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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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gewesen, der Menzies’ Fluß unterbrochen hatte.
    »Oje«, sagte Adrian und stand beunruhigt auf. »Ich glaube, meine Beine müssen sich einen Augenblick lang versehentlich in Ihren Kabeln verfangen haben. Es tut mir leid …«
    Der BBC-Regisseur lächelte ihn mit gebleckten Zähnen an.
    »Falls Mr. Healey imstande sein sollte, bloß drei Minuten lang stillzusitzen«, setzte Menzies fort, »werde ich fortfahren …«
    »Sie waren bis ›öffentlichen Ärgernisses‹ gekommen«, sagte Adrian.
    »Danke. ›… wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses. Der Professor war in der vorangegangenen Nacht um drei Uhr früh in der Herrentoilette von Parker’s Piece festgenommen worden. Ein Jugendlicher, Zeugenaussagen zufolge unter zwanzig, entkam nach einer tätlichen Auseinandersetzung mit der Polizei. Der Professor (66) erklärte sich für schuldig. Der Präsident von St. Matthew’s College stand heute morgen für einen Kommentar nicht zur Verfügung.Donald Trefusis, dessen Artikel und Radiosendungen wohlbekannt sind, sprach den
Evening News
gegenüber davon, wie außergewöhnlich das Leben sei.‹«
    »Ja, gut, danke, Garth«, sagte der Präsident, »ich glaube, die Einzelheiten des Gerichtsdramas von heute vormittag sind uns allen zur Genüge bekannt. Ich nehme an, Sie sind der Meinung, man müsse deswegen etwas unternehmen?«
    »Unternehmen?« sagte Menzies. »Natürlich müssen wir etwas unternehmen!«
    Adrian stand auf.
    »Hoover, Wrigleys, Magicote, Benson and Hedges, Tesafilm, Persil, Shake and Vac, Milky Way«, sagte er und setzte sich wieder. Er glaubte sich dunkel zu erinnern, daß Markennamen in der BBC nicht erwähnt werden durften.
    »Danke, Adrian«, sagte der Präsident, »das genügt.«
    »Jawohl, Sir, Mr. President, Sir!« sagte Adrian.
    Tim Anderson sprach.
    »Ich glaube, ich ginge nicht fehl in der Annahme, entdeckte ich hier …«
    »Würde ein Student auf diese Weise bloßgestellt«, sagte Menzies, »würden wir ihn zweifellos relegieren. Wie jeder Student ist Professor Trefusis Angehöriger dieses Colleges. Ich stelle fest, daß wir gemäß der Collegeverordnung von 1273 und den ergänzenden Statuten von 1791 und 1902 die Pflicht haben, Disziplinarmaßnahmen gegen jeden Fellow anzustrengen, der den guten Namen des Colleges in Verruf bringt. Ich beantrage vor diesem Gremium, Professor Trefusis mit sofortiger Wirkung seines Amts als Senior Tutor zu entheben und ihn des weiteren von jeder lehrenden Position an diesem College auf ein Jahr zu entbinden. Mindestens.«
    »Hübsch erweiterte Infinitive«, murmelte Adrian.
    »Nun mal langsam, Garth«, sagte der Präsident. »Ich glaube, wir sind alle genauso schockiert wie Sie von Donalds … Donalds … nun, seinem Vorhaben. Wir sind in Cambridge. Wir haben hier eine Tradition der Pädophilie.«
    »Sodomie ist überall, wissen Sie«, schrillte der neunzigjährige emeritierte Professor Adrian Williams. »Wittgenstein war ein Sodomit, hat man mir gesagt. Neulich habe ich gelesen, Morgan Forster, Sie erinnern sich noch an Morgan? Nebenan, am King’s. Hat
Auf der Suche nach Indien
und
Howards End
geschrieben. Kam mal in Pantoffeln in den Speisesaal. Ich hab gelesen, der war auch ein Sodomit. Außerordentlich! Ich glaube, jeder ist das jetzt. Einfach jeder.«
    Ein rot angelaufener Statistiker schlug mit der Faust auf den Tisch.
    »Ich nicht, Sir, ich nicht!« donnerte er.
    »Ich glaube, wir sollten nicht davor zurückschrecken, die schwule Dialektik als Energie aufzufassen und die homophoben Zwänge, die ihre Marginalisierung befördern, als einen funktional reaktiven Diskus«, sagte Tim Anderson.
    Der Kameramann in der Ecke schwenkte seine Kamera vom einen Tischende zum anderen und konnte sich überhaupt nicht entscheiden, auf wen er seine Linse nun fokussieren sollte.
    »Darf ich ums Wort bitten«, sagte Adrian.
    Er hatte gerade ein Päckchen Zigaretten ausgepackt und knüllte das Cellophan jetzt so laut zusammen, daß der Mikrofongalgen, der ihn gerade erreicht hatte, wie eine aufgeschreckte Giraffe fortschwang und Menzies an den Kopf stieß.
    Eine Produktionsassistentin mit einer Klemmappegluckste und wurde vom Präsidenten mit einem Blick tiefster Verachtung belohnt.
    Menzies gab nicht auf.
    »Die Sache ist doch folgende, Rektor. Es gibt Gesetze. Homosexuelle Aktivitäten sind nur zwischen einmütigen Erwachsenen und in privaten Räumen gestattet.«
    »Ist es Ihnen vor dem Gesetz gestattet, Dr. Menzies«, fragte Adrian, »in der Öffentlichkeit Ihren Darm

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