Der Lustmolch
hat.«
Theo klappte sein Handy zusammen, schnappte sich ein Stück Pizza und steuerte auf den Ausgang zu.
-10-
Val Riordan lehnte an der Tür ihrer Praxis und versuchte ruhig durchzuatmen und die Fassung zu bewahren. Während des gesamten Klinikums hatte sie nichts erlebt, das mit dem vergleichbar war, was sie in den Sitzungen am Tag nach der Tankstellenexplosion durchgemacht hatte. Innerhalb von zehn Stunden hatte sie zwanzig Patienten empfangen, und jeder einzelne hatte über nichts anderes reden wollen als Sex. Nicht Sex im abgehobenen, allgemeinen Sinne, sondern Sex als schlüpfriges Gebocke und Gerammel. Val Riordan war mit den Nerven an Ende.
Sie hatte damit gerechnet, daß mit einigen ihrer Patienten die Libido durchgehen würde (eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf das Absetzen von Antidepressiva), doch in ihren Büchern stand, daß allenfalls fünfzehn Prozent der Patienten solcherart reagieren würden - in etwa der gleiche Prozentsatz, bei dem mit der Einnahme der Medikamente eine Abnahme der Libido einherging. Heute jedoch lag ihre Trefferquote bei hundert Prozent. Hatte sie eine psychiatrische Praxis oder einen Karnickelstall?
Nachdem ihr letzter Patient gegangen war, trat Valerie aus ihrem Sprechzimmer und sah sich mit dem Anblick von Chloe konfrontiert, ihrer neuen Sprechstundenhilfe, die, mit den Hacken gegen die Schreibtischplatte gestützt, so heftig masturbierte, daß ihr Stuhl quietschte wie ein Eichhörnchen in den Fängen fieser Tierquäler. Val murmelte eine Entschuldigung und machte auf dem Absatz kehrt, um sich in ihr Sprechzimmer zurückzuziehen und die Tür hinter sich zu schließen.
Chloe war einundzwanzig Jahre alt und hatte kastanienbraunes Haar. Ihre gesamte Garderobe war in Schwarz gehalten, und außerdem trug sie einen saphirbesetzten Nasenring. Sie war wegen ihrer Bulimie bei Val in Behandlung, seit sie ein Teenager war, und fest angestellt worden, nachdem die Anzahl der Behandlungstermine sich dramatisch ausgeweitet hatte, als die Placebos ihre Wirkung zeitigten. Chloe arbeitete im Austausch für Therapiesitzungen, was Val anfangs finanziell für recht attraktiv gehalten hatte, doch mittlerweile war Chloe ihr sympathischer, wenn sie einfach kotzte, soviel sie wollte.
Val war gerade mit Überlegungen darüber beschäftigt, was nun zu tun war, als es leise an der Tür klopfte.
»Ja?«
»Entschuldigen Sie«, sagte Chloe durch die Tür.
»Hmm, Chloe, das ist jedenfalls nicht die Art und Weise, wie man sich in einem Büro zu benehmen hat.«
»Na ja, Ihr letzter Patient war weg, und ich dachte halt, Sie würden noch eine Weile an Ihren Notizen sitzen und sie überarbeiten. Es tut mir wirklich leid.«
»Wie bitte? Mein letzter Patient verläßt die Praxis, und schon kann man die Sau rauslassen?«
»Bin ich jetzt gefeuert?«
Val dachte einen Augenblick nach. Morgen würden wieder zwanzig Patienten hier einfallen und am Tag danach noch mal so viele. Wenn der allgemeine Wahnsinn sie nicht ins Grab brachte, dann das Arbeitspensum. Sie konnte es sich derzeit einfach nicht leisten, auf Chloe zu verzichten. »Nein, du bist nicht gefeuert. Aber bitte laß das im Büro in Zukunft bleiben.«
»Haben Sie vielleicht noch etwas Zeit, damit wir uns unterhalten können? Ich weiß, daß mein nächster Termin erst nächste Woche ist, aber ich muß wirklich dringend mit Ihnen reden.«
»Würdest du nicht lieber erst mal nach Hause gehen und, ähm, über ein paar Sachen nachdenken?«
»Sie meinen, zu Ende bringen? Nein, das ist schon erledigt. Aber genau darüber will ich mit Ihnen reden. Das war heute nämlich nicht das erste Mal.«
Val mußte schwer schlucken. Es war höchst unprofessionell, sich mit einem Patienten durch die Tür hindurch zu unterhalten. Sie atmete einmal tief durch und zog die Tür auf. »Komm rein.« Dann ging sie zu ihrem Schreibtisch zurück, ohne das Mädchen anzusehen. Chloe setzte sich auf den Stuhl gegenüber von Val.
»Also das eben war heute nicht das erste Mal?« Nun war Val wieder ganz die Psychotherapeutin und nicht mehr die Chefin. Als Chefin hätte sie über den Schreibtisch gelangt und der kleinen Schlampe den Hals umgedreht.
»Nein, ich kann irgendwie nicht genug kriegen. Ich, na ja, das Ganze hat irgendwann gegen zwei Uhr heute nacht angefangen, und ich habe einfach weitergemacht, bis ich los mußte zur Arbeit. Und dann habe ich noch ein- oder zweimal nachgelegt, wenn ein Patient mitten in der Sitzung war.«
Val klappte die Kinnlade
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