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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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schon gesagt, Infos zurück und denkt über jeden Einsatz zu viel nach. Sein schlimmster Fehler jedoch besteht darin, dass er die Cops unterschätzt, die für ihn arbeiten.
    Er bewies das jetzt, indem er mich fragte: »John, sind Sie sicher, dass die Person, die Sie gesehen haben, Asad Khalil war?«
    »Ich bin mir sicher.«
    »Sie haben ihn eindeutig identifiziert?«
    Ich dachte, ich hätte die Frage gerade beantwortet. »Wir haben miteinander gesprochen, Tom, während wir an unseren Fallschirmen hingen«, sagte ich und fügte hinzu: »Kate war ganz nah bei ihm – Nase an Nase sozusagen –, und sie hat ihn namentlich identifiziert. Khalil. Ist das eindeutig genug?«
    Walsh duldete bei seinen FBI-Agenten keinen Sarkasmus,
aber er hatte die Erfahrung gemacht, dass die NYPD-Jungs bei seiner Task Force manchmal ein bisschen exzentrisch waren – vor allem Kontraktagenten wie ich, die nicht davor zurückscheuten, ihm zu sagen, er solle seinen Job nehmen und ihn sich sonst wohin stecken.
    Jetzt aber war der besagte Job bitter nötig, um Asad Khalil ausfindig zu machen. Deshalb sollte ich vielleicht etwas netter zu Tom sein.
    »In Ihrem Bericht lassen Sie anklingen, dass Asad Khalil mit der Absicht in die USA zurückgekehrt ist, Rache an den Leuten bei unserer Task Force zu üben, die vor drei Jahren an dem Fall beteiligt waren«, sagte Walsh zu mir.
    »Das stimmt.«
    »Und deswegen Kate angegriffen hat.«
    »Ich glaube, das ist eine durchaus logische Annahme.«
    »Richtig … aber … das scheint mir ein sehr ausgeklügelter Plan zu sein. Oder?«
    »Psychopathen lassen sich auf sehr ausgeklügelte Rituale ein, Tom.«
    »Ich weiß … aber …«
    Tom Walsh wusste, dass er mehr Geduld mit mir haben musste als sonst. Meine Frau war in einem kritischen Zustand, und ich war außer mir. Eigentlich scherte er sich nicht um mein seelisches Befinden – es sei denn, es wirkte sich auf mein vorhersehbar unberechenbares Verhalten aus –, aber er machte sich etwas aus Kate, die eine von seinen Leuten war. Er schätzte sie sowohl persönlich als auch beruflich, außerdem ist es für einen Vorgesetzten nicht gut, wenn er einen Agenten verliert. Allerdings war er in diesem Fall einigermaßen aus dem Schneider, weil Kate außer Dienst war, als es passierte.
    Er sagte sogar zu mir: »Ich wusste gar nicht, dass Sie und Kate Fallschirmspringer sind.«
    »Wir wollten Sie damit überraschen.«

    Er wechselte das Thema. »Sie haben gemeldet, dass Kates Dienstwaffe ebenso vermisst wird wie ihr Handy.«
    »Richtig.«
    »Wenn die Glock tatsächlich Khalil in die Hände gefallen ist, könnte das problematisch sein, aber höchstwahrscheinlich hat er eine eigene Waffe. Das eigentliche Problem ist also das Handy.«
    Offenbar kam sich Walsh mit dieser Feststellung sehr schlau vor. »Einverstanden. Aber es könnte auch von Vorteil sein.«
    »Genau. Die Kommunikationsauswertungseinheit könnte das Signal anpeilen.«
    »Gut. Aber ich bin mir sicher, dass Khalil es abgestellt hat. Er ist ja nicht blöd. Die Gelegenheit bietet sich nur, wenn er es einschaltet, um Kates Telefonverzeichnis zu nutzen.«
    »Richtig. Aber angenommen, er ist ausgebufft, dann weiß er, dass er das Telefon nicht länger als eine Minute anlassen darf, bevor das Signal angepeilt wird.« Und Walsh fügte hinzu: »Ich bin mir sicher, dass er für längere Gespräche ein eigenes Handy besitzt, und da wir seine Nummer nicht kennen, kann es eine Weile dauern, bis wir sein Signal aufspüren, falls er eine von unseren Nummern anruft.«
    Tom Walsh ist nicht unbedingt herablassend zu anderen Leuten, aber manchmal ist der Übergang fließend, wenn er Sachen sagt, die selbstverständlich sind, und so tut, als gebe er einem neue Informationen. Ich widerstand der Versuchung, ihm zu erklären, dass ich etwas von der Technologie verstand, und sagte stattdessen: »Vielleicht bekommen wir eine Chance.«
    »Vielleicht. Können Sie sich noch an den Saudi erinnern, der vergessen hat, sein Handy abzuschalten?«
    »Durchaus.« Auch ich ließ mich zu einer Aussage hinreißen, die sich von selbst verstand. »Der Saudi war schlampig und dämlich. Asad Khalil ist es nicht.«
    »Die meisten von ihnen sind dumm.«

    Walshs Aussage hatte einen gewissen Wahrheitsgehalt. Die meisten von ihnen waren dumm. Aber selbst dumme Leute haben manchmal Glück, und wir waren manchmal dümmer als sie, um die Wahrheit zu sagen. So kam es zu 9/11 – sie hatten bei aller Dummheit Glück, und wir waren blind und

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