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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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zurückfahren. Kapiert?«
    »Yeah, ich kapiere es. Aber vielleicht ist es ihnen einfach zu heiß geworden, als wir an sämtliche Türen geklopft haben. Wir haben morgen früh eine Konferenz auf Führungsebene, um die Sache zu besprechen.«
    »Wann soll ich dort sein?«
    »Wir wär’s mit gar nicht? Ist Ihnen das recht?«
    »Bleiben Sie weiter auf der Hut, Vince«, riet ich ihm.
    Dazu fiel ihm keine Antwort ein, aber er streckte die Hand aus und sagte: »Danke, dass Sie sich als Köder zur Verfügung gestellt haben. Eine gute Reise. Nehmen Sie’s leicht. Grüße an Kate. Wir bleiben in Verbindung.« Und er fügte hinzu: »Wir sehen uns in ein paar Monaten.«
    Wenn nicht früher.
    Als ich wieder in meinem Apartment war, ging ich mit einer Bloody Mary in der Hand hinaus auf den Balkon. Sie waren
weg – stimmt’s? Aber ein dämlicher Trick ist oft die Tarnung für einen schlauen Trick.
    Oder waren sie und Asad Khalil wirklich auf dem Rückweg in die Sandlande? Auftrag ausgeführt? Einsatz abgebrochen? Oder Einsatz geht weiter?
    Asad Khalil war um die halbe Welt gereist, um weitere Namen auf seiner Liste zu streichen, und er war noch nicht bei meinem Namen angelangt. Oder bei Boris’. Und was wurde aus dem großen Finale, das wir erwarteten? Haben sie bereits das Trinkwasser vergiftet? Haben sie Anthrax verbreitet? Tickt irgendwo eine Bombe?
    Das ist einer dieser Fälle, bei denen die Stille ohrenbetäubend ist.
    Ich blickte die Straße entlang zu dem Fenster, von dem aus man mich zwei, drei Wochen lang ausgespäht hatte. Sie waren nicht mehr dort – aber wo waren sie? Wo war Asad Khalil?
    Mir blieb nicht mehr viel Zeit, folglich war er am Zug. Unternimm was, du Arschloch.
    Ich verbrachte den Nachmittag mit Packen, wobei mir endgültig klarwurde, dass ich tatsächlich verreisen würde.
    Die Zeit verflog, und ich überlegte, ob ich mich ans Telefon klemmen sollte, was im Klartext hieß, ob ich Leute nerven sollte, die weniger über Asad Khalil wussten als ich – und die am Sonntag nicht von einem Spinner mit einer fixen Idee angerufen werden wollten, dessen Frau im Krankenhaus war und der unter Personenschutz daheim hockte und nichts anderes zu tun hatte.
    Nichtsdestotrotz beschloss ich, Tom Walsh anzurufen und darauf zu hoffen, dass er zur Vernunft gekommen oder vielleicht von einem Bären gefressen worden war, sodass der Weg für mich frei war und ich am Montagmorgen wieder zur Arbeit kommen konnte.

    Ich tippte die ersten Zahlen seiner Handynummer, aber dann stellte ich ihn mir mit seiner Freundin in einer romantischen Hütte im Norden des Staates vor, wo er ihr gerade an die Wäsche ging, während sie ein Nickerchen machte, deshalb beschloss ich, ihm eine SMS zu schicken. Entdeckung eines konspirativen Apartments an der E. 72 nd ändert die Lage – lassen Sie uns am Montag über eine neue Strategie sprechen.
    Klingt gut. Wenn ich ein Vorgesetzter wäre, würde ich darauf anspringen.
    Außerdem überlegte ich, ob ich zur Federal Plaza 26 fahren, mich ans Automatische Fallsystem klemmen und zusehen sollte, ob es in der Akte Khalil irgendwas Neues gab – irgendetwas anderes als seinen Namen und reihenweise Xen. Sich an den letzten Strohhalm klammern, nennt man das.
    Hauptsächlich aber wartete ich darauf, dass mein Telefon klingelte, und hoffte, dass sich irgendetwas tat.
    Gegen fünf beschloss ich, Boris anzurufen, denn wenn er noch lebte, könnte das bedeuten, dass Khalil noch nicht mit der endgültigen Aufräumaktion begonnen hatte.
    Boris ging nicht an sein Handy, aber auch Asad Khalil nicht oder ein Detective der Mordkommission, deshalb hinterließ ich beim Oberkellner eine weitere Nachricht, dass Boris mich anrufen sollte. Diesmal sagte ich »dringend« dazu. Ich stellte mir Boris mit einer Devitsa vor – das heißt Mädchen, stimmt’s? Nicht Kerl –, die er mit Sekt abfüllte und mit seinen Heldentaten beim KGB beeindruckte, während der Chor der Roten Armee für Stimmung sorgte.
    Etwa zehn Minuten später klingelte mein Festnetztelefon, und »Anonymer Anrufer« wurde angezeigt, deshalb nahm ich ab.
    »John, wir freuen uns ja so, dass du und Kate zu Besuch kommen«, sagte eine vertraute Männerstimme.
    »Moment, Sir«, sagte ich zu Mr Mayfield. »Ich stecke mir gerade die Knarre in den Mund.«

    Tatsächlich sagte ich: »Wir freuen uns schon darauf.«
    »Wie sieht Kate aus?«, fragte er. »Geht es ihr wirklich gut?«
    »Sie sieht besser aus denn je.« Mir geht’s auch gut.
    Und so weiter und so

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