Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)
Danni schließlich, als sie das offensichtliche Unbehagen in Colleens Gesicht und Haltung sah. Sie erzählte die Geschichte nicht gern, aber aus irgendeinem Grund sah sie sich dazu gezwungen.
»Du hast mich gefragt, ob ich weiß, wer du bist. Das tue ich, Danni. Also hör zu, damit du es auch erfährst!« Wieder hielt Colleen inne, um tief Luft zu holen, bevor sie weitersprach: »Er sagte, er wolle mich haben, und er bekam auch seinen Willen, obwohl ich ihn länger auf Abstand hielt, als die meisten Frauen es vermocht hätten. Er war ein schöner Mann, unser Brion MacGrath, und er war sanft und zärtlich. Ich begann zu glauben, er liebte mich. Und das glaube ich noch immer. Doch das war etwas Schreckliches, weil ich etwas gesehen hatte, woran er bisher nicht einmal gedacht hatte - in meiner Vision hatte ich gesehen, wohin uns diese Liebe führen würde. Als ich merkte, dass ich ein Kind erwartete, war das etwas ganz Entsetzliches für mich. Ich hatte mir eingeredet, es würde nicht so kommen, wie ich es vorausgesehen hatte. Doch nun trug ich ein uneheliches Kind unter dem Herzen und hatte keinen anderen Ort, wohin ich gehen konnte, als zurück zu den schmutzigen Straßen, von denen ich nach Ballyfionúir gekommen war.«
»Und was hast du getan?«
»Es war seine Frau, die mir den rettenden Vorschlag machte.«
»Seine Frau?«
»Aye. Sie ließ mich nach oben in ihre Zimmer rufen, und mir war klar, warum. Ich wusste, dass sie uns gesehen oder den Dienstbotenklatsch gehört haben musste. Ich war zutiefst beschämt, als ich vor ihr stand. Sie sagte, was ihren Ehemann angehe, sei ich nur eine von vielen Frauen, die er hatte und auch in Zukunft haben würde. Er würde das Interesse verlieren und mich fallen lassen, sagte sie, und dann wäre ich arbeitslos und mittellos. Sie habe das vorher schon gesehen und werde es wieder sehen, meinte sie. Und dann bot sie mir eine Lösung an - eine furchtbare Entscheidung.« Colleen stockte für einen Moment. »Sie gestand mir, dass sie jahrelang versucht hatte, ein Kind zu empfangen, und nie schwanger geworden war. Sie brauchte aber ein Kind, um ihren Ehemann zu halten. Ich wusste, was es sie kostete, mir all das zu erzählen, obwohl sie sprach, als wäre sie aus Stein gemacht, ganz stolz und voller Verachtung.
Sie erzählte mir, sie kenne einen Mann in Limerick, woher sie selbst stammte. Die Frau dieses Mannes sei im Kindbett gestorben, und er brauche eine Frau, die sich um sein Baby und seinen Haushalt kümmerte. Wenn ich von Brion schwanger würde, sagte sie, würde sie dafür sorgen, dass dieser Mann mich heiratete, bevor mein Zustand zu erkennen wäre. Sie würde so tun, als wäre sie schwanger, während ich das Kind austrug, und wenn meine Zeit käme, sollte ich sie holen lassen, und wir würden behaupten, das Kind sei eine Totgeburt gewesen. Sie würde es jedoch mit nach Hause nehmen und als ihr eigenes Neugeborenes ausgeben.«
»Was? Das ging doch gar nicht«, wandte Danni ein. »Was ist denn mit dem Arzt? Und was mit der Leiche deines Totgeborenen? Wie wolltet ihr erklären, dass es keine Leiche gab? Und was ist mit dem Mann, den du geheiratet hättest? Er hätte es doch bestimmt gemerkt? Ganz zu schweigen von ihrem Ehemann - wieso glaubte sie, sie könnte ihm eine Schwangerschaft vorspielen?«
»Sie hatte alles gut durchdacht, bis zur kleinsten Einzelheit - der allerletzten Einzelheit. Mein frischgebackener Ehemann und ich sollten ein Haus mit genügend Ackerland erhalten, dazu ein paar Schafe, eine Kuh und ein Boot, denn mein zukünftiger Mann war Fischer. Ein respektables Leben. Sie erfand für uns eine Vergangenheit, die erklären würde, was wir besaßen. Wenn ich tat, was sie verlangte, würde ich keine schlechte Zukunft haben. Wenn nicht, würde sie mich als Ehebrecherin bloßstellen und der Polizei erzählen, ich hätte ihre Familie bestohlen. Mein Onkel und meine Tante, die mich aufgenommen hatten, würden mit mir gemeinsam in Ungnade fallen. Ich konnte nur zu deutlich sehen, was mich auf diesem Weg erwartete. Falls sie damit durchkam, würde ich eingesperrt und mein Kind würde mir weggenommen werden. Sollte es ihr nicht gelingen, würde Brion sie ermorden lassen, und ihr Tod würde mir für den Rest meines Lebens auf der Seele lasten - und alle in Ballyfionúir würden es wissen. Ich hatte schon einmal in meinem jungen Leben auf der Straße gelebt und hätte es nicht ertragen, dorthin zurückkehren zu müssen. Es war keine Entscheidung, die ein junges Mädchen
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