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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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es Ihnen erläutern?«, fragte er.
    »Wenn dir dann beim Davonlaufen wohler zumute ist.«
    »Nun, wir wollen doch mal sehen, ob Ihnen wohler zumute ist, wenn Sie hören, was ich für Sie geplant habe. Erstens gedenke ich Ihnen die Genitalien abzuschneiden. Dann werde ich Ihr Gesicht abschneiden. Ich werde es von Ihrem Schädel schälen. Die Taliban machen das in Afghanistan, Mr Corey. Haben Sie diese Fotos gesehen? Der Mann ist am Leben, aber er hat kein Gesicht – nur zwei Augen, die aus dem Schädel starren. So kann man natürlich seine Angst oder seine Schmerzen nicht sehen – aber er kann seinen eigenen Schädel in dem Spiegel sehen, den wir ihm vor die Augen halten. Und dann verfüttern wir sein Gesicht und seine Genitalien an die Hunde, und dem Mann bleibt es überlassen, sich selbst zu töten. Und sie töten sich alle selbst. Oder sie bitten darum, dass jemand sie tötet. Das Leben ist nicht schön ohne Genitalien oder Gesicht. Pflichten Sie mir bei? Und genau das, Mr Corey, gedenke ich mit Ihnen zu tun. Wenn wir uns das nächste Mal begegnen. Und ich freue mich darauf. Bis dann also – «
    »Moment. Ich will dich noch mal daran erinnern, dass deine Mutter eine Hure war, und sie hat mit dem großen Arschloch gevögelt, deinem Staatschef, der, wie du weißt, deinen Vater umgebracht hat, damit er weiter mit deiner Mutter vögeln kann.«
    Ich konnte ihn am Telefon atmen hören, und ich glaube, er war ein bisschen sauer auf mich.
    Schließlich sagte er: »Wir werden uns begegnen. Auf Wiedersehen, Mr Corey.«

    Die Verbindung wurde unterbrochen.
    Nun ja, das war ein gutes Gespräch. Kein Herumreden um den heißen Brei. Das mag ich an Psychopathen. Sie sind gradeheraus.
    Aber hatte ich ihn so wütend gemacht, dass er dableiben und auf mich losgehen würde? Würde ich ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen? War das eine schlechte Wortwahl?
    Ich sollte jetzt Walsh oder Paresi anrufen, aber … ich wählte Boris’ Handynummer. Wenn Boris am Leben war, sollte ich ihm sagen, dass ich von Khalil gehört hatte, und ihm raten, heute Nacht wach zu bleiben. Ich könnte vielleicht sogar nach Brighton Beach fahren und ihm Gesellschaft leisten. Das könnte meine letzte und beste Hoffnung sein, Khalil zu finden.
    Mein Anruf landete bei der Voicemail. »Corey«, sagte ich, »ich habe gerade einen Anruf von unserem libyschen Freund bekommen. Rufen Sie mich so schnell wie möglich an.«
    Danach wählte ich das Svetlana an, um festzustellen, ob der Laden aufgrund eines Todesfalls geschlossen war.
    Ein Mann mit russischem Akzent meldete sich, und ich hörte Musik und laute Gespräche im Hintergrund. Ich fragte nach Mr Korsakov, worauf der Mann sagte, er sei nicht zu sprechen, aber er würde eine Nachricht entgegennehmen. »Bestellen Sie ihm, er soll Mr Corey anrufen. Es ist wichtig«, sagte ich zu ihm.
    Ich legte auf. Nun ja, Boris war offenbar noch am Leben, und Boris war meiner Meinung nach der Kanarienvogel im Kohlebergwerk. Wenn Boris tot war, dann wäre kurz darauf John Corey fällig, oder etwa nicht?
    Grundsätzlich lief es darauf hinaus, dass Asad Khalil nicht abhauen würde, bis er seine Angelegenheiten erledigt hatte. Ich weiß nicht, wen er mehr hasste – Boris oder mich –, aber ich war mir sicher, dass Khalil wusste, wer der Nächste auf seiner Liste war.

    Als ich ins Bellevue kam, war Kate bester Dinge, und wir setzten uns auf die beiden einzigen Sessel in dem scheußlichen Zimmer und sahen fern. History Channel zeigte eine Sondersendung über Saddam Hussein, in der er mit Adolf Hitler verglichen wurde, der wiederum Husseins Held war. Ich meine, wenn man Adolf Hitler als Vorbild hat, hat man ein Problem. Wir sahen also fern, aber in Gedanken war ich ganz woanders.
    In der Tat hatte ich Fotos von Kämpfern gegen die Taliban in Afghanistan gesehen, denen man das ganze Gesicht vom Schädel geschält hatte, der blutrot war und nur noch aus zerfetzten Muskeln und Bändern bestand. Und Kate hatte sie ebenfalls gesehen – bei einer Infositzung am Broadway 290, zu der uns die CIA eingeladen hatte, weil man dort meinte, wir müssten sehen, gegen welchen Feind sie in Afghanistan kämpften. Ein Bild ist in der Tat mehr wert als tausend Worte, und wir kapierten, was sie uns sagen wollten, und uns wurde ein bisschen flau im Magen. Danach war natürlich Mittagspause. Die Jungs von der CIA sind große Scherzkekse.
    Jedenfalls klang das so, als hätte sich Khalil in den letzten paar Jahren bei den Taliban in

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