Der Luftraum darf nicht mit dem Fahrrad verletzt werden - Gesetzliche Kuriositäten und bürokratische Monster
er geschrieben:
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Jedes Kind soll nicht mehr als einen Vornamen haben, denn wozu eine Sache hinreichend ist, da ist eine zweite unnötig.Viele Namen dienen zu nichts, als uns und anderen mehr Arbeit im Schreiben zu machen.
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Muss derselbe nichts Unanständiges enthalten. Es ist schon schändlich genug für uns, dass wir so viele deutsche Geschlechts- oder Zunamen haben, die nach der Bierschenke oder wohl gar nach dem Schweinestall riechen …
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Soll er nicht ohne Bedeutung und geschmacklos, sondern nachdrücklich, körnicht und sinnreich sein. Gottlieb, Thurecht, Friedreich, Fleißmann, Ehregott, Wahrmund, Tugendfreund, Biedermann, Reinherz, Sittenhold, Winterjung, Lasterfeind, Freimännin, Keuschlebin, Stolzseindin, Glückmännin, Sommertochter, Frühlingskind, Edelherzin, Tugendbraut, Ehrentochter, Gartenkind, Treumädchen, Gottholdin und tausend andere mehr.
Wie wir später noch sehen werden, ist er an mancher Stelle gar nicht so weit von heutigen Geschmacklosigkeiten entfernt.Wobei „Keuschlebin“ bisher unübertroffen ist.Weiter mit Friedrich Ehrhart:
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Muss er nicht mit der Wahrheit streiten. Einen
Knaben, der in den Hundstagen geboren worden, Wintersohn zu heißen, würde sehr lächerlich sein …
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Muss er auch nicht verunstaltet werden.Aus Friedreich mache man nicht Frize oder wie die Schweizer Fridli und so weiter, sondern man lasse jeden Namen, wie er nach der besten deutschen Mundart sein muss.
Der Ahrensburger Namensforscher Knud Bielefeld hat den oben zitiertenText aus dem 18. Jahrhundert gefunden, 2010 transkribiert und überarbeitet.
Allumfassender Einsatz für die Sache Gottes!
Was Eltern mit der Wahl des Namens für ihre Kinder anrichten können, zeigt der Fall eines 16-Jährigen mit dem türkischen Vornamen Cihad. Der Fall war Anfang des Jahres 2010 durch die Gazetten gegangen. Der Name hatte eine eine Zahnärztin in Donaueschingen dazu bewogen, einen 16-Jährigen in ihrer Praxis nicht zu behandeln, im Glauben, sein Vorname bedeute „Heiliger Krieg“ und sei damit eine Kriegserklärung an Nicht-Islamisten. Nun ist aber Cihad ein in der Türkei häufiger Name.Abgeleitet vom arabischen Djehad bedeutet er nicht Heiliger Krieg, sondern steht im Islam für den „allumfassenden Einsatz für die Sache Gottes“ und für den „inneren Kampf um das Gute“ wie der „Focus“ berichtete, und meint damit die moralische Verpflichtung des Muslimen für den „geistigen und gesellschaftlichen Einsatz für die Verbreitung des Glaubens“.
Daran aber sei nichts Verurteilenswertes, urteilte das Berliner Kammergericht. Die Zahnärztin hat sich mittlerweile bei dem Jungen mit der Zahnspange entschuldigt, der ja genauso wenig für seinen Namen kann wie jede Jennifer, jeder Justin und jede Sabrina.
Guttenberg ist nicht Hinz und Kunz
„Quod licet iovi, non licet bovi.“ Das sagten schon die alten Römer. Übersetzt heißt der Satz in etwa: Was dem Großkopferten erlaubt ist, darf der kleine Mann noch lange nicht. Wenn also unser ehemaliger Politsuperstar Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, seines Zeichens am 01. März 2011 zurückgetretener bundesdeutscher Verteidigungsminister, zu seinem Namenszusatz „Freiherr von und zu“ auch noch zehn Vornamen führen darf, dann ist das für Hinz und Kunz noch lange nicht genehmigungsfähig. Zumal die Eltern des CSU-Politikers ihren Sprössling auch mit durchweg bodenständigen deutschen Namen auf den Weg in den Erfolg geschickt haben.
Karl-Theodor kann im Weiteren mit den Namen Maria, Nikolaus, Johann, Jakob, Philipp, Franz, Josef und Sylvester aufwarten. Dagegen kann ein deutsches Gericht wohl nicht viel sagen.
Tatbestand der Belästigung
Des Freiherren Selbstidentifikation scheint unter dem Berg an Vornamen jedenfalls nicht gelitten zu haben – was allerdings das Oberlandesgericht Düsseldorf für einen kleinen Jungen befürchtete, dessen Mutter zwölf Vornamen ausgesucht hatte.Woher sie ihre Inspirationen nahm, ist nicht überliefert, urteilen Sie selbst:
Chenekwahow, Tecumseh, Migiskau, Kioma, Ernesto, Inti, Prithibi, Pathar, Chajara, Majim, Henriko und Alessandro.
Eine solche Häufung von Namen würde dem Kindeswohl widersprechen, urteilte das Gericht und sprach
von einem „erheblich belästigenden Charakter“ für das Kind. Es würde damit zu sehr auffallen, vor allem, weil es sich um ungewöhnliche Namen handle. Immerhin ließ das Oberlandesgericht dann doch die ersten fünf Namen zu. Ob sie dem Buben damit einen
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