Der Lustmolch
übersehen, daß sie mit der Hilfe, die ihre Therapeutin ihr da anbot - nämlich absolut gar keine -, nicht zufrieden war. »Ich werd's versuchen.« Sie ging aus dem Sprechzimmer und schloß die Tür hinter sich.
Val ließ den Kopf auf den Schreibtisch sinken. Jesus, Maria und Josef, warum bin ich nicht in die Pathologie gegangen? Da gäbe es nichts weiter zu tun, als Urinproben aufzukochen, Kulturen von Milben und anderem Krabbelzeug anzulegen, aber ansonsten bliebe man von Spinnern und Streß verschont. Sicher, gelegentlich kam man mit ein paar tödlichen Milzbranderregern in Berührung, aber wenigstens blieb das Sexualleben anderer Leute in ihren Schlafzimmern und in den billigen Illustrierten, wo es hingehörte.
Die Sitzung mit Martin und Lisbeth Rose fiel ihr wieder ein. Die beiden waren bei ihr in Therapie, weil sie sich seit 1958 nicht mehr vernünftig unterhalten hatten, doch heute waren sie kaum zur Tür ihres Sprechzimmers hereingekommen, als sie anfingen, ihr eine genaue Auflistung all der sexuellen Perversionen zu liefern, mit denen sie sich in der vergangenen Nacht - angefangen um zwei Uhr früh - verlustiert hatten. Vor Vals innerem Auge formte sich ein Bild - welke, vertrocknete Fleischmassen, die sich aneinanderrieben bis zur Besinnungslosigkeit -, das plötzlich in Flammen aufging, als habe ein riesiger Pfadfinder aus den Weiten des Kosmos zwei alte Menschen genommen, um mit ihnen nach der Stöckchenmethode ein Feuer zu entfachen. Und das Schlimmste - das Allerschlimmste - war die Tatsache, daß sie während des Zuhörens feststellen mußte, daß all dies sie nicht unberührt ließ. Viermal hatte sie zwischen den einzelnen Terminen den Slip wechseln müssen.
Sie spielte mit dem Gedanken, sich ein ordentliches Glas Cognac einzuschenken und es sich damit vor dem Fernseher gemütlich zu machen, aber sie wußte, daß ihr damit nicht geholfen war. Was sie brauchte, waren Batterien. Vier 1,5 Volt Batterien - und zwar gleich. Und dann war es höchste Zeit, die Schublade mit den Dessous zu durchstöbern - auf der Suche nach einem vor langer Zeit in Vergessenheit geratenen Freund. Sie konnte nur hoffen, daß er immer noch funktionierte.
MOLLY
Es war schon lange dunkel, doch Molly starrte noch immer durch einen Spalt im Vorhang auf den Trailer, der den Jungen gefressen hatte. Das Problem, wenn man verrückt war, so dachte sie, bestand darin, daß man sich manchmal gar nicht so fühlte, als wäre man verrückt. Manchmal fühlte man sich sogar völlig gesund und normal, und es war einfach nur Zufall, daß ein trailerförmiger Drache es sich neben dem eigenen Heim bequem gemacht hatte und sich nicht mehr von der Stelle rührte. Sie konnte sich jedoch nicht recht überwinden, diese Tatsache in die Welt hinauszuposaunen, denn egal, wie normal und gesund man sich fühlen mochte, manche Sachen hörten sich nun mal gar zu verrückt an. Folglich blieb sie, immer noch in ihr Warrior-Babe-Dreß gehüllt, brav an Ort und Stelle und behielt die Lage im Auge in der Hoffnung, daß irgend jemand vorbeikam und es ebenfalls bemerkte. Gegen acht war es dann endlich soweit.
Sie sah, wie Theophilus Crowe die Türen der einzelnen Trailer abklapperte. Er geriet in ihr Blickfeld, als er zwei Trailer weiter bei den Morales' anklopfte, sich kurz mit Mr. Morales an der Tür unterhielt und dann weiterging zu dem Drachen-Trailer.
Molly war hin und her gerissen. Sie konnte Theo gut leiden. Sicher, ein oder zweimal hatte er sie in die Nervenklinik verfrachtet, doch er war immer nett zu ihr gewesen. Beispielsweise hatte er sie vor dem Jungen im Aufenthaltsraum gewarnt, der beim Parcheesi immer schummelte, indem er die Spielsteine einfach aufaß. Und außerdem - wenn er mit ihr redete, behandelte er sie nie, als hätte sie einen Sprung in der Schüssel. Theo war ein Fan.
Als Theo seine schwarze Stablampe in die Höhe hob, um an die Tür des Drachen-Trailers zu klopfen, sah Molly, wie sich die Augen an der Frontseite langsam öffneten und wieder die katzenartigen Pupillen zum Vorschein kamen. Theo bemerkte sie offensichtlich nicht, denn er schaute auf seine Schuhspitzen.
Mit aller Kraft schob sie das Klappfenster aus Aluminium in die Höhe und rief: »Da ist niemand zu Hause!«
Der Constable drehte sich nach Molly um. »Komme sofort«, sagte sie.
Sie hetzte zur Tür hinaus und blieb auf der Straße stehen, damit Theo sie sehen konnte. »Die sind nicht zu Hause. Komm mal kurz rüber«, wiederholte sie.
Theo steckte die
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