Der Löwe
nickte und erklärte mir: »Dann können Sie davon ausgehen, dass er hier etwas ganz anderes tun wird als beim letzten Mal.«
»Da komme ich nicht ganz mit, Boris.«
Boris schaute mich an und sagte: »Er wird eine Bombe detonieren lassen. Vielleicht wird es auch ein biologischer Anschlag. Anthrax. Oder ein chemischer Kampfstoff. Vielleicht Nervengas. «
»Meinen Sie?«
»Ja. Er muss denjenigen, die ihn bei seinem persönlichen Rachefeldzug unterstützt haben, etwas zurückgeben. Haben Sie daran noch nicht gedacht?«
»Doch, doch, durchaus«, gab ich zu.
»Aber ich glaube, das wird nicht geschehen, bevor er mit Ihnen und mir fertig ist.«
»Genau.« Für gewöhnlich habe ich nicht die Angewohnheit, mit Leuten wie Boris über solche Sachen zu sprechen, aber er kannte Khalil von früher, und das hier war einst sein Job gewesen, deshalb sagte ich: »Denken Sie darüber nach und sagen Sie mir Bescheid, wenn Ihnen etwas einfällt.«
»Das werde ich tun.«
Eine Weise von Tschaikowsky ertönte, worauf Boris zur Tür
ging, durch das Guckloch schaute, dann die Tür entriegelte und öffnete.
Viktor trat beiseite, und als ich zur Tür ging, sagte ich zu Boris: »Wenn Sie durch ein Guckloch schauen, können Sie schwere Augen- und Hirnverletzungen davontragen, wenn die Mündung einer Knarre zurückschaut. Oder ein Eispfriem.«
Er wirkte ungehalten über meine Kritik an seinen Sicherheitsmaßnahmen und sagte: »Danke, Detective.«
»Wo ist der Monitor für Ihre Überwachungskameras?«, fragte ich.
»Einer ist in meinem Büro, und in dem Schrank ist ein Fernseher, der einen Überwachungskanal hat.«
»Sie sollten ihn benutzen.«
»Nochmals danke.«
»Und ich danke Ihnen für Ihre Gastfreundschaft und die Zeit, die Sie für mich erübrigt haben.« Ich wollte durch die Tür gehen, drehte mich dann noch einmal elegant um und sagte: »Ach, nur zu Ihrer Information – der Pilot, den Khalil umgebracht hat. Chip. Khalil hat ihm den Kopf abgesäbelt.«
Boris blieb ruhig und sagte: »Das habe ich ihm nicht beigebracht. «
»Vielleicht hat er einen neuen Lehrer«, erwiderte ich. Ich verließ Boris’ Apartment, und als sich die Tür schloss, hörte ich, wie die Riegel vorgelegt wurden.
Der arme Boris – verkroch sich ohne seine Frau an seinem Arbeitsplatz und hatte nichts zu tun, außer zu essen, zu trinken, durch den Einwegspiegel zu blicken, sich vielleicht russisches Fernsehen anzuschauen, Musik zu hören und möglicherweise die Gesellschaft von ein, zwei Frauen zu genießen. Aber auch das wird nach ein paar Tagen langweilig. Nun ja … vielleicht nach ein paar Wochen.«
Viktor deutete zum Aufzug, aber ich sagte zu ihm: »Lassen Sie uns die Treppe nehmen.«
»Bitte?«
»Kommen Sie, Viktor. Sie unterrichten am Brooklyn College Englisch.« Ich ging zur Treppenhaustür, und Viktor schloss sie mit einem Schlüssel auf.
Das war im Grunde genommen die Feuertreppe, und Brandschutzbeauftragte sehen dort nicht gern ein Schloss oder einen Riegel, aber vermutlich hatte Boris ihnen erklärt: »Schaut, Jungs, eine Menge Leute wollen mich umbringen, deshalb muss ich mich einschließen.« Oder er entfernte die Tür, wenn die Inspektoren vorbeikamen.
Ich ließ Viktor den Vortritt und folgte ihm. Die Tür am Fuß der Treppe war ebenfalls abgeschlossen, und Viktor öffnete sie mit seinem Schlüssel.
Wir betraten den kleinen Raum mit der Überwachungskamera, dann schloss Viktor die Tür zum Flur auf, und ich folgte ihm durch den roten Vorhang ins Restaurant.
Nun ja, dachte ich, die Sicherheitsvorkehrungen sind gut, aber zu vieles ist von menschlicher Mitwirkung und von zwei Schlüsseln abhängig – einer für den Aufzug und einer für die ganzen Stahltüren. Auch die Tür von Boris’ Apartment musste von Hand verriegelt werden. Boris brauchte ein Vorhängeschloss mit Zifferncode für sämtliche Türen zwischen ihm und der Außenwelt, außerdem musste er leichter an seine Überwachungsmonitore rankommen.
Es mochte ein paar Sicherheitsvorkehrungen geben, die ich nicht gesehen hatte, zum Beispiel einen Alarmschalter oder vielleicht ein sicheres Zimmer, aber grundsätzlich kam es bei der persönlichen Sicherheit auf Wachsamkeit und eine großkalibrige Knarre an.
Viktor geleitete mich durch das Restaurant, das jetzt halbleer war, und ich sagte zu ihm: »Jemand will Ihren Boss umbringen. Achten Sie darauf, dass Sie den Kopf nicht im Arsch stecken haben.«
Er erwiderte nichts, nickte aber.
»Haben Sie eine Knarre?«
Wieder
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