Der Lord und die Betrügerin
gelegen. »Es war gut genug. Vielleicht gibt es wahres Glück ja gar nicht. Vielleicht ist es unpraktisch, an so etwas zu denken, vielleicht ist es nur ein romantisches Gefühl.« Sie hatte geblinzelt und dann geschluckt. »Sorge dafür, dass die Mädchen mit Männern verheiratet werden, die gut zu ihnen sind, die sie gut behandeln werden...«
»Ich habe keinen Einfluss darauf, wen sie heiraten werden«, hatte Hildy protestiert.
In diesem Moment hatte sich der Blick von Lady Twyla geschärft, wie ein Adler hatte sie ihre Zofe angefunkelt. »Du hast das Ohr des Barons. Er vertraut dir.«
Hildy war beinahe das Herz stehen geblieben. Sie hatte nach Luft geschnappt.
»Aye, ich weiß es schon eine lange Zeit«, hatte Twyla geflüstert und eine Hand mit überraschender Kraft um Hildys Handgelenk gespannt. »Ich mache dir keinen Vorwurf. Ich kenne die... Bedürfnisse meines Mannes. Ich weiß auch, dass er an deine Omen und Vorhersagen glaubt. Er ist nicht immer ein Christ. Er glaubt, dass du begabt bist, dass du den zweiten Blick hast, dass du... dass du ein verdammter Talisman bist, ein Glücksbringer.« Ihre Lippen hatten sich bei diesem Gedanken schmerzlich verzogen. »Eventuell hat er ja geglaubt, dass ein wenig von deinem Glück auf ihn abfärbt.«
»Nein, Mylady, nein, ich...«
»Es ist die Wahrheit!«, hatte Twyla Hildy trotz ihrer Schwäche angefahren, die beinahe zehn Jahre jünger als sie war. Seufzend hatte sie dann den Kopf geschüttelt. »Da er dir vertraut, musst du ihn beraten, was meine Töchter betrifft. Versprich mir, dass du alles tun wirst, was in deiner Macht steht, um dafür zu sorgen, dass sie mit guten Männern verheiratet werden, die wahrhaftige Herzen haben.«
»Das werde ich tun, M'lady, aber...«
Die krallenartigen Finger hatten sich mit der gleichen Verzweiflung um Hildys Handgelenk geschlossen, die auch in den Augen der Lady gelegen hatte. »Versprich es mir«, hatte sie gedrängt, und mit ihrer freien Hand hatte sie nach dem Kreuz gegriffen, das halb unter ihrem Hemd verborgen war. Sie hatte es Hildy hingehalten und hatte dann Hildys sich sträubende Finger um das mit Juwelen besetzte Kreuz gelegt. »Versprich es mir. Im Angesicht Gottes. Jetzt.« Und als Hildy noch immer gezögert hatte, hatte Lady Twyla wiederholt: »Jetzt!«
»Ich... ich verspreche es«, hatte Hildy erstickt herausgebracht, während die Lady in die Kissen zurückgesunken war. Zufrieden und erschöpft.
Aber Hildy hatte gelogen. Sie hatte es schon damals geahnt. Und mit eisiger Sicherheit wusste sie es jetzt.
Hildy hatte ihren Einfluss auf Llwyd von Lawenydd nach dem Tod seiner Frau verloren. Vielleicht war es das Schuldgefühl nach dem Tod seiner Frau gewesen, oder er war ihrer einfach überdrüssig geworden. Die einzige Beziehung, die Hildy zu dem Baron hatte, war die durch seine Kinder.
Egal, was der Grund für den Verlust der Gunst von Llwyd gewesen war, das Ergebnis war niederschmetternd. Sie hatte gewusst, dass ihre Bemühungen, das Schicksal von Lady Elyn zu lenken, von Llwyd ignoriert wurden. Sie hatte die Gefahr in dieser Verbindung mit Kelan, dem Baron von Penbrooke, vorhergesehen. Aber nichts hatte sie vorbereitet auf die Zukunft, die sie für die Töchter des Barons sah.
Als sie noch einmal auf diese verfluchten Steine starrte, wusste sie, dass sich wegen dieser heuchlerischen Ehe Verderben und Tod über Lawenydd senken würden.
Es ist an der Zeit, dass ich meiner Frau eine Lektion erteile, dachte Kelan wütend. Er hatte versucht, seine Wut im Zaum zu halten, hatte die Absicht gehabt, sich seinen Zorn und seine Beschämung nicht anmerken zu lassen, doch mit jeder Minute, die verstrich, steigerte sich sein Ärger. Er hatte während des Festes lange genug unter den neugierigen Blicken und den hochgezogenen Augenbrauen, dem spöttischen Lächeln und den verächtlich verzogenen Mündern gelitten. Noch nicht einmal sechs Stunden war er verheiratet, und schon hatte das Frauenzimmer die Oberhand. Glücklicherweise war Tadd den Röcken der hübschen und willigen Dienstmagd gefolgt und verschwunden. Orvis hatte genügend Bier getrunken, so dass er sicher schon bald am Tisch einschlafen würde.
Kelan, der mehr als nur ein bisschen betrunken war, schob seinen Stuhl zurück, entschuldigte sich und fühlte deutlich die Wirkung von zu viel Wein. Er bahnte sich einen Weg aus der verräucherten großen Halle zur Treppe. Seine Schritte waren unsicher, was ihn sehr überraschte, denn normalerweise konnte er
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