Der Lilith Code - Thriller
und zwölf Stunden später der amerikanische Sicherheitschef, dass das seit Jahren gefürchtete Netzwerk Al-Qaida aus all ihren Stützpunkten weltweit nur zwei Fragen hatte: Was ist da los? Und stecken WIR dahinter? Eine Terrorgruppe kann durch Korruption und Werteverlust dekadent wie der »Leuchtende Pfad« in Kolumbien werden, sich wie die ETA im jahrzehntelangen Kampf aufreiben, in eine politische Macht aufgehen wie die IRA. Aber eine Terrorgruppe sollte nicht von der eigenen Idee links überholt werden. Das Bulletin, das der Präsident der Vereinigten Staaten kurze Zeit später im Roosevelt-Raum, dem Sitzungszimmer des Weißen Hauses, erhielt, war dann auch noch etwas vage formuliert. »Es gibt keinerlei Erkenntnisse, dass Qaida hinter den Unruhen steht.« Seine Mitarbeiter schwiegen, warteten auf eine Reaktion des Präsidenten und Oberbefehlshabers der amerikanischen Streitkräfte. Der aber stand nur schweigend auf und ging hinüber ins Oval Office.
Nichts ist für den Staatschef einer Supermacht unangenehmer als der kurzzeitige Verlust eines liebgewonnenen Feindbildes. Es hatte massive Zusammenstöße in den Großstädten der USA zwischen Muslimen und der Polizei gegeben. Die Situation drohte ähnlich zu eskalieren wie in den sechziger Jahren in den Ghettos der schwarzen Bevölkerung. Entführungen, Geiselnahmen und Demonstrationen weltweit. Statt eines kurz aufflammenden wütenden Protesteshatte sich offenbar die islamische Welt entschlossen, sich langfristig zu widersetzen. In mehreren Telefonaten hatte der Präsident seinen britischen Kollegen für diese seiner Meinung nach lausige Pressekonferenz gerügt. Gerade hatte er mit mehreren Initiativen in der arabischen Welt wieder Boden gutgemacht, Glaubwürdigkeit erzeugt, die sein Amtsvorgänger auf unfassbar dämliche Art und Weise zerstört hatte. Der hatte viel versprochen und nichts gehalten. Damit hatte sein Vorgänger auf Monate jeden Respekt verloren. Ihm sollte das nicht passieren.
Sie waren auf einem guten Weg gewesen. Die Israelis beschädigten sich mit ihrer Hardliner-Politik selbst, da konnte er ruhig zusehen und sich als neutraler Vermittler wunderbar positionieren. Selbst die Bildung der Arabischen Union wäre für den Präsidenten erst einmal kein größeres Problem gewesen. Die Führer waren allesamt jung und damit laut Aussage seines Sicherheitschefs auch sicher führbar oder sogar steuerbar, erst recht, wenn die ersten Erfolge nicht eintraten und Unterstützung, gleich welcher Art, seitens seines Landes durchaus erwünscht war. So hatten sie immer ihre Politik geformt, so wäre es auch jetzt gutgegangen. Aber nun diese völlig überzogene, äußerst ärgerliche Aktion mit diesen Schriftstücken.
»Mr. President?« Er schaute aus dem Fenster, sah seiner Frau und seinen beiden Kindern zu, wie sie mit dem Hund spielten. Er selbst hatte Hunde immer abgelehnt, sie rochen, wälzten sich im Kot anderer Hunde – kurz: Sie waren abstoßend, aber zwingend notwendig für die idyllischen Bilder einer perfekten amerikanischen First Family. Das Bild beruhigte ihn. Und so reagierte er auch verzögert, als sein Sicherheitschef die Tür zu seinem Büro öffnete. »Wir haben ein Problem.«
Der Präsident drehte sich langsam um. Er ahnte, dass jetzt keine gute Nachricht seine melancholische Stimmung verbessern würde.
»Der Iran hat soeben gefordert, dass die britische Regierung sich für die Pressekonferenz entschuldigt, die Verantwortlichen in ein Land mit islamischer Rechtsprechung ausliefert und auch Israel sich zu seiner Verantwortung bekennt. Der Iran hat sehr gute Beweise, dass die Archäologen vom Mossad geführt und bezahlt wurden.«
»Ist das wahr?« Der Präsident konnte seinen Zorn kaum verbergen.
»Ja, Sir. Uns gegenüber haben die Israelis es zwar nicht eingeräumt, aber eben auch nicht dementiert. Ein sicheres Zeichen.«
»Das ist, als ob man einen Benzinkanister in ein brennendes Haus werfen würde. Verdammt. Dann sollen sie die Suppe auch auslöffeln, die sie uns eingebrockt haben. Wir verhalten uns still.«
»Sir, ich fürchte, das können wir nicht.«
»Warum nicht?«, schrie der Präsident. Er hatte es satt, seit seiner Amtseinführung nur als Krisenmanager tätig zu sein, statt nachhaltig Reformen und neue Ideen umzusetzen.
»Sir, der Iran hat ein Ultimatum gestellt. Sollte es nicht erfüllt werden, droht der Iran mit dem Einsatz seiner nuklearen Waffen gegen Israel.«
Jableh bei Lattakia, 21. 06., 4.15 Uhr,
Wenn die
Weitere Kostenlose Bücher