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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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Er wusste, dass der Libyer wendiger und besser in Form war als er, aber er hatte mehr Masse und glaubte, dass er noch immer stärker war als Khalil.
    Khalil ging wieder breitbeinig in die Hocke und hielt den mit der Jacke umwickelten Arm waagerecht vor sich – eine Abwehrhaltung, die Boris nicht für nötig hielt, da sie immer noch zehn Schritte voneinander entfernt waren. Khalil, so dachte Boris und fasste wieder Selbstvertrauen, hatte seine Bewegungen entweder falsch gedeutet oder er bekam es mit der Angst zu tun.
    Boris rückte rasch vor – eine Finte, die, wie er hoffte, dazu führte, dass Khalil sich zurückzog und seine Abwehrstellung aufgab. Stattdessen aber griff Khalil unverhofft an und erwischte Boris mitten in der Vorwärtsbewegung.
    Khalil tauchte unter Boris’ Messerhand und dem mit der Jacke umwickelten Arm hindurch, stieß nach oben zu und erwischte Boris links unterhalb des Brustkorbs.
    Boris stieß einen Schmerzensschrei aus, wirbelte von dem Messer weg und trat mit dem Fuß nach Khalils gesenktem Kopf.
    Keiner der beiden Männer setzte nach, und beide zogen sich in sicheren Abstand zurück.
    Khalil nickte und sagte: »Sehr gut.«
    Boris betastete vorsichtig seine Wunde und stellte fest, dass es nur ein kleiner Stich war, tief vielleicht, aber er blutete nicht übermäßig und war mit Sicherheit nicht tödlich.
    Khalil sah das Blut auf Boris’ weißem Hemd und kam zum gleichen Schluss. »Daran werden Sie nicht sterben«, sagte er.
    Boris sah jedoch ein, dass er diesen Kampf nicht gewinnen würde – er war bereits außer Atem, und die Wunde würde stärker bluten, wenn er sich noch mehr anstrengte, und ihn irgendwann schwächen. Außerdem musste sich Boris eingestehen, dass Khalil der bessere Messerkämpfer war – er beherrschte noch alles, was er ihm beigebracht hatte, vor allem die Tricks, und er hatte ein paar neue dazugelernt. Boris war auch bewusst, dass Khalil den nötigen Willen und Mut besaß, um einem Mann mit einem Messer gegenüberzutreten, während er sich nicht sicher war, ob er diesen Willen noch hatte.
    Aus lauter Verzweiflung sagte Boris zu Khalil: »Es ist vorbei. Du hast gewonnen.«
    Khalil lachte. »Ja? Sind Sie schon tot? Darf ich jetzt gehen?«
    »Asad – «
    »Heute Nacht wird noch ein weiterer Mann auf diese Art und Weise sterben«, sagte Khalil. »Deshalb hatte ich gehofft, Sie wären ein guter Übungspartner für mich. Aber jetzt sehe ich, dass Sie ein schlechter Gegner sind – zu alt, zu langsam, zu ängstlich.«
    Boris erwiderte nichts. Er versuchte über einen Ausweg nachzudenken und dachte an die Tür. Wenn er sich näher zur Tür durchschlagen könnte … er umkreiste Khalil, damit dieser ihn ebenfalls umkreiste und nicht mehr zwischen ihm und der Tür stand.
    Aber Khalil hielt seine Stellung und sagte: »Wenn Sie aus dem Zimmer laufen wollen, habe ich nichts dagegen. Aber ich muss
Sie darauf hinweisen, dass Sie lediglich feststellen werden, dass der Aufzug und die Tür zum Treppenhaus verschlossen sind. Aber vielleicht ziehen Sie ein kleineres Zimmer für diesen Kampf vor.« Er lächelte und sagte: »Mir ist es gleichgültig, wo ich Sie abschlachte.«
    Boris holte tief Luft und sagte: »Du hast dich klar und deutlich ausgedrückt.« Er senkte das Messer und sagte: »Ich habe dir nichts getan. Ich habe dir beigebracht – «
    »Seien Sie still.« Khalil kam ein paar Schritte auf Boris zu, und als Boris zurückwich, sagte Khalil: »Wir sind mit dieser Lektion noch nicht fertig. Wollen Sie mir nicht zeigen, wie Sie mich entwaffnen und an die Wand werfen, so wie einst? Glauben Sie, ich habe vergessen, wie Sie mir das Knie in die Hoden gestoßen haben? Oder hat sich der große russische Killer in die Hose gemacht und möchte, dass ich gehe, weil er mir den Geruch ersparen will.«
    Boris spürte, wie ihn wieder die Wut packte, und er riss die Jacke von seinem Arm und schlug damitnach Khalil, während er mit dem Messer in der ausgestreckten rechten Hand vorrückte.
    Khalil wich zurück, geriet auf dem welligen Teppich außer Tritt, fiel zu Boden und verlor sein Messer.
    Boris stürzte sich sofort auf ihn und begriff zu spät, dass er auf einen Trick hereingefallen war, als Khalil die Beine hochriss, Boris am Bauch erwischte und in die Luft schleuderte, sodass er mit dem Kopf voran in einen Geschirrschrank stürzte, dessen Glas mit lautem Klirren zerbarst.
    Khalil schnappte sich sein Messer, sprang rasch auf und sah zu, wie Boris sich aus dem Schrank

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