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Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Titel: Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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der Fahrt fragte Monika, ob ich mit meinem Leben zufrieden sei. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte.
    «Warum nicht?», fragte ich schließlich zurück. «Und du?»
    «Ich weiß nicht. Mir gehen allerhand dumme Gedanken durch den Kopf. Wie zum Beispiel, dass mir das Sans Nom leer vorkam, als Jouni tagelang krank war.»
    «Du bist offenbar auf Männer fixiert, deren Name mit Jo anfängt. Zuerst Joau, dann Jouni. Wer kommt danach? Stell bloß keinen ein, der Jorma heißt.»
    «Sei still! Ich weiß ja, dass Jouni eine Lebensgefährtin hat, der die langen Arbeitstage in der Gastronomie überhaupt nicht gefallen. Wahrscheinlich interessiert er mich gerade deshalb, weil ich ihn nicht bekommen kann. Und du? Bist du bereit, jemanden an Davids Stelle zu lassen?»
    «Männer finden sich in jeder Kneipe. Wir könnten mal ausgehen und einen One-Night-Stand aufgabeln. Ich kann zu meinem Typ gehen oder ein Zimmer im Torni nehmen, dann habt ihr die Wohnung für euch. Wie wäre es am …» Ich war drauf und dran, den Sonntagabend vorzuschlagen, weil das Restaurant montags geschlossen war, erinnerte mich aber gerade noch rechtzeitig an meine Verabredung mit Rytkönen. Doch als wir auf den Hof hinter dem Sans Nom kamen, war alles andere vergessen. Jouni und Helinä standen dort und stützten Veikko, der laut weinte.
    «Was ist denn los?» Ich sprang aus dem Wagen, kaum dass er zum Halten gekommen war.
    «Ripa … Er hat den Löffel abgegeben … Er ist gestorben, noch dazu in der Kälte, da an der Hintertür. Er hat nicht mal in der warmen Zeitungskiste sterben dürfen. Der arme Ripa.»
    Unter dem Schutzdach an der Hintertür lag ein unförmiges Bündel, über das jemand ein Tischtuch gebreitet hatte. Ich ging hin und zog den bunten Stoff fort. Veikkos Kumpel hatte Krämpfe gehabt und war offenbar an seinem eigenen Erbrochenen erstickt. Es war wie ein Hohn, dass ich seinen Namen erst erfuhr, als er schon tot war. Ich suchte am Handgelenk nach einem Puls, doch der war sicher schon seit Stunden nicht mehr zu spüren gewesen. Seltsam, dass die Leute in den oberen Etagen die Leiche nicht bemerkt hatten. Vielleicht hatte das Schutzdach sie verdeckt. Die Parkplätze der Büros befanden sich an der Vorderseite des Gebäudes.
    «Ich hab nicht mal gemerkt, wann er aus der Kiste gekrochen ist. Bestimmt war ihm schlecht, und er wollte unsere Bude nicht vollkotzen. Wenn er mich doch geweckt hätte! Mir ist jetzt auch ganz blümerant, ich glaub, mein Herz will nicht mehr.»
    «Ist die Polizei schon verständigt?»
    «Was soll die Polizei … Am Schnaps ist er gestorben, der holt uns doch alle.» Veikko war wachsbleich und hielt sich die Brust. «Bei mir ist es jetzt auch so weit.»
    Ich rief die Notrufzentrale an und bat, die Polizei und einen Krankenwagen zu schicken; um den Leichenwagen für Ripa sollten sich die Polizisten selbst kümmern. Dann fuhr ich den Lieferwagen aus dem Weg und beschloss, der Polizei ein wenig Arbeit abzunehmen, indem ich überprüfte, ob die Aufnahmen der Überwachungskamera an der Hintertür einen Hinweis darauf gaben, wann Ripa gestorben war. Gegen drei Uhr in der Nacht hatte sich auf dem Hof jemand bewegt, aber ich sah nur Ripas Schuhe. Er war nicht bis an die Tür gegangen. Als Nächstes überprüfte ich die Aufnahmen der Kameras am Vordereingang. Auch dort war Ripa gewesen; auf einem Bild, das um 03 : 06  Uhr aufgezeichnet worden war, erschien er in voller Gestalt. Auf dem nächsten Bild war ein zweites Paar Männerschuhe zu sehen, Ripa hatte also Gesellschaft gehabt. Diese Aufnahmen wollte ich der Polizei nicht überlassen, bevor ich mit Sicherheit wusste, ob es sich um dieselben Schuhe handelte, die der Mann getragen hatte, der einige Nächte zuvor auf dem Hof herumgeschlichen war und in dem ich Rytkönen vermutete. Natürlich hatte jeder das Recht, sich auf dem Gelände zu bewegen, auch mitten in der Nacht. Das verstieß gegen kein Gesetz. Aber jemandem vergifteten Schnaps zu geben war ein Verbrechen.
    Als ich das Polizeifahrzeug hörte, kopierte ich die Aufnahmen rasch auf einen USB -Stick. Ich konnte weder die Herausgabe der Aufzeichnung verweigern noch einzelne Bilder entfernen, denn das würde die Polizei sehr schnell bemerken. Es blieb nur die Hoffnung, dass die Beamten nicht auf die Idee kamen, nach den Aufnahmen zu fragen. Freiwillig würde ich sie ihnen jedenfalls nicht anbieten.
    Der eine der beiden Streifenbeamten ging bereits auf das Rentenalter zu, während der andere so jung aussah, dass

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