Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)
treffen sollte, doch ich konnte sehen, dass mir keine andere Wahl blieb. Ich trug schon Brions Kind unter dem Herzen, und allein hatte ich diesem Baby nichts zu bieten. Deshalb stimmte ich ihrem Vorschlag zu.«
Dannis Augen weiteten sich, als sie auf Colleens nächste Worte wartete.
»Und so heiratete ich einen Mann mit einem guten Herzen und einem hilfsbedürftigen Baby, der auch einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatte, weil ihm ebenfalls keine andere Wahl geblieben war. In jener Zeit lehnte man ein Haus und Land nicht aus moralischen Prinzipien ab. Michael nahm mich zur Frau, aber er wusste, was ich vereinbart hatte, und mochte mich deswegen nicht. Was Brions Frau anging, so spielte sie ihre Rolle ganz hervorragend. Sie erblühte förmlich während ihrer ›Schwangerschaft‹, und die ganze Stadt bejubelte sie. Ich zeigte Brion die kalte Schulter, und sie gewann ihn zurück mit ihren Versprechungen, ihm ein Kind zu schenken. Aber sie bekam nicht alles, was sie wollte, denn er hörte nie auf, mich zu lieben.«
Colleen schüttelte betrübt den Kopf. »Ich war klein und konnte meine Schwangerschaft sehr lange verbergen, während sie ihren Zustand so übertrieb, dass die meisten glaubten, ich wäre erst im fünften oder sechsten Monat, als ich in Wirklichkeit bereits im neunten war und sie so weit war, jeden Moment zu ›gebären‹. Sie spielte die Hebamme für mich, und ich glaube, tief in ihrem Herzen hoffte sie, dass ich die Geburt nicht überleben würde. Sie und Michael hofften das wohl beide. Aber ich brachte ein gesundes Kind zur Welt, als hätte ich das schon hundertmal getan. Ich legte dieses winzige Bündel Mensch nur einmal an meine Brust, und dann nahm sie es mir weg, ließ mich allein mit den Schmerzen der Muttermilch und dem Kind einer anderen Frau, um die Leere in meinem Herzen zu füllen, den mein eigenes Baby hinterlassen hatte. Wäre ich stärker gewesen, hätte ich mich umgebracht.«
Zutiefst berührt von diesen letzten Worten, machte Danni halt. Sie hatte noch immer Mühe, sich Colleens Geschichte zu verdeutlichen oder das Gesagte zu verarbeiten.
Colleen, die nichts davon zu merken schien, fuhr fort: »Es war die schlimmste Art von Qual für mich, sie und Brion mein Baby im Kinderwagen herumschieben zu sehen. Aber der gute Herr Jesus hat einen sehr eigenwilligen Humor und einen gnadenlosen Sinn für die Ironie des Lebens. Obwohl beide den Anschein einer glücklichen Familie erweckten, konnte Brion sich doch nie mit dieser wundersamen Geburt anfreunden und glaubte, dass Marga ihn mit einem anderen Mann betrogen hatte. Dass ich, wie er annahm, nie von ihm schwanger geworden war, bestärkte ihn nur in seiner Überzeugung, dass er nicht fähig war, ein Kind zu zeugen.«
»Aber das Baby war seins«, sagte Danni. »Und deines.«
Colleen nickte und beobachtete sie dabei. Und plötzlich realisierte Danni, was ihr Verstand bis dahin nicht hatte erfassen wollen.
»Warte mal! Soll das etwa heißen ...?«
»Ja, so ist es, Kind. Dein Vater war mein Sohn.«
»Aber das hieße doch, dass du ...«
Colleen nickte. »Genauso ist es.«
»Aber was ist mit Niall? Wer ist er?«
»Michaels Kind von seiner toten Frau. Aber natürlich liegt er mir genauso sehr am Herzen, als wäre er auch mein Sohn.«
Danni konnte einen Seufzer der Erleichterung nicht unterdrücken. Niall war also nicht ihr Onkel. Es bestand keine Blutsverwandtschaft zwischen ihr und Sean.
»Nun weißt du, wer du bist und woher du kommst«, sagte Colleen leise. »Du entstammst den Geschlechtern der Ballaghs und MacGrath - Familien, deren Geschichte weiter zurückreicht als die menschliche Erinnerung.«
Überwältigt von allem, was sie erfahren hatte, aber auch beunruhigt wegen der vielen Einzelheiten, die Colleens Geschichte ihrer Meinung nach noch fehlten, runzelte Danni die Stirn. »Warum hieltst du es für so wichtig, mir das alles zu erzählen? Doch wohl sicher nicht nur, um mir klarzumachen, wer meine Großeltern sind?«
»Aye, das ist schon richtig. Du wolltest wissen, wie du hergekommen bist. Um das zu beantworten, musst du wissen, dass es in deiner Familie viele Menschen gibt, die die Zukunft gesehen und ihr eigenes Schicksal abgewandelt haben.«
»Und wie haben sie das getan?«, wollte Danni wissen.
»Das kann ich dir nicht sagen, Kind. Würde ich es nicht selbst tun, wenn ich wüsste, wie das geht?«
»Du hast mich hierher gebracht, weil du glaubst, ich könnte etwas verändern ...«
»Wie oft soll ich dir denn noch
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