Der Linkshänder – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
aufschreiben.«
»Aber dann ran, Partner«, sagte er. »Los, finde den Knochen.«
Mit diesen anfeuernden Worten im Ohr konnte ich den Rest des Tages auf die Hörner nehmen. »Los, Randy«, sagte ich. »Machen wir uns dreckig.«
In einem kleinen Restaurant am Ende der Straße nahmen wir ein rasches Mittagsmahl zu uns, fuhren dann zur Leverette Street und parkten den Wagen in der Mitte des Blocks am Bordstein. »Wie sollen wir vorgehen?« fragte ich. »Sollen wir uns aufteilen oder bleiben wir zusammen?«
»Teilen wir uns auf«, sagte er. »Ich nehme diese Seite.« Er wies auf die Straßenseite, auf der Maria einst gelebt hatte. »Um der alten Zeiten willen.«
»Das leuchtet ein«, sagte ich. »Das Haus daneben kannst du gleich auslassen.«
»Die Dame, die dachte, du versuchst das Geheimnis der verschwundenen Treppe zu lösen? Ich fand sie toll.«
»Wie schön. Dann trink doch Tee mit ihr. Ich fange einfach an und versuche nicht daran zu denken, wie blöd ich mich anhöre. Wenn mich jemand fragte, ob ich mich an eine Wahrsagerin erinnern könnte, die vor dreißig Jahren mal auf der anderen Straßenseite gewohnt hat, würde ich ihm die Tür ins Gesicht schlagen.«
»Alex, du lebst in einer Hütte mitten im Wald.«
»Du machst das mit Absicht, gib es zu«, sagte ich. »Fang endlich an.«
Ich ging bis ans Ende des Blocks und klopfte an die erste Tür. Ein schwarzer Teenager öffnete mir. Er trug Kopfhörer. Ich begann meinen Spruch. Als ich bei der ersten Frage angekommen war, starrte er mich nur an. Dann setzte er die Kopfhörer ab. Ich fing wieder von vorne an.
»Ich suche jemanden, der 1971 in diesem Block gelebt hat«, sagte ich. »Ich weiß, daß Sie damals noch nicht geboren waren, aber wohnt hier irgendwer, der vielleicht damals schon hier war?«
»Wir sind gerade eingezogen«, sagte er. »Letztes Jahr.«
»Ist Ihr Vater oder Ihre Mutter da? Kann ich sie fragen, ob sie sich an jemanden erinnern, der vor Ihnen hier gewohnt hat?«
»Keiner hier«, sagte er. »Die sind alle weg bis Montag.«
»Okay«, sagte ich. »Kann ich meine Karte dalassen?«
»Klar«, sagte er. Er nahm die Karte entgegen und sah sie sich an. »Sie sind Privatdetektiv, steht da.«
»Sozusagen«, meinte ich.
»Tragen Sie eine Waffe?«
»Nein.«
»Aber auf der Karte sind zwei Pistolen.«
»Das war nicht meine Idee«, sagte ich. »Sehen Sie, ich lasse Sie sich jetzt in Ruhe auf die Party vorbereiten. Ich will nicht länger stören.«
»Party?« sagte er. »Welche Party?«
»Sie haben gesagt, daß Ihre Familie bis Montag weg ist. Als Teenager allein zu Hause, da denke ich doch, daß die Party bei Sonnenuntergang abgeht, stimmt’s?«
»Oh Mann«, sagte er. »Geht es darum ? Meine Mom schickt mir einen Detektiv vorbei, um zu sehen, ob ich ’ne Party feiere, wenn sie weg ist?«
»Nein«, sagte ich. »Bitte. Ich suche wirklich nach jemandem, das schwöre ich.«
Als ich endlich ging, war er immer noch nicht ganz überzeugt. Was vielleicht seine Party ruinierte, weil er davon ausgehen würde, daß ich das Haus im Auge behielte. Nachdem ich ihm gründlich den Tag verdorben hatte, ging ich zum nächsten Haus.
Dieses Mal traf ich auf einen älteren schwarzen Mann und sah meine Chancen steigen. Er wirkte alt genug, um schon 1971 hier gelebt zu haben. Aber es stellte sich heraus, daß er erst 1994 eingezogen war. Und er konnte sich auch nicht erinnern, wer vor ihm dort gelebt hatte. Ich bedankte mich und ging weiter, und als ich das nächste Haus hinter mir hatte, zeichnete sich ein Muster ab. Jeder war neu hier im Viertel. Weniger als zehn Jahre. Niemand hier hatte Bindungen an die Gegend, die vor 1990 zurückreichten.
Als ich mit meiner ganzen Seite fertig war, ging ich zurück zum Lastwagen und wartete auf Randy. Er brauchte erheblich länger für seine Seite, weil er sich natürlich überall hinstellen würde und über das Wetter plaudern, die Tätowierung auf seinem Arm und die Detroit Tigers, und es konnte durchaus sein, daß er auch dem allerletzten noch die Geschichte von seinem einzigen Inning im Tiger Stadium erzählen würde.
Ich sah an seiner Straßenseite auf und ab, konnte ihn aber nirgends sehen. Vielleicht ist er in einem der Häuser, dachte ich, und trinkt mit jemandem ein kaltes Bier. Ich hätte hingehen können und ihn suchen und ihm dann beim Rest seiner Seite helfen können. Aber meine Augen schmerzten noch vom Flirren der Mikrofilme. Ich setzte mich in den Wagen und wartete auf ihn. Und irgendwann begann ich
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