Der Löwe
jedoch im Gegensatz zu mir Boris nicht verrieten, dass Khalil vorbeischauen könnte. Nun ja, das würde ich bald erfahren, wenn mein Besuch hier von meinen Kollegen auf Film gebannt worden war.
Boris sagte zu mir: »Ich gehe doch davon aus, dass meine mangelnde Bereitschaft, den Köder zu geben, mir nicht vorgehalten wird.«
»Natürlich nicht. Wir beschützen alle Staatsbürger – hey, sind Sie Staatsbürger?«
»Nein.«
»Oh, nun ja, dann …«
»Aber ich habe einen amerikanischen Pass.«
»Ich auch. Vielleicht sollten Sie und ich mit Ihrer Frau nach Moskau fliegen«, schlug ich vor.
»Ich wäre lieber mit Asad Khalil in New York als mit meiner Frau in Moskau«, erklärte er mir.
Ich ließ das durchgehen und versicherte Boris: »Wenn Sie kein Köder sein wollen, können wir trotzdem eine Art Personenschutz ausarbeiten.«
Er hatte eine andere Vorstellung und sagte: »Wie Sie wissen, bin ich hier sicher, und ich habe nicht vor, von hier wegzugehen … bis Khalil getötet, beziehungsweise gefasst wird oder flüchtet … deshalb glaube ich nicht, dass ich Personenschutz benötige. « Und er fügte hinzu: »Eigentlich bezahle ich viel Geld für meinen Schutz.«
Hier schwang irgendetwas Unterschwelliges mit, und ich dachte, Boris wollte vielleicht aus diversen Gründen – einige davon gerechtfertigt, andere vielleicht nicht so ganz –, vermeiden, dass sich das NYPD oder FBI im Svetlana herumtrieb.
Ich fragte mich auch, ob Boris zu denselben Schlussfolgerungen gekommen war wie ich – ob er Asad Khalil umbringen
wollte, ohne dass sich Polizei oder FBI einmischten. Und seine Gründe waren vielleicht weitreichender als mein schlichter Wunsch, mich zu rächen und für immer meine Ruhe zu haben. Boris, so vermutete ich, wollte Asad Khalils Tod, weil Khalil zu viel über Boris wusste. Und das, was Khalil wusste, deckte sich möglicherweise nicht ganz mit dem, was Boris der CIA vor drei Jahren erzählt hatte – nämlich dass er keine Ahnung von Khalils Vorhaben gehabt hatte, in die USA zu kommen und amerikanische Piloten umzubringen. Vielleicht war das der Grund, warum Boris verhindern wollte, dass Khalil lebend gefasst und von FBI und CIA verhört wurde. Boris wäre nicht der erste Überläufer, den man in seine alte Heimat zurückverfrachtete. Ich mag mich diesbezüglich irren, aber es war sicher ein Motiv für Boris, dass er zuerst an Khalil rankommen wollte.
Ein weiterer Grund war möglicherweise die Belohnung, von der er etwas gewusst haben könnte. Ich sagte zu ihm: »Es gibt eine Million Dollar Belohnung für Khalils Festnahme – tot oder lebendig. Haben Sie das gewusst?«
»Ich habe es vermutet.« Und er fügte hinzu: »Nicht viel Geld für diesen Mann … aber ich denke nicht daran, ihn dingfest zu machen … ich sage nur, dass ich mich selbst schützen werde.«
»Kommen Sie, Boris. Ich weiß genau, was Sie denken. Und wenn jemand Asad Khalil fassen – oder töten kann, dann sind Sie es.«
Er erwiderte nichts.
»Aber werden Sie nicht zu selbstsicher«, riet ich ihm. »Khalil hat nicht drei Jahre lang einen Nachtclub geleitet und Wodka getrunken.«
Das ärgerte ihn, wie ich wusste, und er beugte sich zu mir und sagte: »Ich habe keine Angst vor diesem Mann. Ich habe ihm alles beigebracht, was er kann, und es wäre gut, wenn ich ihm eine letzte Lektion erteilen könnte.«
»Da haben wir’s. Sie haben diesem jungen Drecksack alles beigebracht, was er kann, und Sie können ihm immer noch in den Arsch treten.«
Boris ging nicht darauf ein.
»Nun ja, ich werde weitergeben, dass Sie keinen Personenschutz wollen«, sagte ich und teilte ihm offiziell mit: »Sie haben das Recht, Polizeischutz abzulehnen, und Sie müssen sich mit Sicherheit nicht dazu bereit erklären, den Köder zu spielen. Aber eine Überwachung Ihrer Räumlichkeiten oder Ihrer Person können Sie nicht verhindern. Allerdings wäre es für alle Beteiligten leichter und besser, wenn Sie kooperieren und sich mit uns absprechen würden.«
»Ich habe … ehemalige Kollegen, denen ich vertraue und die mir beistehen und mich beschützen können«, erklärte er mir.
»Sie meinen zum Beispiel alte KGB-Männer, die wissen, wie man sich einen Drecksack wie Khalil schnappt und was man hier in einem Hinterzimmer mit ihm machen muss, wenn man ihn hat?«
Boris zündete sich eine weitere Zigarette an und sagte: »Kein Kommentar.«
»Rufen Sie mich zuerst an, wenn Sie ihn lebend fassen sollten«, riet ich ihm.
»Wenn Sie das
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