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Der Lustmolch

Der Lustmolch

Titel: Der Lustmolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Charakterzug niemals als ungesund erachtet. Im Gegenteil - das Selbstverständnis, eine exzentrische Künstlerin zu sein, hatte Estelle allem Anschein nach über den Tod ihres Mannes hinweggeholfen. Doch nun faselte die Frau von Seeungeheuern und, was noch schlimmer war, sie stürzte sich in eine Beziehung mit einem Mann, die man nur als selbstzerstörerisch bezeichnen konnte.
    War es möglich, daß Menschen - klar denkende, erwachsene Menschen - sich so verliebten? Waren sie in der Lage, solche Gefühle zu empfinden? Val wünschte sich, sie könnte so empfinden. Zum ersten Mal seit ihrer Scheidung fiel ihr auf, daß sie sich wünschte, wieder mit einem Mann zusammen zu sein. Nein, nicht einfach zusammen zu sein, sondern in einen Mann verliebt zu sein. Sie zerrte ihre Rolodex aus der Schublade ihres Schreibtischs und blätterte darin herum, bis sie die Nummer ihres Therapeuten in San Junipero fand. Während der gesamten Zeit ihres Studiums und des Praktikums war sie in Therapie gewesen, denn dies gehörte mit zur Ausbildung eines Psychiaters, doch mittlerweile waren fünf Jahre vergangen, seit sie ihren Therapeuten zum letzten Mal gesehen hatte. Vielleicht war es wieder mal an der Zeit. Doch welcher Zynismus hatte sie angefallen, daß sie den Wunsch, sich zu verlieben, als einen Zustand betrachtete, den man am besten wegtherapierte? Vielleicht war ihr Zynismus ja das Problem. Natürlich konnte sie ihm nicht erzählen, was sie mit ihren Patienten angestellt hatte, doch vielleicht ...
    An ihrem Telefon blinkte ein rotes Lämpchen, und offenbar machte Chloe gerade eine kurze Pause beim Onanieren, denn sie hatte den Anruf entgegengenommen, so daß nun auf dem Bildschirm zu lesen war, daß Constable Crowe auf Leitung eins wartete. Wenn man von Nervenbündeln sprach ...
    Sie nahm den Hörer ab. »Dr. Riordan.«
    »Hi, Dr. Riordan, hier ist Theo Crowe. Ich wollte Sie nur anrufen, um Ihnen zu sagen, daß Sie recht hatten.«
    »Danke für Ihren Anruf, Constable. Einen schönen Tag noch.« »Sie hatten recht, was Bess Leander angeht. Sie hat ihre Antidepressiva wirklich nicht genommen. Ich habe gerade den toxikologischen Befund durchgelesen. In ihrem Körper gibt es keine Spuren von Zoloft.«
    Val stockte der Atem.
    »Doktor, sind Sie noch dran?«
    All die Sorgen, die sie sich der Medikamente wegen gemacht hatte, der ganze perverse Plan, all die Extrasitzungen, die langen Arbeitstage, die Schuldgefühle, diese elenden Scheiß-Schuldgefühle, und Bess Leander hatte ihre Medikamente überhaupt nicht eingenommen. Val wurde kotzübel.
    »Doktor?«
    Val zwang sich, tief einzuatmen. »Warum? Ich meine, wann? Die Sache ist jetzt schon über einen Monat her. Wann haben Sie das rausgefunden?«
    »Erst heute. Der Autopsiebericht ist unter Verschluß gehalten worden. Es tut mir leid, daß es solange gedauert hat.«
    »Nun ja, Constable, danke, daß Sie mir Bescheid gesagt haben. Ich bin Ihnen wirklich dankbar.«
    »Doktor Riordan, bevor Sie irgend etwas verschreiben, lassen Sie sich von den Patienten doch ihre Krankenakte geben, oder?«
    »Ja, warum?«
    »Wissen Sie, ob Bess Leander Probleme mit dem Herzen hatte?«
    »Nein, körperlich war sie kerngesund. Warum?«
    »Kein spezieller Grund«, sagte Theo. »Ach ja, Sie haben mir noch nicht gesagt, was Sie von der Angelegenheit halten, die ich beim Frühstück angesprochen habe. Wegen Joseph Leander. Es würde mich ziemlich interessieren, ob Ihnen dazu irgendwas eingefallen ist.«
    Mit einem Mal stand die ganze Welt Kopf. Bisher hatte Val, was das Thema Bess Leander anging, jegliche Auskunft verweigert, weil sie angenommen hatte, daß ihre eigene Nachlässigkeit etwas mit ihrem Tod zu tun hatte. Und was jetzt? Genaugenommen gab es nicht sonderlich viel, was sie über Bess wußte. Sie sagte: »Was genau wollen Sie denn wissen, Constable?«
    »Ich wollte nur wissen: Hatte sie ihren Mann im Verdacht, daß er eine Affäre hatte? Oder hat sie Ihnen gegenüber angedeutet, daß sie Angst vor ihm hatte?«
    »Wollen Sie damit sagen, was ich glaube, daß Sie sagen? Sie glauben nicht, daß Bess Leander Selbstmord begangen hat?«
    »Das sage ich nicht. Ich stelle nur Fragen.«
    Val forschte in ihrem Gedächtnis. Was hatte Bess Leander über ihren Ehemann erzählt? »Ich erinnere mich, daß sie gesagt hat, sie hätte den Eindruck, als habe er mit dem Familienleben überhaupt nichts zu tun, und daß sie gesagt hat, sie hätte ihm gezeigt, wo's langgeht.«
    »Ihm gezeigt, wo's langgeht? In welcher

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