Der Löwe
antwortete er nicht, tippte aber auf die linke Seite seines Jacketts.
»Arbeiten Sie an Ihrer Aussprache«, schlug ich vor.
Jedenfalls ließ ich die Bar und Veronika links liegen und ging durch die Hintertür hinaus. Es war fast Mitternacht, und die Promenade und der Strand waren nahezu menschenleer.
Wenn ich von meinem Überwachungsteam verfolgt worden war, müsste mich jetzt jemand ansprechen. Und wenn ich von Khalils Team verfolgt worden war, wäre dies ein guter Zeitpunkt und Ort für eine Begegnung zwischen Khalil und Corey.
Ich stand eine Minute lang da, aber niemand schien sich für mich zu interessieren.
Ich ging zum Vordereingang des Svetlana, wo ein paar Taxis standen.
Als ich auf dem Rückweg nach Manhattan die Brooklyn Bridge überquerte, kam mir wieder der Gedanke – der durch Boris noch bekräftigt worden war –, dass Asad Khalil in der Tat irgendetwas Großes für sein Finale plante, etwas, das seine Unterstützer zufriedenstellen und ihm einen Vertrauensvorschuss für seinen nächsten Einsatz einbringen würde. Und alles, was zwischen ihm und dem großen Höhepunkt dieses Einsatzes standen, waren Boris Korsakov und John Corey.
Deshalb hatte Boris recht; es ging um uns – um ihn, mich und Asad Khalil. Und es ging darum, dass uns die Vergangenheit verfolgte und allmählich einholte.
39
D as Taxi aus Brighton Beach hatte mich in meinem unterirdischen Parkhaus abgesetzt und um vierzig Dollar ärmer gemacht, was für eine Lebensversicherung billig ist.
Ich war mit dem Lastenaufzug zu meinem Apartment hochgefahren, und niemand vom Überwachungsteam schien meine Abwesenheit bemerkt zu haben. Ich wollte diese Jungs nicht in Schwierigkeiten bringen und deshalb sichergehen, dass ich nicht ertappt wurde, wenn ich das Haus ohne sie verließ.
Jedenfalls war es jetzt Mittwochmorgen um sieben Uhr, knapp zweiundsiebzig Stunden, seit Kate und ich im High Top Motel im Sullivan County aufgewacht waren, ein bisschen aufgeregt, weil wir demnächst aus einem Flugzeug springen würden. Wir hatten keine Ahnung, wie aufregend es werden würde.
Ich hatte an diesem Tag nichts Besonderes vor, was mich daran erinnerte, dass der Haken beim Nichtstun darin besteht, dass man nicht weiß, wann man fertig ist.
Ich nutzte die Gelegenheit und ging meine alltäglichen Dutzend Übungen durch, wozu mich nicht die Eitelkeit motivierte, sondern gesundheitliche Gründe, was in diesem Fall so viel hieß wie, dass ich gut in Form sein wollte, falls Khalil und ich in einen Ringkampf gerieten. Boris hatte recht – Khalils Angriffe erfolgten aus nächster Nähe, und sie waren persönlich gemeint, und wenn man den ersten Überraschungsangriff überlebte, hatte man die Chance, die Sache umzudrehen. Deswegen war Kate noch am Leben.
Während ich mich darauf vorbereitete, Kate im Bellevue zu besuchen, klingelte mein Handy, und Paresi war am Apparat. »Corey«, meldete ich mich.
»Was haben Sie gestern Abend gemacht?«, erkundigte sich Paresi.
Äh-oh. Höchste Zeit, reinen Tisch zu machen. »Ich habe Kate im Krankenhaus besucht«, sagte ich.
»Das weiß ich. Was haben Sie hinterher gemacht?«
Höchste Zeit, reinen Tisch zu machen. »Ich wurde heimgefahren. «
Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann sagte Paresi: »Der Überwachungsmann in der Lobby, Ramos, hat berichtet, dass er Ihren Festanschluss und Ihr Handy angerufen hat, und der Portier hat Ihre Gegensprechanlage angesummt, aber Sie haben sich nicht gemeldet.«
Höchste Zeit, reinen Tisch zu machen. »Ich war um zehn todmüde«, erwiderte ich. Oder hatte ich da mit Veronika Wodka getrunken? »Was wollte Ramos?«, fragte ich.
»Nichts«, erwiderte Paresi. »Nur einen allgemeinen Check und einen Lagebericht.«
Kurzum, es lief darauf hinaus, dass Paresi keinen Beweis dafür hatte, dass ich tatsächlich ausgegangen war, deshalb reagierte ich ein bisschen eingeschnappt und sagte: »Captain, ich bin ein Cop, nicht irgendein Mafiainformant, der rund um die Uhr bewacht – «
»Sie sind in Lebensgefahr, Detective Corey.« Und er fügte hinzu: »Sie haben sich dazu bereit erklärt – «
»Ich habe mich nicht bereit erklärt, mit meinen Überwachungsleuten zu schlafen.«
Wieder herrschte ein kurzes Schweigen, dann sagte Paresi zu mir: »Na schön. Zufällig wissen wir, wo Sie heute Nacht sein werden.«
Ich erwiderte nichts und fragte auch nicht.
»Aber zunächst etwas Organisatorisches. Gestern war die Beerdigung von Gabe, seiner Frau und seiner Tochter. Es war
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