Der Lord und die Betrügerin
Handgelenks, durch die sein Vater Blut vergossen hatte.
Er hatte Penbrooke verlassen, war mit dem Gesetz in Konflikt geraten und schließlich, als er erfahren hatte, dass sein Vater im Sterben lag, doch zurückgekommen. Der alte Mann hatte ihm verziehen, aber er hatte von ihm verlangt, Elyn von Lawenydd zu heiraten, und Kelan hatte sich einverstanden erklärt. Zögernd, ganz wie der verlorene Sohn, war er an seinen Ehrenplatz als männlicher Erstgeborener zurückversetzt worden. Doch bis zum heutigen Tag verfolgte Kelan seine Vergangenheit. Oh, wenn er die Dinge doch ändern könnte, er würde nie wieder seiner Familie den Rücken kehren, damit hatte er seiner Mutter damals beinahe das Herz gebrochen. Sie, die niemals das Vertrauen in ihn aufgegeben hatte, hatte für ihn gebetet, hatte ihn mit offenen Armen wieder in der Familie aufgenommen, mit Tränen in den Augen. Und jetzt starb sie, und er konnte nichts dagegen tun.
»Du wirst sie sehen, Mutter, du wirst alle deine Enkelkinder sehen«, erklärte Daylynn heftig und schluckte mühsam. »Du wirst wieder kräftiger werden. Du darfst nicht... du darfst nicht so reden.« Daylynns rot geränderte Augen richteten sich auf ihre Brüder und Schwestern, von denen sie sich Unterstützung erhoffte. Doch die bekam sie nicht. Die anderen wussten, dass Lenore in das nächste Leben hinüberglitt. Daylynns zartes Kinn zitterte, sie legte ihrer Mutter die Hand auf die Schulter. »Ruh dich aus, Mutter, bitte, und trink die Brühe - es wird dir schon bald wieder besser gehen.«
»Ach, Daylynn... ich bin so erschöpft.«
»Dann schlaf jetzt. Wir werden dich allein lassen, damit du dich ausruhen und wieder Kraft schöpfen kannst.«
»Psst, Lynnie. Meine Zeit ist gekommen. Ich werde zu eurem Vater gehen.«
»Nein!« Daylynn warf sich über das Bett und brach in herzzerreißendes Schluchzen aus, während sie den Kopf an die Brust ihrer Mutter presste und Bryanna einen Aufschrei unterdrückte. »Gib nicht auf, Mutter. Verlass uns nicht. Noch nicht. Wir... ich brauche dich«, flüsterte Daylynn.
Matt strich Lenore über das dunkle Haar ihrer Tochter. »Es ist besser so, Tochter.«
Kelan sah die Linien der Erschöpfung im blassen Gesicht seiner Mutter, der Schmerz war in ihren Augen deutlich zu erkennen. Er schaute Morwenna an, dann nickte er, denn die beiden hatten einander immer so nahe gestanden, dass sie wussten, was der andere dachte. »Komm, Lynnie«, sagte er leise. »Vater Barton ist aus Lawenydd zurück, lass Mutter allein, damit er mit ihr reden kann.«
»Aber...«, versuchte Daylynn zu protestieren.
»Psst. Mutter braucht ihre Ruhe.« Behutsam zog Morwenna ihre jüngste Schwester vom Bett. Mit Bryannas Hilfe brachte sie Daylynn aus dem Zimmer.
Lenore sah ihnen nach, dann richtete sie den Blick aus trüben Augen auf ihre beiden Söhne. »Es ist eure Pflicht... euer beider Pflicht... euch darum zu kümmern, dass die Mädchen eine gute Ehe eingehen. Und jetzt... lasst mich bitte allein. Ich bin so erschöpft. Ich warte nicht gern, aber ich werde meine neue Schwiegertochter dann morgen früh begrüßen.«
Eine Dienerin blieb in der Nähe, als Lenore seufzte und ihre Augen schloss.
Der Stein in Kelans Brust wurde noch schwerer. Er wusste, dass seine Mutter starb, und er akzeptierte es. Doch es war so unendlich schwer, einen Menschen zu verlieren, der ihn sein ganzes Leben lang geliebt hatte. Als er das Zimmer verließ, schickte er insgeheim ein Gebet für ihre Seele zum Himmel und wäre beinahe mit dem Verwalter zusammengestoßen, der durch den Flur kam.
»M'lord, ich störe Euch nicht gern, aber habt Ihr eventuell eine Minute Zeit für mich?«, fragte dieser und ging neben Kelan her. Er war einen Kopf kleiner als Kelan und musste beinahe laufen, um mit dem Baron Schritt zu halten. »Es gibt da einige Unstimmigkeiten, um die Ihr Euch kümmern solltet«, erklärte er atemlos, als hoffe er, wenn er nur schnell genug redete, würde Kelan stehen bleiben und ihm zuhören. »Die Bauern im Süden beklagen sich wegen der Steuern, und es gibt einen Streit über die Jagdrechte, und der Verwalter hat den Sohn des Böttchers dabei erwischt, wie er Gewürze gestohlen hat und...«
»Muss das denn unbedingt jetzt erledigt werden?«, fuhr ihn Kelan an.
»Aber Ihr seid schon seit Tagen weg und...«
»Es wird warten müssen. Alles wird warten.« Kelan verringerte seine Geschwindigkeit nicht. »Ich werde morgen mit allen reden, nach meiner täglichen Runde. Heute habe ich viel zu viel
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