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Der Luftraum darf nicht mit dem Fahrrad verletzt werden - Gesetzliche Kuriositäten und bürokratische Monster

Der Luftraum darf nicht mit dem Fahrrad verletzt werden - Gesetzliche Kuriositäten und bürokratische Monster

Titel: Der Luftraum darf nicht mit dem Fahrrad verletzt werden - Gesetzliche Kuriositäten und bürokratische Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman
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Bürokraten halten dieses Wort für diskriminierend.

    Der Europarat also empfiehlt seinen Mitgliedstaaten die Verwendung neutraler Sprachformeln. Statt Vater und Mutter verwende man „Eltern“, wenn’s nur einer von beiden ist, nenne man ihn Elternteil oder, allen Ernstes, „Elter“, so der Vorschlag. Und wenn der Einjährige sein Milchfläschchen weglegt und anfängt, das erste „Mama“ herauszudrücken, stecken wir ihm seinen Schnuller in den Mund bis er anständig reden gelernt hat.

    ! Aber es geht noch weiter: Aus dem Lehrerzimmer, in dem wir Unbedarften selbstredend ausnahmslos männliche Lehrer vermuten, wird der Pausenraum – ob sich darin auch Schüler,Verzeihung, Schülerinnen und Schüler aufhalten dürfen, steht dann hoffentlich außen an der Tür.

    ! Aus der Fußgängerzone wird die Flanierzone – in der dann aber eilige Einkäuferlnnen nichts mehr zu suchen haben, hier wird nämlich ausnahmslos spaziert und parliert, davon verstehen sie vermutlich was, die 40 000 Brüsseler Beamten.

    ! Der Führerschein wird zum Fahrausweis – wer ausprobieren möchte, ob der dann auch für die S-Bahn gilt, dürfte in der Diskussion mit dem Kontrolleur Schiffbruch erleiden.

    ! Aus der Mannschaft mache man das Team – es steht allerdings zu befürchten, dass Sprachpuristen dagegen Sturm laufen werden, die der Überfremdung der deutschen Sprache durch Anglizismen das Wort reden.

    Vielleicht sollten wir es an dieser Stelle bewenden lassen und uns einen dicken Negerkuss zu Gemüte führen. Oder würde Ihnen der politisch korrekte Kuss mit Migrationshintergrund besser schmecken?
    Es leben die Cojones!
    Das Wort „Hoden“ wollten wir dann doch nicht in die Überschrift setzen. An dieser Stelle ist es wohl angesagt, der beschimpften und geschmähten Gurkentruppe im fernen Staate Belgien für einen Augenblick eine Auszeit zu gönnen. Wir haben einmal den Versuch unternommen, nach einer Regel zu suchen, die
uns EU-Bürgern das Leben leichter, vielleicht sogar besser macht, als es vorher war, und sind tatsächlich fündig geworden. In der schönen Alpenrepublik. In Felix Austria nämlich trübte lange Zeit ein Schatten das vollkommene Glück. Hier durften keine Hoden gegessen werden. Sie haben richtig gelesen: Hoden. Wer das denn wolle, könnte man jetzt fragen, natürlich. Da können wir nur sagen: Ja, die Österreicher eben. Offenbar gibt es im Berg- und Tal-Staat Feinschmecker – oder solche die sich dafür halten –, für die so ein Bällchen der Gipfel des Genusses ist.

    Das nunmehr aufgehobene Verzehrverbot begrüßen wir mit einem enthusiastischen „Hose runter!“ Es berief sich zwar auf hygienische Gründe, war aber eher ein moralisches und stammte noch aus der Zeit der Monarchie. Es untersagte Metzgern, Körperteile von Tieren zu verkaufen, „die sich zu nahe an den Geschlechtsorganen“ befanden.

    Durchaus nachvollziehbar, auch wenn so mancher weder ein hygienisches noch ein moralisches Problem mit dem Hodengenuss haben dürfte. Eher ein ästhetisches. Oder anders ausgedrückt: Solche Eier auf dem Teller sind schlichtweg ekelhaft.
    In aller Kürze
    Nach alldem müssen wir eines klar feststellen:Angeblich hat es noch niemand geschafft, die gesammelten Brüsseler Werke von Anfang bis Ende durchzulesen. Das glauben wir sofort. Dabei haben die Erfinder der europäischen Gesetze irgendwann selbst gemerkt, dass es so nicht weitergehen kann:

    §
    Entschließung des Rates … über die redaktionelle Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften aus dem Jahre 1993:

    §
    Der Rechtsakt sollte klar, einfach, kurz und unzweideutig abgefasst sein; so sollte der übermäßige Gebrauch von Abkürzungen, des Gemeinschaftsjargons oder extrem langer Sätze vermieden werden.

    Ungenaue Verweise auf andere Texte sollten ebenso vermieden werden wie zu viele Querverweise, die den Text schwer verständlich machen.
    Welch bemerkenswerte Einsicht! Allen, denen die ellenlangen, schwer verständlichen und verschachtelten Formulierungen das Leben schwer gemacht hatten, trieb es die Tränen der Rührung in die Augen. Endlich sollte die EU-Gesetzgebung kurz und prägnant werden. Sollte … Denn vier Jahre später entstand der

    §
    Beschluss des Rates über die künftige europäische Tätigkeit im Kulturbereich … ein ganz besonders gelungenes Beispiel europäischer Prägnanz:

    §
    Der Rat der Europäischen Union –
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel

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