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Der Lilith Code - Thriller

Der Lilith Code - Thriller

Titel: Der Lilith Code - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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dabei.«
    Der Alte drückte den Rest seiner Zigarette auf dem Boden aus und steckte den Stummel in die Seitentasche seiner Weste. »Mein Lieber, wenn wir hier nicht bald sehen, woher der Feind wirklich kommt, sind wir alle verloren. Der Greis sieht kein Licht. Besorg diese Fundstücke.«
    Der Soldat schwieg. Anders als der Alte wollte er nicht diesem Scharlatan vertrauen, und mit diesem archäologischen Zeug wollte er auch nicht unnötig seine Zeit verschwenden. Mühsam unterdrückte er seine Widerworte und malte weiter im Sand. Irgendwo tief in seinem Innern wühlten die Leere und die Trauer über die verpassten Chancen seines Lebens in ihm. Doch er klammerte sich auch diesmal an seine soldatische Disziplin. Nur lange würde er das nicht mehr schaffen. Er sah auch nicht dem Alten hinterher, als der zwischen den Steinen verschwand.

Aleppo, 15. 06., 13.12 Uhr
    Oh El! Oh Söhne Els!
    Oh Versammlung der Söhne Els!
    Oh Zusammenkunft der Söhne Els
    …
    Oh El und Aschirat
    Sei gnädig, oh El
    Sei Stütze, oh El
    El, eile, El, komm schnell
    Zur Hilfe Zaphons,
    Zur Hilfe Ugarits
    Mit der Lanze, oh El,
    mit der erhobenen, oh El.
    Mit der Streitaxt, oh El,
    mit der zerschmetternden, oh El.
    Gebet an El, Ugarit, 1300 v. u. Z.
     
    Sie saß an der Wand im Innenhof auf einer Chaiselongue und blickte hinauf zu den Antennen und Wäscheleinen, ein Bild, das eher Alltag und nicht Gefahr verhieß. Sie hatte ihre blonden Haare zu einem Knoten gebunden. Jan blieb noch einen Augenblick neben der Tür stehen. Diese Österreicherin bewegte sich keinen Millimeter. Regina starrte einfach nach oben. Sie hatte die Cargohose gegen eine sehr enge Jeans und das Sweatshirt gegen ein weißes Hemd getauscht. Um den Hals trug sie einen Leinenschal. Ihre kräftigen Hände ruhten auf dem Tisch vor ihr. In ihren Fingern der gesunden Hand glomm eine Zigarette. Jan ging auf sie zu, und ehe er sie begrüßen konnte, drehte sie sich um und lächelte ihn an.
    »War das der sechste Sinn?«, fragte er.
    »Nein, die Spiegelung des Fensters auf der anderen Seite.« Regina zeigte auf den freien Platz gegenüber, einem Diwan mit roten Polsterteilen. »Gut geschlafen?«
    »Ja, sehr gut. Ich konnte schon immer gut nach der Arbeit einschlafen.«
    »Was führt Sie … dich hier nach Syrien?« Regina lächelte. Im Taxi gestern hatte Jan ihr das Du angeboten.
    »Eine lange Geschichte, aber erst brauche ich einen Kaffee.« Er winkte dem Ober, deutete auf die leere Tasse und hob zwei Finger. Der Ober nickte nur müde.
    Regina begann von ihrem Fall zu erzählen. Etwas an der Art ihrer Erzählung, die so nüchtern und lakonisch war, gefiel Jan. Der Kaffee kam, und er hörte zu. Mitten in ihren Ausführungen über die verschwundene Almut fragte Regina unvermittelt: »Und wie bist du in dieses Krankenhaus gekommen?«
    Jan stutzte. Konnte er ihr vertrauen? Aber sie hatte ihm einiges von sich erzählt, daher glaubte er, ihr auch ein paar Erklärungen schuldig zu sein. Also erzählte er ihr von Ed und dem Kreuz, dem Kloster und dem Jungen.
    »Vielleicht liegt er tatsächlich in einem anderen Krankenhaus, aber du hast die Zustände dort gesehen. Da wird doch nicht einfach ein namenloser Patient abgeholt, damit man ihn besser behandeln kann.«
    Regina zuckte mit den Schultern. »Kann das nicht auf Anweisung eines deiner Kollegen passiert sein, um auch Platz auf der Intensivstation zu bekommen?«
    Jan überlegte. »Mag sein, vielleicht bin ich auch nur ein wenig paranoid.« Er lächelte matt. »Was hat es denn jetzt mit dem Tagebuch auf sich?«
    Regina schaute ihn an. Er war eigentlich so gar nicht ihr Fall. Groß, fast hager, zwar sportlich und sehnig, aber eben nicht muskulös und durchtrainiert. Ihre Liebhaber hatte sie fast ausschließlich aus Polizei- oder Sondereinheiten rekrutiert. Nicht die schlauesten Kerle, aber sie strengten sich im Bett mächtig an und ließen sich am nächsten Morgen auch still wegschicken. Dieser Mann hingegen war Arzt, er roch förmlich nach einer reichen Herkunft und strömte mit seinem ausgeprägten Selbstbewusstsein und seiner stillen Beharrlichkeit deutsches Bildungsbürgertum aus. Immer schon hatte sie sich im ersten Moment gegenüber dieser sozialenSchicht kleiner gefühlt und diesen Nachteil mit übertriebener Ruppigkeit oder Arroganz zu überspielen versucht. Aber seine grünen Augen, die kräftigen, an einigen Stellen schon grauen Haare, die breiten Schultern und das helle, ehrliche Lachen hatten sie gleich zu Anfang im Krankenhaus

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