Der Löwe
Moment?«, fragte er mich.
»Etwa fünf Minuten von dort entfernt.«
»Gut. Ich bin hier. Apartment 2712.«
Ich legte auf und sagte zu Preston, der nicht von hier war: »Setzen Sie mich an der östlichen Zweiundsiebzigsten Nummer 320 ab.«
»Wo ist das?«
Mamma mia. Mit einem pakistanischen Taxifahrer wäre ich besser dran gewesen. Sogar mit einem libyschen. »Zwischen Erster und Zweiter«, sagte ich.
»Avenue?«
»Richtig.«
Er fand die Adresse, ein hübsches Gebäude aus Vorkriegszeiten,
etwa dreißig Stockwerke hoch. Ich war schon zigmal vorbeigelaufen, wäre aber nie auf den Gedanken gekommen, dass in Apartment 2712 Terroristen wohnen könnten.
Ich stieg aus und schaute nach Westen, zu meinem Haus auf der anderen Straßenseite, zwischen Second und Third Avenue. Ich konnte von hier aus meinen Balkon sehen, und von Apartment Nummer 2712 aus – im 27. Stockwerk dieses Gebäudes – könnte mir ein Scharfschütze vermutlich mühelos das Cocktailglas aus der Hand schießen.
Ich betrat das Foyer des Gebäudes, und der Portier summte mich rein.
Vier Detectives vom NYPD waren in der prachtvollen alten Lobby – für den Fall, dass terroristische Mieter aufkreuzen sollten –, und wir wiesen uns gegenseitig aus, worauf einer von ihnen nach oben funkte und ein anderer Detective mich zum Aufzug begleitete und zu Apartment 2712 brachte. Er klingelte, und Captain Paresi öffnete die Tür und sagte: »Wischen Sie sich die Füße ab.«
Der Witz dabei war, dass das Apartment nicht ordentlich war – es war sogar regelrecht versifft, wie ich von der Tür aus sehen und riechen konnte.
Ich ging hinein, und Paresi, der allein in dem Zimmer war, fragte mich: »Wie geht’s Kate?«
»Die ist gesund und munter.«
»Gut. Die Landluft wird ihr mächtig guttun.« Und er fügte hinzu: »Ihnen auch.«
Ich legte das Thema auf Warteschleife und fragte: »Was haben wir hier?«
»Wie Sie sehen, haben wir ein verwahrlostes Apartment«, erwiderte er. »Ein Einzimmerstudio in einem schönen Haus in einer herunterkommenden Gegend.« Er hielt das für komisch und lächelte.
Außerdem teilte er mir mit: »Wir haben in den letzten zwei
Tagen schon dreimal an die Tür geklopft, aber niemand hat aufgemacht. Im Mietvertrag ist eine gewisse Eastern Export Corporation angegeben, mit Hauptsitz in Beirut, Libanon.« Und er fügte hinzu: »Die haben die Wohnung für zwei Jahre gemietet.«
»Und wir haben hier nie irgendwelche finsteren Gestalten ein- und ausgehen sehen?«, fragte ich.
»Nein. Es gehört nicht zu den konspirativen Häusern auf unserer Liste.«
»Was sagt der Portier?«
»Er sagt, es waren drei, vier Mann – er ist sich nicht ganz sicher –, die wie Ausländer aussahen, und sie sind erst vor zwei, drei Wochen aufgekreuzt. Er hat sie kaum gesehen, und sie waren ruhig.«
»Das deckt sich nicht mit der Behauptung des Hinweisgebers, der gesagt hat, hier würden ständig verdächtig aussehende Leute kommen und gehen«, wandte ich ein.
»Nein«, pflichtete er mir bei, »das tut es nicht.«
Ich schaute mich in dem Studio um, in dem es eine Kochnische und zwei offene Türen gab – eine, die ins Badezimmer führte, und eine in einen begehbaren Kleiderschrank, der leer war.
Die weiß gestrichenen Wände waren schmucklos, und das einzige Mobiliar waren drei räudig aussehende Sessel und vier unangenehm wirkende Matratzen am Boden, bezogen mit Laken, die möglicherweise einst weiß gewesen waren.
Außerdem waren in dem Zimmer zwei Stehlampen und ein großer Fernseher auf einem billigen Ständer.
»Ein paar Sachen sind hier«, sagte Paresi zu mir. »Zum Beispiel Lebensmittel, Handtücher und Toilettenartikel, aber weder Kleidungsstücke noch Gepäck. Es sieht also so aus, als wären sie ausgezogen.«
»Richtig. Ist Kamelmilch im Kühlschrank?«, fragte ich.
Nein, aber hauptsächlich Lebensmittel, wie man sie im Nahen Osten isst.«
»Dann waren diese Ausländer also keine Norweger. Wann kommt die Spurensicherung?«, fragte ich ihn.
»Bald. Ich warte auf einen Durchsuchungsbefehl«, sagte er und fügte hinzu: »Wir sind aufgrund zwingender Umstände mit dem Generalschlüssel des Hausmeisters reingekommen, weil hier angeblich ein Toter oder Sterbender sein könnte.«
»Wer hat das gesagt?«
»Der Hinweisgeber und der Hausmeister«, erwiderte Paresi.
Natürlich hatte das keiner von beiden gesagt, aber man muss erklären, weshalb man ohne Vollmacht in einer fremden Wohnung ist. Bei einem an eine Firma vermieteten
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