Der Lord und die Betrügerin
vertrieben, Bruder?«, fragte er.
»Ich habe dir doch gesagt, sie fühlt sich nicht wohl.«
»Was für eine verdammte Entschuldigung.«
Auf der anderen Seite von Tadd griente Orvis, der die Unterhaltung mit angehört hatte, breit. »Das ist wohl ein Fall von Bammel vor dem Ehebett. So etwas gibt es.«
»Nicht bei mir«, erklärte Tadd, und sein Blick huschte abschätzend über die anwesenden Mägde.
»Weil niemand dich heiraten will, das ist der Grund.« Orvis lachte schallend über seinen eigenen Spaß.
»Nein, weil ich meine Frauen zufrieden stelle.« Um seiner Behauptung Nachdruck zu verleihen, zwinkerte er der Dienstmagd mit dem Namen Zelda zu. Sie war ein hübsches Mädchen mit üppigen Brüsten und klugen, dunklen Augen.
Interessiert zog sie eine Augenbraue hoch, musterte Tadd und schob die Unterlippe vor. Dann wirbelte sie herum, und ihre Röcke raschelten, als sie hinter einem Vorhang verschwand.
Orvis schnaufte und steckte die Nase in seinen Krug. »Nicht alle Frauen, wie es scheint.«
»Sie wird schon zurückkommen.« Tadds Selbstvertrauen schwand nicht. »Aber was ist mit deiner Frau, Kelan?« Tadd konnte sich den gutmütigen Spott über die unangenehme Lage seines Bruders nicht verkneifen. »Ist es nicht an der Zeit, mit der Lady im Bett zu verschwinden?«
»Bald.«
»Ich an deiner Stelle wäre schon längst oben. Ich habe nur einen flüchtigen Schimmer von ihrem Gesicht gesehen, aber sie ist ein hübsches Mädchen, deine neue Braut.«
Kelan schnaubte verärgert und versuchte dann, seine Aufmerksamkeit auf einen Sänger zu richten, der auf dem Podium der Musiker erschienen war.
»Ah, wenn ich doch nur heute Nacht einen Blick in dieses Zimmer werfen könnte.« Tadds Augen blitzten.
Ich würde dir gerne dieses Vergnügen gönnen , dachte Kelan voller Abscheu. Er konnte mit der störrischen, respektlosen Frau nichts anfangen. Er würde allerdings auch nicht zugeben, nicht einmal vor sich selbst, dass der Kuss am Altar ihn merkwürdigerweise aufgewühlt hatte. Und als er ihren Schleier gehoben hatte, hatten die Schatten in ihren grünen Augen ihn beunruhigt. Er hatte kühle Verachtung von ihren Lippen erwartet, aber er hatte viel mehr gespürt, etwas, das ihm nicht behagte. Etwas, über das er nicht nachdenken wollte. »Hast du nichts Besseres zu tun?«, fragte er deshalb abwehrend seinen Bruder.
Die kecke Dienstmagd kam mit einem weiteren Krug Wein zurück, und auch wenn sie versuchte, es vor ihm zu verbergen, so warf sie Tadd doch einen verschmitzten Blick zu.
Orvis war dieser Blick nicht entgangen. »Bah«, murmelte er und steckte die Nase wieder in seinen Becher.
»Aye, Kelan«, meinte Tadd und grinste zufrieden. »Ich habe wirklich Glück, und wie es scheint, habe ich wirklich etwas Besseres zu tun. Etwas viel, viel Besseres.«
Nichts Gutes wird dabei herauskommen.
Hildy warf die Hand voll bunter Steine, die laut klackernd auf dem verkratzten Holztisch und in einem Strahl des Mondlichtes landeten, das durch das offene Fenster fiel.
Das ist das Werk des Teufels.
Ihr altes Herz schlug qualvoll, und sie rieb sich die von Flecken übersäten Hände. Aus dem Schloss tönte der Klang von heiserem Lachen, schwacher Musik und das Pulsieren des Verrates. Wie hatte sie das alles nur geschehen lassen können? Sie starrte auf die Steine und schluckte. Sie hatte versagt.
Das Versprechen, das sie Lady Twyla auf ihrem Sterbebett gegeben hatte, war gebrochen. Es war vom Schicksal vorherbestimmt gewesen, dass es gebrochen wurde.
»Kümmere dich um meine Mädchen, Hildy«, hatte die Lady sie flüsternd gebeten, während der raue Husten ihren dünnen, knochigen Körper erschüttert hatte. »Versprich mir, dass du dafür sorgen wirst, dass sie alle glücklich verheiratet werden, dass sie Kinder haben.«
»Das werde ich tun, M'lady«, hatte Hildy im flackernden Licht einiger weniger Kerzen geschworen.
Ein abwesender Blick war in die grünen Augen der Lady getreten. Ihre weiße Haut über den hohen Wangenknochen und dem kräftigen, vorstehenden Kinn hatte nahezu durchsichtig geschimmert. Ihr Hemd war von Schweiß durchtränkt gewesen, ihr Haar hatte sich feucht um ihr Gesicht geringelt, trotz des kühlen Tuches, das Hildy ständig auf ihre Stirn gelegt hatte. Die Lady hatte das Kreuz berührt, das sie stets um den Hals getragen hatte. »Ich hatte keine glückliche Ehe, wie du sehr wohl weißt. Es war eine Verbindung, die mein Vater geschlossen hat, aber...« Traurigkeit hatte um ihre blassen Lippen
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