dumm, dass ich nicht ahne, weshalb. Du bist nicht mit dieser heiseren Stimme geboren, sondern sie ist Folge einer Verletzung, nicht wahr?«
»Ja, Anna, schon vor langer Zeit. Sie ist sehr hässlich anzusehen.«
Sie streichelte sein Gesicht und betrachtete ihn mit tiefem Mitgefühl.
»Der Römer, Valerian, trug seine Narbe quer über sein Gesicht. Glaubst du, er hätte sie auf seinem Abbild geduldet, wenn jemand ihn deshalb verachtet oder sich vor ihm geekelt hätte.«
»Meine Stimme ist schon entsetzlich genug, Anna.«
Sie knüpfte das Tuch auf, und er wehrte sich nicht, sondern blieb seltsam erstarrt liegen. Das Fleisch um seinen Hals war einst zackig zerrissen, jetzt narbig und verwachsen. Doch es war lange nicht so schrecklich, wie er wohl glaubte. Marie-Anna legte ihren Arm um seinen Nacken und ihren Kopf an seine Brust. Sie war warm, und sein Herz schlug gleichmäßig und kräftig an ihrer Wange. Aber sehr schnell.
Langsam löste sich seine starre Haltung, und er atmete tief durch. Dann legte er seine Arme um sie, zog sie ein Stück höher und drehte sich so um, dass sie neben ihm zu liegen kam. Mit einer raschen Bewegung hatte er ihr die Ärmel von den Schultern geschoben und streichelte ihre Halsbeuge. Auch das Band, das das Hemd unter der Brust zusammenhielt, war plötzlich gelöst, und der Stoff rutschte über ihren Busen nach unten.
»Ich habe ebenfalls das Bedürfnis, bloße Haut zu spüren.«
Seine Hände glitten über die weichen Rundungen ihrer Brüste, und nicht nur die Kühle des Zimmers brachte es mit sich, dass sich die Spitzen aufrichteten. Vorsichtig nahm er die eine zwischen die Finger und rieb sie. Marie-Anna stöhnte leise auf, griff nach seinem Kopf und zog ihn zu sich. Er drückte ihren Busen mit der Hand etwas hoch und umfasste die rechte harte Warze mit seinen Lippen. Seine Zunge spielte mit ihr, während seine Finger sich der Erkundung weiterer empfindlicher Stellen widmeten. Wie Marie-Anna nun feststellen
konnte, war an den Gerüchten, Valerian Raabe sei ein guter Liebhaber, jede Menge Wahres. Er war zärtlich und einfallsreich, lockend und fordernd. Aber dann kam der Moment, an dem er mit seinen Liebkosungen innehielt und fragte: »Und was ist das, Liebste?«
Marie-Anna, die von Schaudern durchschüttelt war, musste dennoch kichern.
»Das Band vom Schwämmchen.«
»Oh.«
»Schlimm?«
»Ich weiß Frauen zu schätzen, die wissen, was sie wollen. Und was nicht.«
»Das grenzt aber stark an Eigensinn, Monsieur!«
»Und deutet auf große Klugheit.«
Mit neuer Intensität nahm er seine Tätigkeit wieder auf, und als sie ihn empfing, löste sich die Welt für sie auf. Eine Zeit, die sie nicht zu messen imstande war, schwebte sie wie auf langsam rollenden Wogen. Nur mühsam kehrte sie zurück aus der warmen, wiegenden Weite und nahm ihre Umgebung wahr.
Die Felldecke war zur Seite geglitten, doch das Zimmer war warm, in zwei Bronzebecken glomm rote Glut. Eine dreiflammige Öllampe brannte an der Wand und eine weitere dicke Wachskerze in einem hohen Halter. Auf dem runden, dreibeinigen Tisch standen eine gläserne Karaffe mit Wein und ein Korb mit Früchten und Backwaren. Der Mann neben ihr hatte die Augen geschlossen und sah ruhig und vielleicht sogar glücklich drein. Die entstellte Seite seines Gesichtes war ihr zugewandt, doch sie zögerte nicht, die Narbe, die sich von der Stirn über das Auge bis hin zur Oberlippe zog, sanft zu streicheln. Er öffnete die Augen und sah sie an.
»Annik«, murmelte er, und sie antwortete ihm, wie er es sich wünschte.
»Dominus – Geliebter.«
»Bin ich das?«
»Ich fühle so, Valerius.«
»Ich will dich in meinen Armen halten, mein Herz. Es ist schöner, als ich es mir je erträumt habe.«
»Habt Ihr geträumt?«
»Manchmal. Ja, Annik, ich habe schon lange davon geträumt.«
Sie strich noch einmal über seine Brust und legte dann ihren Kopf wieder an seine Schulter. So schliefen sie ein.
»Valerian?«
»Marie-Anna, habe ich dich geweckt?«
»Nein, nein. Es ist so seltsam. Ich...«
»Du hast geträumt, mein Herz. Und mich im Traum Dominus genannt, deinen Herren.«
»Ja, ein anderes Zimmer, eine andere Zeit, und doch warst du bei mir.«
»Sie wird blond gewesen sein wie du,
Weitere Kostenlose Bücher
Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn Online Lesen
von
Sandra Regnier
,
Teresa Sporrer
,
Jennifer Wolf
,
Cathy McAllister
,
Natalie Luca
,
Jennifer Jäger
,
Melanie Neupauer
,
Katjana May
,
Mara Lang
,
Lars Schütz
,
Pia Trzcinska