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Der Lockvogel

Der Lockvogel

Titel: Der Lockvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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der gegenüberliegenden Wand neben der Tür unterhielten sich zwei Frauen, die in dicken Steppmänteln kerzengerade auf ihren Stühlen saßen, über
die Situation des Straßenmarktes. Ansonsten war das Lokal menschenleer, abgesehen von dem jungen Mann hinter der Theke, der aussah, als müsse er Enzos Sohn sein. Mit Lock wären es sechs Personen.
    Er kam zehn Minuten später, etwas verlegen und mit schwitzender Stirn. Webster stand auf, um ihn zu begrüßen. Das war Lock, aber nicht der Lock von den Zeitschriftenfotos. Er war groß, mindestens einsachtzig – auf den Bildern hatte er kleiner ausgesehen. Er trug einen gut geschnittenen Mantel aus schwerer dunkelblauer Wolle, aber er wirkte alles andere als elegant, sondern hatte einen sandfarbenen Eintagesbart, seine Schuhe sahen feucht aus, seine graue Flanellhose war ziemlich zerknittert und hatte getrocknete Schlammspritzer am Saum. Auf den Fotos hatte er einen korpulenteren, allerdings auch geschmeidigeren Eindruck gemacht, und seine Augen waren nun müde.
    »Mr. Webster.« Er streckte seine Hand aus.
    »Mr. Lock.« Webster ergriff sie. Sie war kalt und trocken. Lock schaute Webster einen Moment lang eindringlich an, als wolle er festlegen, dass sie einander als Gleichgestellte begegneten und dass er sich nichts anderes einbilden sollte.
    Webster brach die Stille. »Was kann ich Ihnen holen? Ich befürchte, das hier ist nicht ganz das, was sie sonst gewohnt sind.«
    »Nein. Ist in Ordnung. Eine Tasse Tee, bitte.«
    Webster bestellte, und sie setzten sich hin. Lock behielt seinen Mantel an.
    »Haben Sie Ihr Handy dabei, Mr. Webster?« Webster nickte. »Dürfte ich Sie bitten, es auszuschalten und den Akku herauszunehmen? Es ist wahrscheinlich überflüssig, aber in Russland gewöhnt man sich daran.«

    Webster kannte das von den Russen; niemand sonst schien es zu tun. Er versicherte Lock, es sei kein Problem, und mühte sich einen Moment ab, die Rückseite von seinem BlackBerry zu schieben. Schließlich gab der Deckel nach. Er nahm den Akku heraus, wiederholte das Ganze bei seinem normalen Handy, lehnte sich zurück und ließ Lock den Anfang machen.
    »Danke, dass Sie sich mit mir treffen«, sagte Lock und kratzte über die Bartstoppeln an seinem Kinn. Sein Atem war schwer und schal, als hätte er zu viel Fleisch gegessen. »Ich hätte nicht … Das ist nicht zu meinem Vergnügen, wissen Sie. Ich glaube, dass wir einander vielleicht helfen können.« Er stockte. »Sie waren fleißig in den letzten Wochen.«
    Webster machte ein ernstes Gesicht und sagte nichts.
    Lock lächelte wenig überzeugend. »Ich fange an zu wünschen, wir hätten Sie zuerst engagiert.« Webster nahm das Kompliment mit einem kleinen Nicken zur Kenntnis. »Aber was mir Sorgen bereitet, ist, dass es nach Paris keine … keine Klarheit gibt. Zu viele Gerichte, zu viele verdammte Anwälte – die wahrscheinlich mehr Honorare verschlingen als Sie, vermute ich. Ich denke, das beste Resultat für alle Beteiligten wird außerhalb des Gerichtssaals vereinbart werden. Außer für die Anwälte vielleicht. Diese Sache schädigt mein Geschäft und kostet Aristoteles Geld. Ein Vermögen, wenn seine Honorarkosten so hoch sind wie unsere. Aber ich habe Schwierigkeiten, zu ihm durchzukommen. Ich dachte, an dieser Stelle könnten Sie helfen.«
    Webster nickte erneut, langsam. Das war gut: Lock redete zu viel und bot zu viel an. »Und Sie meinen, Tourna will einen Vergleich?«
    »Wenn der Betrag stimmt, ja. So funktioniert das.«

    »Ich bin nicht sicher. Ich glaube, er will Rache. Ich glaube nicht, dass es ihm wichtig ist, sein Geld zurückzubekommen. Vielleicht habe ich unrecht.« Webster nahm einen Schluck von dem dicken braunen Tee. »Und Malin? Will er?«
    »Will er was?«
    »Einen Vergleich.«
    »Das ist irrelevant. Es ist mein Geschäft. Mein Streit.«
    »Mr. Lock …«
    »Richard.«
    »Richard. Bei allem Respekt, wir werden nirgendwohin kommen mit einem Vergleich, wenn Sie nicht offen zu mir sind. Ich bin nicht verwanzt. Und hier ist niemand sonst.« Er schaute sich in dem Raum um und dann zurück auf Lock. »Das sind nicht meine Leute.« Eine Pause. »Alles, was Sie mir sagen, bleibt bei mir. Sie haben mein Wort darauf. Ich will Sie nicht austricksen.«
    Lock kratzte wieder sein Kinn und schüttelte den Kopf. »Ich bin Geschäftsmann, Mr. Webster. Ich führe ein Unternehmen. Wenn jemand dieses Unternehmen angreift, dann muss ich es schützen. Ich bin nicht sicher, dass ich verstehe, was Sie

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