Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)
identifiziert.
Verblüfft hielt Danni inne und las den letzten Satz noch einmal. Niall Ballagh war der mutmaßliche Mörder? Niall Ballagh? Ein Verwandter von Sean Ballagh?
Gerüchte, dass das sagenhafte Buch von Fennore auf der Insel aufgefunden worden sei und als Katalysator des Gewaltausbruchs in jener Nacht gewirkt habe, haben das Rätsel um die scheußlichen, brutalen Morde noch vergrößert und eine internationale Suche nach den Opfern, die nie gefunden wurden, in Gang gesetzt.
Cáthan MacGrath, Ehemann und Vater drei der Opfer, ist der einzig bekannte Überlebende. MacGrath' Augenzeugenbericht stellt Niall Ballagh als verdrehten, eifersüchtigen Mann bei einem Amoklauf dar, bei dem MacGrath' Ehefrau und Kinder ums Leben kamen und Cáthan MacGrath schwer verletzt wurde.
Unter Zuhilfenahme von MacGrath' Bericht zu den Ereignissen versuchten Ermittler, den Auslöser für Ballaghs Taten herauszufinden, doch ohne Erfolg, da eine bei dem Angriff davongetragene Kopfverletzung MacGrath' Gedächtnis stark beeinträchtigt hatte und seine Erinnerungen an die Vorfälle daher nicht zuverlässig waren. MacGrath war auch nicht in der Lage, zur Aufklärung des späteren Todes von Ballaghs Sohn oder dem der nicht identifizierten Frau beizutragen, die mit ihm begraben war.
Zu den Gerüchten über das Buch von Fennore und dessen mögliche Entdeckung auf der Insel befragt, wies Cáthan MacGrath alle Spekulationen zurück und warf den Medien lächerlichen Sensationalismus vor.
Chefinspektor Byrnes Antwort war ganz ähnlich: »Wenn so viele unschuldige Menschen getötet werden, sucht die Öffentlichkeit eine Erklärung, die die Vorfälle begreiflich macht. Leider wird es für einige Dinge jedoch nie eine Erklärung geben.«
Von der Polizei ermittelte Beweise bestätigen Cáthan MacGrath' Darstellung der Geschehnisse in jener Nacht, ohne die Leichen der mutmaßlichen Opfer aber ist viel davon nicht schlüssig.
Danni runzelte die Stirn und starrte die Worte an, doch in Gedanken sah sie wieder die Vision von diesem Morgen. Der Junge, den sie in dem Grab gesehen hatte - war das Niall Ballaghs Sohn? Wer sonst könnte es sein? Aber wenn es derselbe Junge war, wie - oder warum - hatte die Vision dann Danni mit ihm in das Grab gelegt? Er war vor zwanzig Jahren gestorben, als sie noch ein Kind gewesen war. Ihr Stirnrunzeln vertiefte sich, als sie versuchte, sich genauer an das Gesehene zu erinnern. Doch wie in einem Traum waren ihre Erinnerungen nur verschwommen und sehr bruchstückhaft.
Und was war mit den Gerüchten, dass das Buch von Fennore angeblich gefunden worden war? War das der Grund, warum ihre Mutter es ihr gezeigt hatte? Danni scrollte weiter, in der Hoffnung, noch mehr zu dem Artikel zu finden, doch statt Text fand sie nun Bilder.
Das erste war eine grobkörnige Schwarz-Weiß-Aufnahme. Die Bildunterschrift lautete:
Niall Ballagh, einziger Verdächtiger der Fennore-Morde.
Danni zögerte einen Moment, bevor sie dem Menschen in die Augen sah, der beschuldigt wurde, bis auf ihren Vater ihre ganze Familie ausgelöscht zu haben. Und es widerstrebte ihr natürlich auch, den Mann zu sehen, der angeblich auch sie ermordet hatte. Nur langsam hob sie den Blick und schaute ihm ins Gesicht, wohl wissend, dass mindestens zwei der Opfer zu der Zeit, als er Selbstmord begangen hatte, noch am Leben gewesen waren.
Es hätte sie nicht überraschen dürfen, dass sie ihn erkannte. Er war der Mann, der mit ihrer Mutter in der Höhle gewesen war. Niall Ballagh war ihr nicht bedrohlich vorgekommen, als sie ihn dort gesehen hatte. Tatsächlich war er sogar alles andere als das gewesen. Sie erinnerte sich noch gut, wie er die Hände erhoben hatte, mit den Handflächen nach oben, und versucht hatte, den anderen Mann im Dunkeln zu beschwichtigen. Danni dachte darüber nach. In dem Artikel stand, dass die Verletzung ihres Vaters sein Gedächtnis beeinträchtigt und unzuverlässig gemacht hatte. Was hatte er tatsächlich in jener Nacht gesehen? Was hatte er sich nur eingebildet - oder geglaubt, gesehen zu haben? Danni erinnerte sich nicht einmal daran, dass er in der Höhle gewesen war. Dann musste er später erschienen sein. Vielleicht hatte ihre Vision geendet, bevor Niall Ballagh ausgerastet war.
Nialls von Kummer überschattete Augen starrten sie von dem alten, schon fast sepiabraunen Foto an. Wie Sean war er ein hochgewachsener, kräftiger Mann mit breiten Schultern, muskulösen Armen und großen Händen. In einem Regenmantel und
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