Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
Vom Netzwerk:
paar Blocks südlich vom Heliport. Im Bellevue wurden die von uns sogenannten heiklen Fälle behandelt  – kranke und verletzte Häftlinge, aber auch verletzte Zeugen und Opfer, die man weiterhin für gefährdet hielt, wie Kate.
    Jackson bekam das Okay, worauf Officer Regan meine Tür öffnete und mich zu dem wartenden Hubschrauber geleitete. Ich dankte ihm, stieg in die Kabine und blickte mich um. Wie gesagt, war das hier eine vollständig ausgerüstete Sanitäts- und Rettungsmaschine, deshalb war sie vollgestopft mit allerlei Rettungsgeräten und medizinischem Zubehör, darunter eine festgezurrte Rollbahre, die bequem aussah, aber nicht so bequem wie mein La-Z-Boy.
    Der Motor lief an, und es wurde laut in der Kabine.
    Neben dem Piloten und dem Copiloten, beide vom NYPD, war auch ein SEK-Mann in der Kabine, bewaffnet mit einem Sturmgewehr vom Typ MP-5. Wollten wir einen Luftangriff unternehmen? Der SEK-Mann begrüßte mich mit einem Winken und schloss dann die Tür, worauf es ein bisschen leiser wurde.
    Ich bemerkte, dass auch eine Frau an Bord war, die eine blaue Windbluse und eine weiße Hose trug. Sie streckte die Hand aus und rief im Motorenlärm: »Heather. Notfalldienst.«
    Wir schüttelten uns die Hand, und ich sagte: »John. Bordschütze. «
    Sie lächelte.
    Sie schien eine nette Frau zu sein, etwa fünfzig bis sechzig Jahre alt – vielleicht auch ein bisschen jünger, zum Beispiel fünfundzwanzig, mit langen, flammend roten Haaren, atemberaubenden blauen Augen und dem Gesicht einer nordischen Göttin.

    »Dann holen wir also Ihre Frau ab?«, sagte sie.
    »Wen?«
    »Ihre Frau.«
    »Oh … richtig.« Ich bin verheiratet.
    Ich setzte mich ihr gegenüber, als der Hubschrauber abhob und über den Fluss glitt. Wir stiegen weiter auf, während wir dem East River in Richtung Norden folgten.
    »Mögen Sie Hubschrauber?«, fragte mich Heather.
    »Ich liebe Hubschrauber. Und Sie?«
    »Ich bin mir nicht so sicher.«
    »Können Sie schwimmen?«
    Sie lächelte erneut.
    Heather hatte die Post dabei, und sie vergrub ihr alabasterweißes Gesicht in der Zeitung und las sie mit ihren großen, samtig-blauen Augen.
    Ich wandte mich dem Fenster links von mir zu und sah, wie die Wolkenkratzer von Manhattan vorbeiglitten. Wir folgten dem East River, bis er sich mit dem Hudson vereinte, flogen noch eine Weile weiter nach Norden und hielten uns dann westwärts, in Richtung Sullivan County.
    Heather legte ihre Zeitung hin und fragte mich: »Wer hat ihr die Halsschlagader durchgeschnitten?«
    »Ein Psycho«, erwiderte ich.
    Sie warf einen Blick zu dem SEK-Mann und fragte mich: »Glauben Sie, er ist immer noch hinter ihr her?«
    »Wir wollen kein Risiko eingehen.«
    »Sie hat Glück, dass sie noch lebt«, erklärte sie mir. »So was ist normalerweise tödlich.«
    »Ich weiß.«
    »Sie bekommt eine ganz besondere Behandlung«, stellte Heather fest.
    »Sie ist eine ganz besondere Frau«, erwiderte ich natürlich. Aber sie versteht mich nicht, Heather. Na ja, eigentlich schon.

    »Sie tragen eine kugelsichere Weste«, stellte Heather fest.
    Und sie sah aus, als ob sie Ballons schmuggelte. »So ist es«, erwiderte ich. Warum gab ich eigentlich tausend Piepen für ein Hemd und ein Sportsakko aus? Wie vorgeschrieben teilte ich ihr mit: »Und ich bin bewaffnet.« Ich fügte hinzu: »NYPD, im Ruhestand.«
    »Sie sind zu jung für den Ruhestand.«
    »Ich bin berufsunfähig, wegen einer Behinderung.«
    »Geistig?«
    Ich lächelte und erwiderte: »Das fragt jeder.«
    Sie lachte.
    Mir wurde bewusst, dass meine Frau auf dem Rückflug mit Heather zusammensein würde, also ließ ich die Sache auf sich beruhen und fragte: »Kann ich einen Teil der Zeitung haben?«
    »Klar.«
    Nach etwa dreißig Minuten veränderte sich das Motorengeräusch, und wir begannen mit dem Sinkflug. In weiter Ferne sah ich die Landebahn des Sullivan County Airport, wo dieser ganze Mist vor nicht allzu langer Zeit angefangen hatte.
    Binnen einer Minute entdeckte ich das große, weiße Gebäude des Catskill Regional Medical Center, und dann sah ich den Hubschrauberlandeplatz neben dem Gebäude.
    Ein paar Minuten später waren wir am Boden. Der Motor wurde abgestellt, die Rotorblätter drehten aus, und die Tür wurde geöffnet.
    »Bleiben Sie bitte in der Maschine«, sagte Heather sehr professionell und vielleicht ein bisschen kühl zu mir.
    Sie stieg aus und ging rasch zum Krankenhaus. Der SEK-Mann stieg ebenfalls aus und bezog zwischen dem Hubschrauber und der Klinik

Weitere Kostenlose Bücher