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Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Titel: Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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man ihn für einen Praktikanten hätte halten können. Auf dem Namensschild des älteren stand Miettinen, auf dem des jüngeren Keronen. Der junge Polizist bemühte sich, seinen Ekel angesichts des an seinem Erbrochenen erstickten Penners nicht zu zeigen; Miettinen wiederum hatte offenbar von Säufern die Nase gestrichen voll.
    «War der Tote schwer krank?», fragte er Veikko, der sich krampfhaft die Brust hielt. Der Krankenwagen ließ auf sich warten.
    «Die Innereien total kaputt», krächzte Veikko mühsam. «Der Arzt hat zu Ripa gesagt, wenn er nicht mit dem Trinken aufhört, lebt er nicht mehr lange. Wir wollten an Weihnachten zum Entzug gehen, aber für Ripa hat sich’s mit Weihnachten.»
    «Sein Name?»
    «Haapala, Risto Antero.»
    «Erinnerst du dich an sein Geburtsdatum?»
    «An Mittsommer ist er geboren, genau am Mittsommertag. Das Jahr weiß ich nicht. Er war ein bisschen über sechzig.»
    «Hat er Angehörige?», fragte Miettinen weiter, doch da traf der Krankenwagen ein, bei dessen Anblick Veikko noch bleicher wurde. Während sich die Sanitäter um Veikko kümmerten, forderte Keronen den Leichenwagen an. Ich hoffte, dass die Polizisten bald verschwinden würden, ohne genauere Untersuchungen anzustellen. Als der Krankenwagen mit Veikko abfuhr, fragte ich mich, ob ich ihn je wiedersehen würde. Wer mochte sich um Ripas Beerdigung kümmern? Hatte er womöglich eine Frau, die sich vor langer Zeit von ihm getrennt und ein neues Leben angefangen hatte, und Kinder, die sich für ihren Vater schämten und nur froh waren, dass er jetzt das Zeitliche gesegnet hatte? Wahrscheinlich würde ich es nie erfahren.
    Ich erkundigte mich bei den Polizisten nach Veikkos Familiennamen, worauf sie zweistimmig fluchten. Sie hatten in der Eile vergessen, danach zu fragen. Doch im Krankenhaus würden sie die Auskunft bekommen. Sie notierten die Personalien aller Mitarbeiter des Sans Nom und erkundigten sich routinemäßig nach den Gewohnheiten der obdachlosen Alkoholiker, die sich in der Zeitungskiste im Hinterhof einquartiert hatten. Ripas Leiche würde obduziert werden, aber wenn sich dabei herausstellte, dass er vergifteten Schnaps getrunken hatte, würde der Verdacht vermutlich auf Veikko fallen.
    «Wären Sie so nett, uns Veikkos Nachnamen mitzuteilen? Ich möchte mich in der Klinik erkundigen, wie es ihm geht», bat Monika, als die Polizisten aufbrechen wollten. Jouni war längst wieder in die Küche gegangen.
    «Sind Sie eine Angehörige?»
    «Nein! Aber ein Mitmensch.»
    «Das reicht nicht ganz», sagte Miettinen. Keronen kratzte sich am Ohrläppchen und schwieg, blickte aber angelegentlich auf seinen Block, auf dem er Monikas Telefonnummer notiert hatte.
    Am Spätnachmittag erzählte Monika, Veikko heiße Vuorinen mit Nachnamen und habe den Herzinfarkt überlebt, müsse aber schnellstens operiert werden. So viel hatte Keronen herausgefunden.
    Da wir hinter unserem Zeitplan herhinkten, kam ich erst am frühen Abend dazu, die Aufnahmen der Überwachungskameras genauer zu betrachten. Ich verglich die Bilder des Mannes, den Ripa auf dem Hof hatte herumschleichen sehen, mit den Aufnahmen der vorigen Nacht. Die Schuhe waren nicht identisch, die Hosenbeine schienen beide Male zu derselben Hose aus dunklem Wollstoff zu gehören, doch davon gab es im Hauptstadtgebiet sicher Tausende. Andererseits war sowohl der Schleicher als auch der Mann, der sich in der vorigen Nacht zu Ripa gesellt hatte, verhältnismäßig klein; von Letzterem waren zwar nur die Beine zu sehen, doch seine Knie befanden sich deutlich tiefer als Ripas, der selbst nicht besonders groß gewesen war. Der Fremde hatte sich zudem nicht die Mühe gegeben, seinen Gang zu verändern. Beide Male bewegte er sich leicht watschelnd, wie es Menschen tun, deren Oberschenkel so dick sind, dass sie aneinanderreiben. Es gab also einiges, das auf Rytkönen hinwies, und meine Neugier auf das Treffen mit ihm wuchs. Hatte er irgendwie herausgefunden, dass ich der heisere Anrufer gewesen war? Aber warum war er dann mitten in der Nacht in der Yrjönkatu und hinter dem Sans Nom herumgeschlichen, statt mich einfach zum Verhör ins Hauptquartier der Zentralkripo holen zu lassen? Wusste Rytkönen, dass Davids Handy in Carlo Dolfinis Tasche gesteckt hatte? Ich gab mir Mühe, die aufkommende Panik zu bekämpfen. Dass Dolfinis Leiche im Moor bei Maremma gefunden worden war, bedeutete doch, dass irgendwer geschludert hatte!
    Am nächsten Tag besuchte Jouni Veikko im Krankenhaus. Man hatte

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