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Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Titel: Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Ich suchte im Internet nach Informationen über Keijo. Auf den Mordseiten fanden sich alle öffentlichen Prozessakten, zahlreiche gescannte Zeitungsartikel, sogar ein Foto von ihm. Ich wurde zum Glück nur als vierjähriges Kind erwähnt, aus manchen Berichten ging nicht einmal hervor, ob ich ein Junge oder ein Mädchen war. Zwei der Artikel zeigten ein Bild von dem Haus in Lappeenranta, in dem wir damals gewohnt hatten. Ich erinnerte mich, dass es im Treppenhaus oft nach Hefegebäck gerochen hatte, eine unserer Nachbarinnen war eine leidenschaftliche Bäckerin gewesen. Hatte Frau Voutilainens Gebäck mir deshalb ein Gefühl der Geborgenheit gegeben, versetzte es mich in die frühe Kindheit zurück, in der ich noch keinen Verlust erlitten hatte?
    Für die Bluttat gab es wohl kein anderes Motiv als Eifersucht. Ich würde vielleicht nie erfahren, ob mein Vater Grund dazu gehabt hatte. Aber selbst wenn meine Mutter mit jedem Nachbarn geschlafen hätte, gab ihm das immer noch nicht das Recht, sie zu töten. Ich erinnerte mich nicht daran, dass fremde Männer in unsere Wohnung gekommen wären, aber im Kopf der Vierjährigen waren ohnedies nicht viele Erinnerungen haftengeblieben.
    Am Mittwoch hatte ich am frühen Abend nichts zu tun, im Restaurant war fast niemand. Also versuchte ich mein Glück bei Päivi Väänänen-Huttunen, die in Kuopio wohnte. Die Stimme der Frau, die sich meldete, klang reserviert. Sie sagte ihren Namen schnell und undeutlich, als wolle sie eigentlich nicht verraten, wer sie war.
    «Hilja Ilveskero, guten Tag. Sind Sie vielleicht mit meiner Mutter Anneli Suurluoto, geborene Karttunen, im Gymnasium in derselben Klasse gewesen?»
    Die Frau antwortete nicht sofort. Im Hintergrund war Lärm zu hören, jemand führte auf Englisch eine hitzige Debatte.
    Dann verstummte der Krach, offenbar hatte die Frau den Fernseher ausgeschaltet.
    «Was hast du gesagt, wer du bist?»
    «Anneli Karttunens Tochter. Hilja.»
    Die Frau seufzte. «Wie willst du das beweisen? Am Telefon kann sich jeder als wer weiß wer ausgeben, und ich sehe nicht mal deine Nummer auf dem Display.»
    «Ihr Foto ist im Album von der Beerdigung meiner Mutter – falls Sie diejenige sind, die in Annelis Schulklasse war. Auf der Rückseite steht der Name Päivi Väänänen. Sie trugen damals ein schwarzes Kleid mit Glockenrock und Perlen und eine große Brille mit Goldgestell.»
    «Ich war Annelis Schulfreundin. Das ist alles schon so lange her, dass ich sie beinahe vergessen habe. Ich wollte sie vergessen. Was willst du von mir?»
    «Erinnerungen an meine Mutter. Ich weiß so gut wie nichts von ihr. Und wenn möglich, hätte ich gern auch die Kontaktdaten von Tarja Kinnunen und Tiina Turpeinen. Die beiden waren ebenfalls bei der Beerdigung.»
    «Wir vier waren im Gymnasium eng befreundet, ein richtiges Kleeblatt. Wir haben geschworen, unser Leben lang in Verbindung zu bleiben. Tiina hat auch in Joensuu studiert, ich in Kuopio, Tarja ist in Tuusniemi geblieben. Aber als Anneli starb, ist alles auseinandergebrochen. Ich habe Tarja und Tiina seitdem nur ein paarmal zufällig getroffen.» Es klang, als ob Päivi Väänänen-Huttunen aufschluchzte. «So macht es der Tod. Er holt nicht nur einen Menschen, sondern wirkt sich auf zig andere Menschen aus, und über die noch mal auf zig weitere.» Nun war nicht mehr zu überhören, dass die Frau weinte. «Unsere Hanne, meine Tochter, ist mit einem Mann zusammen, der sich genauso benimmt wie dieser Keijo, und ich habe solche Angst …»
    «Rufen Sie die Polizei, wenn er prügelt. Sofort!» So hatte ich mir das nicht vorgestellt – statt etwas über meine Mutter zu erfahren, gab ich gute Ratschläge.
    «Dann bringt er uns alle um! Die Polizei kann doch nichts ausrichten.»
    «Natürlich nicht, wenn Sie nicht einmal den Versuch machen.»
    «Wo wohnst du?»
    «In Helsinki.»
    «Ich kann jetzt nicht …» Die Worte gingen in Schluchzen über. Ich wartete geduldig, während sich die Frau ausgiebig die Nase putzte. «Irgendwo habe ich noch meine Tagebücher aus der Schulzeit, damals habe ich viel geschrieben. Ich kann nichts versprechen, aber vielleicht finde ich darin etwas. Über deine Mutter. Ist Jari nicht auch gestorben, vor ein paar Jahren? Mir ist, als hätte ich seine Todesanzeige in der Zeitung gesehen.» Ich bejahte und versprach, in der nächsten Woche noch einmal anzurufen.
    Das Gespräch mit Päivi Väänänen-Huttunen beschäftigte mich noch lange. Weniger wegen meiner Mutter und ihrer

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