Der Lüge schöner Schein
bisschen umsehen?«, fragte sie.
»Wie du möchtest.«
Sie gingen hinein. Auf einer viktorianischen Chaiselongue saß ein Mann, der erstaunlicherweise den Eindruck erweckte, er ruhe bequem. Offenbar hatte er gerade sein Mittagessen beendet, und nun reinigte er seine Zähne an einem Apfel. Er mochte Anfang vierzig sein, hatte ein rundes, fröhliches Gesicht, das zu seiner übrigen Erscheinung passte. Böse Zungen würden ihn dick nennen, andere nur pummelig, dachte Pascoe und ließ damit sein eigenes Urteil in der Schwebe.
»Tag«, sagte der Mann. »Suchen Sie etwas Bestimmtes?«
»Wir sehen uns nur um«, antwortete Ellie.
»Gerne. Sagen Sie mir Bescheid, wenn Ihnen etwas halbwegs Brauchbares in dem Trödel hier unterkommt.«
Der Laden war in drei Abschnitte unterteilt. Im größten waren Möbel, im zweiten Kunsthandwerk aus der Gegend, und der dritte und kleinste beherbergte eigentlich nur ein paar Vitrinen mit Münzen und Briefmarken.
Pascoe sah sich Letztere genauer an, bemüht, die Exponate mit seiner geistigen Checkliste zu vergleichen.
»Ich wusste gar nicht, dass du dich für Briefmarken interessierst«, bemerkte Ellie, die an seine Seite getreten war.
»Es gibt vieles, was du nicht von mir weißt«, erwiderte er leise. Und umgekehrt.
Sie gingen zurück zum Kunsthandwerk. Er nahm einen Aschenbecher in die Hand, der von einem Töpfer aus der Gegend stammte.
»Da gibt’s ja im Jockey schönere zum Stehlen«, meinte er.
»Das habe ich mir auch schon oft gedacht«, sagte der Apfelesser, der unbemerkt hinter ihnen aufgetaucht war.
»Tut mir leid«, sagte Pascoe und stellte den Aschenbecher hastig wieder zurück.
»Aber ich bitte Sie.« Der Mann grinste. Pascoe grinste zurück und traf eine Entscheidung. Jemand, der über sich und seinen Kram lachen konnte, hatte es verdient, pummelig zu sein.
»Die sind aber hübsch«, sagte Ellie. Sie sah sich gerade einige Anhänger und Broschen aus kleinen, polierten oder unpolierten Steinen an, die alle als »Echte Steine aus Yorkshire« ausgezeichnet waren, als ob ihnen das einen besonderen Wert verliehe.
»Die finden Sie bestimmt nicht im Jockey«, sagte der Händler. »Aber alles solide Handarbeit aus der näheren Umgebung. Aus der ganz nahen sogar. Aus meiner Hand nämlich. Machen Sie einen Kunsthandwerker glücklich.«
»Und reich«, ergänzte Pascoe trocken, als er auf das Preisschild an dem grünen Anhänger mit roten Sprenkeln sah, der es Ellie anscheinend besonders angetan hatte.
»In Ordnung«, sagte der Mann. »Fünfundzwanzig Pence Sofortrabatt, um zu sehen, ob Ihr Interesse ernst gemeint ist.«
Ellie sah Pascoe an und lachte angesichts seines Dilemmas über das ganze Gesicht. Er zückte seine Brieftasche und zahlte. Das Lachen allein war es wert.
»Danke«, sagte sie. »Jetzt, wo ich habe, was ich wollte, düse ich ab. Ich habe um halb drei eine Vorlesung. Ruf mich wegen morgen an, ja?«
»Okay«, antwortete Pascoe. »Ich bleibe noch ein bisschen.«
Er sah ihr nach und wandte sich dann an den Verkäufer.
»Mr. Burne-Jones?«
»Fast. Etherege.«
Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, als Pascoe sich vorstellte, auch nicht, als Pascoe ihm die Briefmarken zeigte.
»Tut mir leid«, sagte er. »Für mich sind das bloß Papierschnipsel. Habe selbst nie was daran finden können. Mein Partner kümmert sich um diese Dinge. Verdienen kann man damit eigentlich nichts, aber ihm macht’s Spaß.«
»Das wäre dann wohl Mr. Burne-Jones? Könnte ich ihn sprechen?«
»Nicht so bald. Er ist heute Morgen nach Korsika in Urlaub gefahren.«
»Verdammt.« Pascoe zog einen Durchschlag der Gesamtliste der gestohlenen Gegenstände hervor.
»Sie kennen das wahrscheinlich?«
»Ja«, bestätigte Etherege. »So etwas kriegen wir immer wieder, aber wie Sie sehen, verkaufen wir hauptsächlich Möbel. Ein bisschen sperrig für Ihren Fassadenkletterer, und außerdem kaufe ich die meisten Sachen auf Versteigerungen, da wissen wir, wo sie herkommen.«
»Was ist mit den Briefmarken?«
»Das weiß der Himmel. Manchmal glaube ich, dass David, mein Partner, sich auf Schulhöfen herumtreibt und dort tauscht. Hören Sie, nehmen Sie sich doch einfach alles mit, was zu den Marken auf Ihrer Liste passt, und schauen Sie sich’s genauer an.«
»Das ist wirklich sehr großzügig von Ihnen«, sagte Pascoe, der genau das vorgehabt hatte. Aber es war eine nette Abwechslung, einmal ohne das übliche Getue auszukommen.
»Nicht der Rede wert. Nichts davon kostet mehr als ein
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