Der Lord und die Betrügerin
»Offensichtlich warst du noch nie verliebt.«
»Du weißt, dass Brock ein Schuft ist. Das hast du sogar selbst gesagt.«
»Vielleicht, aber das Herz kennt keine Vernunft.« Elyn starrte in den Regen, als suche sie nach einer Art göttlicher Eingebung, nach einer Art Erlösung von ihrem Elend.
»Oh, bitte, hör auf! Ich habe diesen romantischen Unsinn schon viel zu oft von dir gehört, und sieh nur, wohin er dich gebracht hat.« Kiera fühlte so etwas wie Mitleid mit ihrer Schwester. Wenn es um die Liebe ging, war ihre starke Schwester ein solcher Dummkopf, aber Elyn war von klein auf eine Träumerin gewesen. »Ich weiß, dass du Penbrooke nicht heiraten willst. Hast du das nicht schon verkündet seit dem Tag, an dem Vater über seinen Handel gesprochen hat? Aber was du da vorschlägst, ist verrückt... absurd, es wird niemals klappen.«
»Doch, das wird es, wenn du einverstanden bist. Also, du wirst dich ihm nicht hingeben müssen, nicht wirklich.« Elyn blinzelte, weil der Regen nun in ihr Gesicht tropfte. »Du kannst ihm einen Schlaftrunk einflößen, worauf er einschlafen wird. Ich sorge dafür, dass ein Fläschchen mit Blut - Schweineblut - bereit ist, das kannst du dann auf das Laken schütten, damit er, wenn er aufwacht, glaubt...«
»Und warum kannst du das nicht tun? Warum kannst du nicht dafür sorgen, dass er einschläft, und dann das Blut auf das Laken schütten?«
»Weil ich mich ein letztes Mal mit Brock treffen werde.«
»Was?«, rief Kiera. Das war lächerlich! Wahnsinn!
»Bitte, Kiera, wenn ich nur noch eine einzige Nacht mit Brock haben kann, dann wird mir das das Gefühl geben, dass ich mich dem Vertrag, der mich von meinem Liebsten trennt, widersetzt habe. Es wird meine Pflichten als die Frau des Barons von Penbrooke erträglich machen, und niemand außer uns beiden wird etwas davon wissen.«
»Es würde alles nur noch viel schlimmer machen. Viel schlimmer. Nein, Elyn, das ist verrückt. Ich würde alles für dich tun, ich habe dir mein Wort gegeben, aber das... das kann ich nicht.«
»Du wirst deine Jungfräulichkeit nicht aufgeben müssen.«
»Das behauptest du, aber...«
»Und alle werden denken, dass er mit mir zusammen war. Du verlierst gar nichts, Kiera. Nichts. Und ich werde eine letzte Nacht mit meinem Geliebten haben.«
Kiera fand, dass ihre Jungfräulichkeit nicht so kostbar war, wie sie früher geglaubt hatte, nicht, wenn man so leichtfertig darüber verhandeln konnte. Obwohl Elyn natürlich Recht hatte. Kiera würde sich diesem Mann niemals hingeben. Dennoch konnte sie die Bitte ihrer Schwester nicht erfüllen, trotz ihres Versprechens. Kiera wusste, dass dieser Plan nicht klappen würde. Sie würde sich weigern. Es war ein hirnrissiger Plan.
»Dieser Plan ist absolut unmöglich«, erklärte sie fest und zog die Kapuze über den Kopf, während der Regen dichter fiel. »Du musst zu Vater gehen und versuchen, ihm diese Ehe auszureden.«
»Glaubst du denn, das hätte ich nicht längst getan? Um der Liebe der heiligen Mutter willen, ich habe gebettelt, ich habe geschrien, geweint, ihn angefleht, aber alles war umsonst. Vater hört mich einfach nicht an.« Ihre Augen verdunkelten sich zornig, und ihr Kinn schob sich entschlossen vor. Wenn Elyn etwas von Llwyd von Lawenydd geerbt hatte, dann waren es dieser verdammte Stolz und die Störrigkeit. Regen rann Elyn in den Nacken, aber sie machte sich nicht die Mühe, ihren Kopf zu bedecken.
»Hör mir zu...« Verzweifelt umklammerte sie Kieras Ärmel. »Haben wir nicht unsere eigenen Cousins hinters Licht geführt, indem wir so getan haben, als seien wir die jeweils andere? Ist uns das nicht auch bei unserem eigenen Vater gelungen?«, drängte Elyn, und ihr Feuer kehrte zurück. »Sogar als seine Augen noch nicht so schlecht waren? Wir sehen einander so ähnlich, dass wir Zwillinge sein könnten, sogar Hil- dy hat das gesagt!«
Kiera überlegte einen Moment. Es stimmte, dass viele behaupteten, dass Elyn und Kiera gleich aussahen. In der Tat waren sie einander in vielen Dingen ähnlich. Sie hatten beide leuchtend kastanienbraunes Haar, grüne Augen und ein Kinn, das ein wenig spitz zulief. Kiera und Elyn hatten oft die Bediensteten an der Nase herumgeführt. Doch dieser Streich war zu unglaubwürdig und gefährlich. »Es tut mir Leid, Elyn, das wird nicht klappen. Ich kann es nicht tun.«
Wütend zerrte Elyn an der Halskette, die sie um ihren Hals trug. Die feine Kette zerriss, doch sie fing das glitzernde Kreuz noch auf, ehe es
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