Der Linkshänder – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
gefunden?«
»Nichts«, sagte er. »Zumindest sah es damals nach nichts aus. Ich habe einen Datensatz mit alten Zeitungsartikeln durchsucht, nach Schlagzeilen über Harwood. Weißt du, ob ich einen Artikel fände, daß man Harwood wegen Belästigung verhaftet habe. So was in der Art. Aber ich habe nichts gefunden. Da habe ich es sein lassen. Aber dann ist mir eingefallen, daß ich bei der Sucherei irgendwo die beiden Namen zusammen gesehen habe. Harwood und Zambelli.«
»Wo hast du sie zusammen gesehen, Leon? Hast du die Stelle wiedergefunden?«
»Klar. Ich mußte doch nur zurückgehen und nach Artikeln suchen, in denen beide Namen auftauchten. Ich habe sie hier. Harwood-Zambelli, eingetragene Gesellschaft. Eine Bauentwicklungsgesellschaft, gegründet 1969. Sie wurden anläßlich öffentlicher Ermittlungen im Jahre 1977 erwähnt, nachdem sie ein Grundstück vom Staat gekauft hatten. Es bestand ein Verdacht auf verbotene Preisabsprachen, aber es ist nie zu einer Anklage gekommen.«
»Harwood-Zambelli«, sagte ich. »Standen irgendwo die Vornamen?«
»Nein, aber ich kann weitersuchen.«
»Grundstücke, soso? Rein aus Neugierde – wo liegt das Land, das sie gekauft hatten?«
»Irgendwo in der Nähe von Traverse City.«
»Das liegt zwei Stunden nördlich von hier. Hast du sonst noch was über die Sache?«
»Im Moment ist das alles. Ich dachte mir aber, daß du das wissen willst. Für den Fall, daß es eine Verbindung gibt.«
»Das wäre schon ein verdammt komischer Zufall, wenn es keine gäbe«, sagte ich. »Verdammt noch mal, Leon, du leistest exzellente Arbeit, auch wenn du den ganzen Tag nur auf deinem Arsch sitzt.«
»Und was wirst du jetzt machen?«
Ich sah auf Marias Wagen, weniger als zehn Meter von mir entfernt. »Ich habe so ein Trockenheitsgefühl«, sagte ich. »Ich glaube, ich muß was trinken.« Ich legte auf, stieg aus dem Wagen und ging geradewegs durch die Eingangstür.
Nichts passierte. Es war überhaupt nicht so wie die Szene im Saloon, wenn der gefürchtete Revolverheld die Schwingtür aufstößt, das Piano zu spielen aufhört, und jeder sieht zur Türe. Niemand nahm von mir Notiz. Alle kauten weiter an ihrem Frühstück oder ihrem Brunch oder tranken ihr frühes Bier.
Maria saß an derselben Stelle wie am letzten Abend. Sie saß da, las Zeitung, und vor ihr auf der Theke stand ein leerer Teller. Ich ging direkt zu ihr hin und setzte mich neben sie.
»Ms. Zambelli«, sagte ich. »Guten Morgen.«
Sie legte die Zeitung nieder und sah mich an. Ich hatte zum ersten Mal Gelegenheit, sie aus der Nähe zu sehen, und, bei meiner Seligkeit, sie hatte Augen, die einen Mann zum Dichten bringen konnten.
Oder, Teufel noch mal, dazu, Romeos Arie zu singen. Auf französisch.
Die letzte Frau mit solchen Augen, die ich gekannt hatte, war Sylvia Fulton gewesen, und diesen Augen war ich anderthalb Jahre lang verfallen gewesen, bis sie dann endlich verschwunden war. Marias Augen waren dunkler, aber sie hatten dieselbe Wirkung – man bekam das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, wenn man in diese Augen sah.
»Kenne ich Sie?« fragte sie.
Der Mann hinter der Theke mischte sich ein, bevor ich überhaupt etwas sagen konnte. Er lehnte sich so weit über den Tresen, daß sein Gesicht vielleicht noch dreißig Zentimeter von meinem entfernt war, und sagte: »Was zum Teufel machen Sie hier?«
Als ich gestern abend zum ersten Mal hier in die Stadt gekommen war, war es schon etwas komisch gewesen, daß ich Maria auf der Stelle gefunden hatte. Ich war bloß in die einzige Kneipe gegangen, und schon saß sie da. Aber danach hatte es nicht sehr lange gedauert, um einzusehen, warum sie sich für jedermann sichtbar verstecken konnte. Mit Sicherheit gab es in ihrer Umgebung genügend viele Schwerbewaffnete, die ihr zu Hilfe kamen.
»Sie heißen doch Harry, wenn ich mich recht erinnere«, sagte ich. »Wo ist denn Rocky? Ich hätte ihm gerne Tach gesagt, als ich reinkam.«
»Sie haben zehn Sekunden, um von hier zu verschwinden.«
»Klar, und sie zählen jetzt bis zehn«, sagte ich. »Das wirkt bei mir immer.« Ich warf zwei Scheine auf den Tresen. »Und dann bringen Sie mir ein Bier.«
Er sah die Scheine nicht an. Er holte mir auch kein Bier. Statt dessen trat er genau einen Schritt zurück und griff dann, ohne mich aus den Augen zu lassen, zum Telefon, das an der Wand hing.
»Laß mal, Harry«, sagte sie. »Bevor du ihn verhaftest, wollen wir doch mal hören, was er zu sagen hat. Vielleicht ist es
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