Der Lord und die Betrügerin
im Schloss sich fragen, was wohl mit Kiera passiert ist und nicht mit Elyn.«
Kiera hatte dieses Problem natürlich schon bedacht. Aber über die beiden Möglichkeiten war sie nicht gerade glücklich. »Du musst ihn anlügen und behaupten, dass ich mit Elyn geritten bin. Sag ihm einfach, dass Elyn mich in letzter Minute gebeten hat, sie zu begleiten, was ich getan habe«, erklärte sie ihrer Schwester. »Ich werde versuchen, mich von ihm zu verabschieden, ehe ich gehe. Aber wenn ich das nicht schaffe, dann sagst du ihm halt, dass ich ihm bald eine Nachricht schicken oder bald zurückkommen werde. Das sollte uns noch ein paar Tage Zeit geben. Möglicherweise finden wir in dieser Zwischenzeit unsere Schwester.«
»Und wenn wir das nicht schaffen?«, meinte Penelope und piekste mit dem Finger gegen Kieras Brust. »Wenn wir nun so tun, als seist du mit Elyn in Penbrooke, und jemand von Lawenydd einen Besuch in Penbrooke macht und dich sieht und nicht Elyn, als Frau des Lords. Was dann?«
»So etwas wird nicht passieren. Ich werde schon vorher zurück sein.«
Hildy seufzte schwer und biss sich auf die Unterlippe. »Mit jeder Lüge verstricken wir uns tiefer in die ganze Sache.«
»Bitte, gib mir noch eine Woche Zeit. Wenn wir Elyn bis dahin nicht gefunden haben, dann schwöre ich, werde ich allen die Wahrheit sagen und alle Verantwortung auf mich nehmen«, flehte Kiera. »Und wir müssen einen Boten nach Oak Crest schicken, zu Brock.« Sie sah von ihrer Schwester zu der alten Frau. »Vielleicht weiß er ja, was mit Elyn geschehen ist.«
»Dann werden wir einen Boten finden müssen, dem wir vertrauen können«, dachte Hildy laut nach. »Wer könnte das sein?«
Kiera hatte die Entscheidung schon getroffen. »Nur Joseph kann das übernehmen.«
»Joseph? Der Stalljunge?« Verächtlich winkte Penelope mit der Hand ab und rollte mit den Augen. »Wie soll er denn heimlich verschwinden? Es wird doch jedem auffallen, wenn er nicht da ist!«
Kiera hatte auch das bedacht. »Er ist derjenige, dem wir absolut vertrauen können. Und er wird das Schloss unter dem Vorwand verlassen, dass er nach der vermissten Stute suchen wird.«
»Was denn für eine Stute?«
»Die Stute, auf der Elyn weggeritten ist!«
»Oh, wir sind wirklich verloren. Verloren.« Penelope warf sich aufs Bett und schüttelte den Kopf. »Jetzt gibt es noch dazu gestohlene Pferde.«
»Ein ausgeborgtes Pferd«, korrigierte Kiera sie und wandte sich an Hildy. »Du verstehst dich gut mit Vater. Tu alles, um ihn davon zu überzeugen, Joseph nach dem vermissten Pferd suchen zu lassen. Und sorg vor allem dafür, dass Joseph sich mit Brock in Verbindung setzt.«
»Und wenn er Elyn findet?«
»Dann muss er ihr von mir die Botschaft geben, dass sie sofort nach Penbrooke kommen soll.«
»Und wenn sie sich weigert?«, fragte Penelope.
Kiera malmte mit den Zähnen. »Dann werde ich mit ihr reden.«
»Aus Penbrooke?«
»Ich werde schon einen Weg finden. Darüber mach dir mal keine Sorgen!«
Man hörte Schritte vor der Tür, und Kiera wusste, dass ihre Zeit ablief. »Ich muss bald abreisen«, sagte sie hastig. »Joseph ist klug, er wird einen Weg finden. Und jetzt müsst ihr beide euren Teil dazu beitragen, Elyn zu finden«, beschwor Kiera Hildy und Penelope.
»Ich weiß, und ich... ich werde versuchen, dein Geheimnis zu bewahren, aber wir können es nur eine bestimmte Zeit lang schaffen.« Penelope stöhnte. »Ein paar Tage, eventuell eine Woche. Aber wenn Elyn bis dahin nicht zurückgekehrt ist, werden wir Vater alles erklären müssen.«
»Ich werde zurück sein, so schnell ich kann. Das verspreche ich. Mit oder ohne Elyn.« Kiera schloss die Lederriemen um ihre Tasche. Sie zwang sich zu einem Lächeln und legte ihrer jüngeren Schwester einen Arm um die Schultern. Sie vermisste Penelope schon jetzt. »Du darfst das Vertrauen nicht verlieren. Vielleicht ist uns das Schicksal ja gnädig.«
Hildys Augen verdunkelten sich. »Ich sehe etwas ganz anderes«, gestand sie und schüttelte betrübt den Kopf.
»Du hast dich schon oft geirrt.« Kiera gab ihre Schwester frei und öffnete die Tür. »Bete, dass das mal wieder eintrifft.«
Als sie sich von Hildy und Penelope verabschiedet hatte, verspürte Kiera plötzlich einen eisigen Hauch. Rasch und entschlossen lief sie die Treppe hinunter, hatte aber dabei das grässliche Gefühl, als würde sie ertrinken, ertrinken in ihren eigenen Lügen.
Hewlett-Packard
13. Kapitel
Elyn fühlte sich schlecht.
So wie häufig
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